Die Caesarmünze vom Badewald
Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Euskirchener und Dürener Landes
Von A. Pohl, Blens (Dürener Land)





2. Fortsetzung

Wir fragen uns vor diesem Bilde des Caesar al Pont. Max.: Wie stellte sich Caesar zur Religion? Gelzer sagt dazu: „Er hielt persönlich nichts von der römischen Religion, sondern nutzte sie nur als politisches Mittel, er hielt sich auch nicht, wie viele Gebildete s. Zt. zu einer philosophischen Lehre; aber er glaubte an die geheimnisvolle Wirksamkeit des Glückes. Vom Walten dieser Macht fühlte er sich und alles menschliche Tun abhängig. Dafür haben wir Aussprüche von ihm: „Das Glück vermag in allen Dingen das Meiste, vorzüglich aber im Krieg.“ „Der Würfel soll fallen“, „Du fährst den Caesar und sein Glück“. Er fühlte sich auch vom Glück begünstigt. Das war der Glaube dieses Pontifex Maximus. Und dieser Glaube war unter den damals Gebildeten weit verbreitet, beruhte jedoch bei Caesar auf seinen eigensten Lebenserfahrungen.

II. Zur Erklärung der Rückseite der Münze:

Das Münzbild der Rückseite zeigt uns die Ara Lugdunensis d. h. den Staatsaltar von Lyon in Südgallien. Einen passenderen Hintergrund konnte Augustus, der neue Pontifex Maximus, weltanschaulich gesehen, dem Pontifex Maximus der Vorderseite kaum geben. Nach Pauly-Wissowas Reallexikon ist Lugudunum, auch Lugdunum, ein oft vorkommender gallisch-keltischer Ortsname. Die berühmteste und vielleicht älteste Stadt dieses Namens ist das heutige Lyon am Zusammenfluß von Saône und Rhone. Nach Dr. Reinhardt „Helvetien unter den Römern“ bedeutet Lugudunum die Burg des Lugus oder die Höhe des Lugus und der Gott Lugus galt als der Vater aller Gallier. Als die Römer 43 v. Chr. also 1 Jahr nach der Ermordung des Pontifex Maximus, Caesar, die römische Stadt Lugudunum gründeten, oder genauer gesagt, das keltische Lugudunum durch ihre Verwaltungsgebäude und Villen erweiterten, wurde der bisherige Sitz der römischen Regierung von Durocortorum (dem heutigen Reims, oft in Bell. Gall. von Caesar erwähnt) nach Lyon verlegt. Damit war Lyon die Hauptstadt Galliens und damit der Sitz des keltischen Landtages der drei Gallien, der Gallia aquitania, der Gallia celtica oder lugdunensis und der Gallia belgica. So war es gegeben, auch dem Caesarkult aus staatspolitischen Gründen sichtbaren Ausdruck zu geben und den Lugus, den Vater aller Gallier, dabei in den Hintergrund treten zu lassen. So erbauten die Römer hier einen großartigen Tempel, der dem Kultus der Göttin Roma, und dem Kultus des Caesar Augustus geweiht wurde. Die Einweihung dieses Tempels erfolgte am 1. August des Jahres 12 v. Chr. durch den damals 26 jährigen, von Kaiser Augustus adoptierten Stiefsohn Drusus, der durch den erwähnten Senatsbeschluß ebenfalls Pontifex Maximus werden sollte. Schauen wir uns daraufhin den Altar von Lyon etwas näher an: Der Geograph Strabo, beschreibt den Altar in Lyon folgendermaßen: „Vor dieser Stadt auf der Seite, wo die Saône in die Rhone mündet, ist der Tempel erbaut, den alle Gallier gemeinsam dem Augustus gestiftet haben. Man sieht dort einen prächtigen Altar, auf dem die Namen der 60 (oder 64) gallischen Volksstämme eingraviert sind, repräsentiert durch ebensoviele Statuen.“

Bei den im Jahre 1859 in Lyon nach dem Altar vorgenommenen Ausgrabungen fand man unter anderen Steinblöcken, die man dem Altar des Kaisers Augustus zurechnete, auch den Rest der Weiheinschrift: RO von ROMAE ET AUGUSTO. Das Bild des Altars ist auf Münzen augusteischer, claudischer und neronischer Zeit erhalten. Nach den Münzen zu schließen, stand auf dem Sockel des Altars abgekürzt nur ROM ET AUG, wie auf unserer Münze deutlich zu sehen ist. Lyon war die einzige, außerhalb Italiens liegende römische Münzstätte, in der römisches Reichsgeld geprägt werden durfte. Die Fachgelehrten sind sich übrigens uneinig, sowohl über die Bedeutung des gallischen Kleinkupfers wie über das Bild auf der Rückseite unserer Münze, den sog. „Altar von Lyon“. Willers (Wiener numismat. Zeitschr. 1503) will sogar die Bezeichnung „Altarmünze“ nicht gelten lassen. Prof. Strack (Bonner Jahrbücher, Heft 111/112) macht darauf aufmerksam, daß das Reichsgeld der Kaiserzeit nicht mehr in Rom geprägt wurde. Der Kaiser wie der Senat haben auswärts Münzen herstellen lassen. Die Prägestätten derselben haben sie aber leider nicht angegeben. Die Kupferprägung in Lyon war um das Jahr 18 n. Chr. zu Ende. Man hat unsere Altarmünze früher immer als Provinzmünze angesprochen. War sie das, dann hätte der Landtag der drei Gallien Souverainsrecht gehabt (vgl. Pauly-Wissowa). Willers meint, das Bauwerk auf der Rückseite der Münze sei gar kein Altar, sondern ein Ovorium. Mit diesem Wort bezeichne man eine Vorrichtung auf der Spina der Rennbahn, an der man durch Aufsetzen von eiförmigen Gegenständen die Zahl der Wagenumläufe im Circus dem Publikum kenntlich machte. Opferaltäre aber seien oben flach. Spitzen und Bügel, wie sie die Lyoner Münze zeige, gehörten nicht darauf, wenn wirklich der Altar zum Opfern bestimmt gewesen wäre. Dem Stempelschneider der Münze sei es vor allem auf die Wiedergabe der beiden Siegesgöttinnen angekommen, die wir ja auch auf zahlreichen Münzen der augusteischen Zeit fänden. Das Ovarium sei geschickt als architektonische Verbindung zu den beiden Victorien hin benutzt worden, da sonst diese allzu isoliert da gestanden hätten. Es könne auch der ganze heilige Bezirk zu Lyon gemeint sein mit seiner durch Kränze, Guirlanden und Gitterwerk geschmückten Umfassungsmauer.

Trotz dieser gelehrten Ausführungen ist die Mehrzahl der Fachgelehrten, u.a. der Lyoner Jesuit Menestrier und der berühmte Epigraphiker Hirschfeld der Ansicht, daß es sich bei dem auf allen Lyoner Münzen immer wiederkehrenden charakteristischen, von zwei Siegesgöttinnen flankierten kleinen Bauwerk um den von Drusus am 1. August des Jahres 12 unter Beteiligung aller Gaue und Veranstaltung glänzender Festlichkeiten geweihten Altar handle. Man bezeichne deshalb immer noch am passendsten diese Münzen als Lyoner „Altarmünzen“.

III. Beziehungen unserer Münze zum Rheinlande.

Lugudurum war von Anfang an, d. h. seitdem es im römischen Besitz war, der Sitz einer wichtigen Münzstätte, deren Bedeutung schon in der Frühzeit selbst an der Rheingrenze zu spüren war. Die Lyoner Altarmünzen waren z. B. im Lager von Haltern (11. v. Chr. bis 9 bezw. 16 n. Chr.) stark vertreten. Lyon war ferner ein wichtiger Knotenpunkt in militärischer sowie handelspolitischer Beziehung und war daher schon seit Agrippas Zeit das Herz des Weltverkehrs zwischen Süd und Nord. Agrippa hatte in den Jahren 19 und 20 das großartige Straßennetz zum Abschluß gebracht, das Gallien nach allen Richtungen durchkreuzte und Lyon zum Mittelpunkt hatte. Nach Vollendung des Straßennetzes traf Augustus mit Tiberius im Sommer des Jahres 16 in Gallien ein, um die Verwaltung des Landes auf neuer Grundlage einzurichten. Auf Betreiben des Augustus schufen die 60 Gaue, in die er das Land eingeteilt hatte, am Zusammenschluß von Rhone und Saône einen auf die Verehrung der Göttin Roma und des Genius Augusti gegründeten religiösen Mittelpunkt. Dieser sollte für Gallien dieselbe Bedeutung haben, wie Olympia für das alte Griechenland. Der Ubieraltar in Köln sollte später dieselbe Bedeutung für Germanien erhalten. Beide Altäre sollten wie der Altar des Zeus in Olympia der Mittelpunkt aller Festlichkeiten und Spiele sein (H. Willers, Numismat. Zeitschrift 1902). Man darf deshalb die ganze Anlage als Altar der Roma und des Augustus bezeichnen und die Münze ganz passend als Lyoner Altarmünze.

(Fortsetzung folgt)





Quelle: Euskirchener Volksblatt vom 30./31. Oktober 1942, Stadtarchiv Euskirchen
Sammlung Michael Peter Greven, Nideggen, Sammlung wingarden.de H. Klein
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