Das Geheimnis des Badewaldes
Cäsars Niederlage bei Nideggen schildert Pfarrer Andreas Pohl in seinem vierten Fortsetzungsbericht zu diesem Thema





Berg vor Nideggen. In einer vierten Abhandlung behandelt Pfarrer Andreas Pohl Cäsars Niederlage bei Nideggen, die er ebenfalls wie viele andere Tatsachen zur Lösung des Geheimnisses im Badewald heranzieht, dessen Schleier er in den ersten drei Abhandlungen, die früher im Lokal-Anzeiger erschienen, beträchtlich lüftete. Die Arbeiten von Pfarrer Pohl treten allmählich in das entscheidende Stadium, derweil die Ausgrabungen im Badewald unter Dr. von Petrikowitz erneut eingesetzt haben. Pfarrer Pohl schreibt in seinem vierten Fortsetzungsbericht:

Die Katastrophe von Aduatuka

Der trockene Sommer des Jahres 54 v. Chr. hatte in ganz Gallien eine schwere Mißernte verursacht. Das erschwerte Cäsar die Verpflegung seiner Legionen so sehr, daß er sie einzeln über einen so großen Teil des Landes verteilen mußte, – so schreibt er, viele Historiker bezweifeln das – daß es, vom militärischen Standpunkt aus gesehen, gefährlich war. Die Legaten Cotta und Sabinus schickte er mit der 14. Legion und fünf Kohorten zu den Eburonen, „deren Gebiet größtenteils zwischen Maas und Rhein liegt.“ Die Legaten schlugen ihr Lager auf bei Aduatuca. (Cäsar muß von diesem Platze gewußt haben. Das folgt aus Buch II, 29, wo er vom Kimbernzug und der Abstammung der Aduatucer spricht).

Im Tal von Abenden

Das stimmt ganz genau, die „Magna convallis“, von der Cäsar spricht, der große Talkessel von Abenden (Buch V, 32), in den die Römer hinunterzogen, liegt dreiviertel Stunde vom Lager entfernt. Sobald die Vorhut auf der „Koblenzer Straße“ nach Nordwesten zog, den steilen Hang des „Odenbeuels“ ersteigen wollte, griffen die Eburonen gleichzeitig Vor- und Nachhut an. Die Bildung eines Karees war umsonst, es war zu spät. Die fünf Kohorten, etwa 11000 Mann, wurden niedergemacht. Das war Cäsars größte Niederlage auf germanischem Boden.

Rachezug gegen die Eburonen

Es war im Herbst des folgenden Jahres, 53 v. Chr., zu Beginn der Erntezeit, als Cäsar mit zehn Legionen gegen Ambiorix aufbrach, um die Schmach von Aduatuca zu rächen. Haar und Bart hatte er sich nicht scheeren lassen, Trauergewänder angelegt und den Schwur getan, sie nicht eher abzulegen, als bis die Niederlage von Aduatuca wettgemacht und die Ehre der römischen Waffen wieder hergestellt sei. Der „Schwabenzug“ aufs rechte Rheinufer war beendet. Den Rheinübergang hatte er durch einen starken Brückenkopf und zwölf Kohorten Besatzung gesichert. Nun fühlte er sich frei zum Rachekrieg gegen die Eburonen. Den Reiteroberst Basilus schickte er mit der gesamten Reiterei quer durch den Ausläufer des Ardennenwaldes voraus. Mit anderen Worten: das römische Heer zog vom Neuwieder Becken durch die Eifel auf den alten Kelten- und Handelswegen in Richtung auf Aduatuca. Dort lag auch der Wohnsitz des Ambiorix. Von Wichtigkeit für die Lage von Aduatuca um den Aufenthalt von Ambiorix ist, daß der Kavallerie befohlen wurde, keine Lagerfeuer anzuzünden, um ihr Heranrücken nicht zu verraten. Man wollte vielmehr durch einen persönlichen Handstreich sich der Person des Königs bemächtigen. Da war es schon nötig, keine Lagerfeuer zu zeigen, denn Ambiorix konnte von „Badua“ aus das ganze Euskirchener, Zülpicher- und Dürener Land überblicken, ferner die gesamte Kölner Bucht, bis an die Rheinlinie. Vom Kastell Aduatuca aus konnte er nach Nordwesten bis zu den höchsten Erhebungen des Hohen Venn sehen, also an die Maaslinie.

Überraschungsangriff

Basilus überraschte auch wirklich die Eburonen „auf dem platten Lande.“ Das war auf den Getreidefeldern, die etwa in der Linie Vlatten-Wollersheim-Bürvenich liegen. Dann sah er den Eburonen-König „in nächster Nähe“, wie Cäsar schreibt. Das wird ganz genau so gewesen sein, denn von diesen Getreidefeldern aus steigt der „Baduawald“ langsam empor bis zu der Stelle, wo der Wohnsitz des Ambiorix liegt. Erwischt hat Cäsars Reiteroberst den König doch nicht, denn gleich hinter dessen Hause stürzen die engen, bewaldeten Täler nach allen Seiten zur Rur hinab. Die Waffengefährten hoben ihren König schnell auf ein Pferd, hielten auf dem engen Waldpfad die römischen Reiter eine Zeitlang auf und schon war Ambiorix im Walde verschwunden. Nur seine Wagen und Pferde fielen in die Hände der enttäuschten Römer.

In Cäsars Abwesenheit

Cäsar gab dem Troß die 14. Legion mit 200 Reitern zur Bedeckung. Zum Lagerkommandanten ernannte er den Tullius Cicero, den Bruder des bekannten Redners Marcus Cicero. Dann brach er auf nach Nordwesten, durch denselben Talkessel, in dem Sabinus und Cotta untergegangen waren, auf derselben Konzener Straße, auf der seine Legaten das Jahr vorher abziehen wollten. In dieser Richtung hoffte er, Ambiorix zu fassen. Nach sieben Tagen wollte er wieder in Aduatuca sein. Denn dann mußte die Lagerbesatzung neu verproviantiert werden. Proviant war auf den nahen Getreidefeldern der Eburonen schon genug zu finden, aber die Besatzung war zu schwach, das Lager genügend zu verteidigen, geschweige denn auf den Getreidefeldern zu fouragieren. Deshalb hatte Cicero auch den strengen Befehl, das Lager nicht zu verlassen. Sechs Tage hielt er das auch aus. Als Cäsar aber nicht, wie versprochen, am siebten Tage vor Aduatuca erschien, schickte Cicero fünf Kohorten mit einer Rekonvaleszenten-Kompanie von 300 Mann, Troß, Knechten und Packtieren zum Fouragieren in die nächsten Getreidefelder. Diese Getreidefelder waren vom Lager nur durch einen Hügelrücken getrennt. Am besten sagen wir „Hügelkette“. Sie ist in „Badua“ geradezu in klassischer Weise vorhanden, denn in einem großen Bogen reiht sich vom Eichelsberg (361 m), Hahnenberg (369 m), Mühlenberg (299 m), Vlattener Berg (281 m), Pützberg (274 m), Krahnberg (279 m), Kreutzberg (tumulus 52 m) Breitelsberg (278 m), Piesberg (303 m) die Hügelkette. Heute liegen sie noch da! Genau in der von Cäsar geforderten Entfernung.

(Fortsetzung in der nächsten Samstag-Ausgabe).





Quelle: Dürener Lokal-Anzeiger Nr. 218 vom 18. September 1954
Sammlung Michael Peter Greven, Nideggen, Sammlung wingarden.de, H. Klein, Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau
© Stadtarchiv Düren
© Copyright