Forschungen der Vor- und Frühgeschichte
... des Dürener Landes - Von Pfarrer i. R. Andreas Pohl, Blens - Zur Frage des ältesten Bauwerks





Düren. Zum Artikel einer Dürener Zeitung „Das älteste sakrale Bauwerk des Kreises Düren“ und des Artikels des Verfassers im „Dürener Lokal-Anzeiger“: „Das älteste sakrale Bauwerk des Kreises Düren“ ist nicht die Nikolauskapelle in Geich, sondern der alte Turm der Wollersheimer Kirche:

Verfasser freute sich aufrichtig, als er vor kurzem den Artikel las: „Die Glocken klingen wieder“ - nämlich in der Nikolauskapelle in Geich. Denn er kennt diese Kapelle schon mehr als 52 Jahre, als er mit seinem Freunde, dem Dürener Geschichtsprofessor Dr. Aug. Schoop, die Kapelle besuchte, von Mariaweiler, seinem Geburtsorte aus. Die Geicher verdienen hohes Lob für den Eifer und die Liebe, mit der sie ihr Kirchlein betreuten. Wenn es aber in dem letzten Artikel wieder heißt, die Kapelle sei 800 Jahre alt, so ist das wieder der alte Irrtum. Der Archivdirektor der Erzdiözese Köln teilte mir nämlich auf meine Anfrage mit, daß er es von vorneherein für ausgeschlossen halte, daß die Kapelle in Geich älter sei als der untere Teil des Wollersheimer Kirchturms. Daran ändern auch nichts die Hinweise auf alte Fundamente und der Torso eines heidnischen Gottes, der bei der Kapelle gefunden wurde.


Ritterliches Hospital

Die Geicher Kapelle ist in Wirklichkeit auch keine 800 Jahre alt. Das Gasthaus (Hospital) in Geich ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Stiftung des Herren von Merode, die 1340 das Kreuzbrüderkloster Schwarzenbroich gründeten. Mit Schwarzenbroich hängt auch das Hospital in Geich zusammen. Es ist in den Urkunden von Schwarzenbroich zuerst 1422 erwähnt. Der Prior bzw. sein Prokurator gehörten zu den Provisoren des Hospitals. Die Bezeichnung Ritterliches Hospital findet sich in Urkunden 1662 und 1685. Sie sollte nach Meinung von Archivdirektor D. Dr. Haaß auf die Stiftung hinweisen. „Es war eben Barockzeit“. - Im 18. Jahrhundert besaß das Kloster in Geich auch die Hälfte eines Hofes. Vergl. Dazu vor allem die große Arbeit des Herren Archivdirektors D. Dr. Haaß: „Die Kreuzherren in den Rheinlanden.“ Seite 94 f., 97. Diese Urkunden beweisen, daß die Gasthauskapelle in Geich keine 800 Jahre alt ist, sondern mindestens ca. 200 Jahre jünger. Über St. Nikolaus als Pestpatron oder als Patron gegen ähnliche Krankheiten ist nichts bekannt. Vergl. Die Forschungen von Dr. Torsy, Geschichtliches Archiv. Vielleicht deutet der Patron Echtz eher darauf hin.


Nikolausverehrung im Abendland

St. Maternus (Freund und Legat Konstantins des Großen auf dem Konzil von Nicäa 325, erster und ältester Patron der Pfarrkirche von Mariaweiler) wurde wegen ähnlicher Krankheiten, besonders der Ruhr, in unserer Gegend verehrt. Der Aufschwung der Nikolausverehrung setzt im Abendland erst im 12. Jahrhundert ein und zwar nach der Übertragung seiner Reliquien nach Bari in Unteritalien im Jahre 1087. Zwar gibt es, wie Archivdirektor D. Dr. Haaß mir mitteilte, einzelne Ausnahmen, z. B. Brauweiler, das schon 1024 gegründet wurde. Aber auch unter dem Gesichtspunkte des Patrozinismus betrachtet, dürfte die Kapelle von Geich in das 12. oder 13. Jahrhundert zu setzen sein, wie es auch Clemen in Kunstdenkmäler der Rheinprovinz tut, und zwar aus baugeschichtlichen Gründen. Maßgebend für die Nikolaus-Kapelle muß aber mangels anderer Quellen der Baubefund sein. Aber auch dieser ist, wie gesagt, nach P. Clemen so, daß sie auf jeden Fall viel jünger ist als der älteste Teil der alten Kirche von Wollersheim. Und dies nachzuweisen war der Zweck meines Turmartikels von Wollersheim.


Und was hat dieser Artikel angerichtet?

Darüber das zweite Nachwort. Motto: „Wer hat das bestellt? Wer soll das bezahlen? Wer hat soviel Geld?“

Es war 2 Wochen nach unserem Wollersheimer Turmartikel. Da kam die große Sensation und Reaktion: „Der alte Turm von Wollersheim kommt ins Museumsdorf Commern.“ Unter Führung der Rundschau Presse brachten zuerst die Satelliten, dann die Heimatblätter diese Mär. Das Fernsehen zeigte den guten alten Turm, es dauerte einen Monat lang, ehe die Reporter zur Ruhe kamen und zum Nachdenken über obiges Motto. Und das passierte der Presse? Wo sitzt der schalkhafte neidische Nachbar von Commern? Es gilt doch noch immer der Grundsatz der alten Stoiker: „Nil mirari“ d. h. sich über nichts wundern. Wie sagte Goethe, als er auf der Fahrt nach Trier die Eifel streifte: „Das ist doch ein schikanöses Terrain hier.“ Er würde heute noch dazufügen: „Ein großer Aufwand schmählich vertan.“

Du lieber Wollersheimer Turm,
Mehr als ein Jahrtausend lang.
Standest du im Eifelsturm.
Doch niemals war Dir bang.

War es nicht angebracht, daß Verfasser vor einigen Monaten St. Michael, den Streitbaren, zitierte. Heute muß er schon sagen:

Heiliger St. Michael mit dem Schwert,
Hau auch diesen Düwel bis an die Eäd.
Steig herab von deiner Turmkapelle.
Schlag ihn kräftig auf die Pelle.

Lieber Leser, nimm es dem Verfasser nicht übel, wenn ein wenig „attisches Salz“ gestreut wird, d. h. wenn er spöttig wurde, wenn er sieht wie gedankenlos oberflächlich und gläubig weite Kreise ihre Tagespresse lesen. -


Ein Trostwort für Commern

Vor einigen Jahren entdeckte man in einem Winkel des Dürener Stadtparkes das Hypo = caustum (röm. Heizanlage) einer römischen Villa bei Commern. Der Verfasser war mit Prof. Schoop, Düren dabei, als es freigelegt wurde. Das war vor ca. 53 Jahren. Vielleicht ist die Dürener Stadtverwaltung bereit, es den betrübten Commernen für ihr Museumsdorf oder Freilichtmuseum zurückzuschicken?


Der Matronenkult und das Dürener Land

ist das Thema der nächsten Abhandlung in der Reihe der angekündigten Arbeit über: „Die Atuatucafrage und das Dürener Land.“ Der religiöse Kult ist nämlich hier Führer und Wegweiser zur Kultur und Vor- und Frühgeschichte des Dürener Raumes.





Quelle: Dürener Lokalanzeiger Nr. 68 vom 21. 3. 59
Sammlung Michael Peter Greven, Nideggen, Sammlung wingarden.de, H. Klein
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