1700 Jahre alte Fundamente im Badewald
Gutshaus eines Galliers aus dem zweiten Jahrhundert wurde freigelegt





Düren. - Zur größten Ueberraschung der archäologischen Forschung im gesamten nordrhein-westfälischen Gebiet wurden die vor Monaten im Anschluß an Rodungsarbeiten im Badewald durchgeführten Ausgrabungen in der Gegend von Berg vor Nideggen. Die sorgfältige Spatenarbeit der Archäologen des Bonner Landesmuseums unter Leitung von Dr. von Petrikowits förderte erstmalig in der Geschichte der römischen Archäologie in unserem Raum die dicht nebeneinander liegenden Bezirke eines gallo-römischen Tempelbaues und eines in der archäologischen Forschung als Villa rustica bekannten Gutshofes römischer Bauart zutage. Daneben wurde eine Reihe von Fundamenten anderer Gebäude aus der Zeit des zweiten bis dritten Jahrhunderts nach Christus angeschnitten und freigelegt, die sich vorerst noch nicht in das klassische Bild derartiger Siedlungstypen einreihen lassen.

Grabungsfeld 200 mal 300 Meter

Weitere Ueberraschungen sind nach der Ernte zu erwarten, wenn die sich weit bis in die Roggenfelder entlang der sogenannten Eisenstraße, die von Berg nach Düttling führt, hineinziehenden Gebäudereste angeschnitten und freigelegt werden können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Godesberg hat dem Grabungsleiter Dr. von Petrikowits bereits erhebliche finanzielle Mittel zur Weiterführung seiner Forschungsarbeit zugesagt. Das gesamte Grabungsfeld hat bis jetzt schon ein Ausmaß von 200 mal 300 Meter angenommen, wird sich aber bei den weiteren Grabungen zweifellos noch wesentlich ausdehnen.

Viele Fragen werfen sich auf

Schon heute ist es an Hand des bisherigen Grabungsergebnisses, erhärtet durch Keramikfunde und im Bauschutt entdeckte Fibeln und Münzen sicher, daß es sich bei dieser großangelegten Siedlung im ehemaligen Badewald um eine gallische Kolonisation in römischer Zeit handelt. Insofern ist die Erforschung der gesamten Siedlungszusammenhänge, wie Dr. von Petrikowits feststellte, von großer Bedeutung für die sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Zusammenhänge der römischen Zeit in unserer Heimat. Darüber hinaus erhofft sich das Bonner Landesmuseum vom Abschluß der Grabungen die Beantwortung vieler Fragen, die bisher der Wissenschaft trotz jahrzehntelanger Arbeit nicht gelang. Wann wurde das gesamte Eifelgebiet christianisiert und wie ging die Uebertragung des Christentums in unserem Gebiet vor sich? Wovon lebten die Menschen der sicherlich beträchtlichen Anzahl von gallischen Kolonien im Eifeler Raum und wie war der Einfluß des immer stärker eindringenden fränkischen Elements au die damaligen Bewohner des dichtbesiedelten Eifelraums? Dies sind nur wenige Fragen, deren Beantwortung die Grabungen im Badewald geben sollen.

Ist das alte Badua gefunden?

Von Generation zu Generation erzählt man sich in den Dörfern um den ehemaligen Badewald die Sage von der untergegangenen Stadt Badua, die dort oben zwischen dem tausendjährigen Klemensstock und dem Rödelberg, der höchsten Erhebung des Badewaldes, gestanden haben soll. Diese alte Ueberlieferung hat durch die neuerlichen Forschungsarbeiten ebenfalls eine überraschende Bestätigung gefunden. Zweifellos geht die Legende auf die mehr als 1700 Jahre alte ausgedehnte Siedlung zurück, die jetzt vom Spaten der Archäologen ans Tageslicht gebracht wurde. Ihr Ausmaß ist noch nicht abzusehen, zeugt aber davon, daß in dieser unwirtlichen Gegend einmal reges landwirtschaftliches und industrielles Leben geblüht hat.


Mehr als 1700 Jahre alt ist diese sechsstufige Kellertreppe, die in einem aus Ziegeln festgemauerten Kellerraum der Villa rustica führt, deren Fundamente die Archäologen in den letzten Wochen in der Nähe von Berg vor Nideggen freilegten. Im Anschluß an einen kleinen Podest (im Bild nicht mehr sichtbar) führt eine siebte Stufe in den eigentlichen Kellerraum. In Brusthöhe des Podestes befindet sich eine Abstellnische, die in das Mauerwerk eingelassen ist, wie sie heute noch vielfach in Eifelhäusern zu finden ist. Sie nahm vor 1700 Jahren wie vielfach noch heute das Licht auf, mit dem die Hausfrau den dunklen Keller erleuchtete.


Frohe Gesichter (im rechten Bild) zeigen die Männer, die unmittelbar mit den erfolgreichen Grabungen im Badewald zu tun haben. Noch etwas verständnislos horcht der alte Bauer aus Berg vor Nideggen (im Bilde links), der Eigentümer der so geschichtsträchtigen Parzellen im Hostert ist, den Erklärungen des staatlichen Bodenpflegers für Kreis Düren, Jakob Gerhards, und des römischen Archäologen Dr. von Petrikowits (Bild Mitte in der vorderen Reihe), die ihn über die Bedeutung der Ausgrabungen unterrichten. Ganz rechts im Bild der Bauer Fischer aus Berg vor Nideggen, dessen Aufmerksamkeit bei den Rodungsarbeiten die Durchführung der Grabungsarbeiten zu verdanken sind. Bauer Fischer ist seit Jahrzehnten archäologisch sehr interessiert und als Forscher der römischen Geschichte unseres engeren Heimatgebietes bekannt.

(Fotos: Schmitz)





Quelle: Dürener Zeitung Nr. 159 vom 12. Juli 1954
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