„Das Rätsel der römischen Stadtpark-Funde“
Rätsel war kein Rätsel - Ausgrabungen im Badewald wieder aufgenommen - Beitrag von Pfarrer Pohl





Düren. Die römischen Funde, die in der vergangenen Woche im Dürener Stadtpark bei Arbeiten ans Tageslicht kamen, haben sich inzwischen einwandfrei erklären können, so daß auch die Mitglieder des Landesmuseums Bonn auf die ursprünglich für Montag angesetzte Untersuchung verzichten konnten, nachdem feststand, daß die römischen Ziegel von Menschenhand zur Rekonstruktion Ende des vergangenen Jahrhunderts zum Stadtpark gebracht wurden.

Pfarrer i. R. Pohl, Blens, den Lesern des Lokal-Anzeigers durch seine Artikelserie „Das Rätsel des Badewaldes“ bekannt, nahm die Stadtpark-Funde zum Anlaß, um folgendes zu schreiben:

„Als der Verfasser von den umfangreichen Funden im Dürener Stadtpark und der Annahme hörte, daß es sich um eine römische Badeanlage handeln könne, da war er überzeugt, daß es sich da nun um das Hypokaustum handeln könne, bei dessen Ausgrabungen zwischen Kommern und Eicks - wir haben es immer Hypokaustum von Eicks genannt - und seiner Aufstellung 1901-1903 der Verfasser als Schüler des stiftischen Gymnasiums anwesend war.

Des „Rätsels“ Lösung

Unter dem Motto: „difficile est satiram non scribere“, d.h. da fällt es einem schwer, keine Satire zu schreiben, begann er seinen Bericht über diese Funde zu schreiben. Da kam ihm übrigens ein sehr geschätzter Heimat- und Altersgenosse - sein Name ist ihm leider bis heute unbekannt - zuvor mit seiner wohltuenden Gründlichkeit und löste das „Rätsel“. Es handelt sich demnach um die Heizanlage des römischen Gutshofes, der zwischen Eicks und Kommern, Kreis Euskirchen, ausgegraben wurde. Maßgebend war aber bei Ausgrabung und Aufstellung der Heizanlage auf „Groß-Tivoli“ - so hieß damals das Gelände am linken Ufer der Rur - mein Lehrer, der damalige Stadtarchivar und Geschichtsprofessor am stiftischen Gymnasium, Prof. Dr. August Schoon in erster Linie beteiligt. Seine historischen Arbeiten über „Die Geschichte der Stadt Düren“ und „Die römische Besiedlung des Kreises Düren“ sind heute noch wegweisend für die Ausgrabungen im Südteil unseres Kreises, die im „Badewald“ bei Berg vor Nideggen vor zwei Wochen wieder begonnen wurden. Hier gilt es, noch mehr als ein „Rätsel“ zu lösen. Meine demnächst im „Dürener Lokal-Anzeiger“ erscheinenden Artikel über „Die beglaubten antiken Münzen von Badua“ werden das beweisen und die großen Verdienste von Schoops in de Erforschung der Vor- und Frühgeschichte des Dürener Landes hervorheben. Der Verfasser dieses Artikels betrachtet das als eine Pflicht der Dankbarkeit gegenüber seinem verehrten Dürener Geschichtsprofessor.

„Rätsel“ des Badewaldes soll auch gelöst werden

Das wird wohl erst in Etappen möglich sein. Seit zwei Wochen arbeiten zwei Bergerinnen unter der Leitung des Bonner Landesmuseums daran, das Rätsel des „Grubensystems von Badua“ zu lösen (vergl. Meine Abhandlung darüber in dieser Zeitung im vergangenen Jahr). Wir hoffen, daß sie noch mehr Glück haben werden, als ihre Kollegin, die „Rodehexe“, die im vorigen Jahr den erdigen Mantel der Geschichte lüftete und auch ein Hypokaustum ans Tageslicht brachte und Fundstücke, die auf mehrere Jahrhunderte vor Christus hinweisen. Die bisher beim oben genannten „Grubensystem“ ausgegrabenen Fundstücke weisen all auf die Jahrhunderte vor Christus hin, vielleicht auf die Jahre 102/101 und 54 bzw. 53 v. Chr.

Caius Julius Cäsar

wird dann wieder ins helle Licht der Vorgeschichte unserer Dürener Heimat treten. Er hat 54 v. Chr. seine zwei Divisionsgenerale Cotta und Sabinus nicht „auf Fahrt in s Blaue“ zu uns geschickt. Für ihn war das „Castell Aduatuca ungefähr in der Mitte des Eburonenlandes“, nicht etwas, das er „neu hätte entdecken“ müssen. Sein Geheimschreiber Trogus, der seit der Schlacht von Aduatuca vermißt ist, wird im Auftrage seines Imperators bei den Aduatucern an der Maas die notwendigen strategischen Notizen vor Beginn des Heerzuges durch die Eifel an der Rur schon gemacht haben. Es berührt nur peinlich, daß ausgerechnet die zwei großen amerikanischen und englischen Cäsarforscher Little Heart und Rice Holmer uns in ihren Werken auf große historische Ereignisse und ihre Folgen besonders hinweisen, die sich vor 2000 Jahren im Dürener Lande ereignet haben und nicht an der Maas. Unsere These heißt immer noch: Weg von der Maas, hin zu Rur. Sonst wird die seit 300 Jahren immer wieder von Archäologen und Philologen untersuchte Aduatucafrage nicht gelöst werden.

Ist die Marcodurumfrage gelöst?

Ist Düren wirklich das römische Marcodurum? Kann es römisch besiedelt gewesen sein? Kann der Fund im Stadtpark, wenn er echt gewesen wäre, der beste größere Fund römischen Ursprungs im Stadtgebiet von Düren gewesen sein, wie im Zusammenhang mit dem Stadtparkfund behauptet wurde? Nein, denn 1) hat die Fundstelle nie zum frühgeschichtlichen Stadtgebiet Dürens gehört, 2) sind bis jetzt nur an zwei Stellen wirklich beglaubigte römische Münzen im Stadtgebiet gefunden worden und zwar an der Aachener Straße - außerhalb des alten Stadtgebietes - und bei der „Altdeutschen“ an der Annakirche. Münzfunde sind an sich, d.h. für sich allein, keine Beweisstücke, 3) führen alle alten wissenschaftlich gesicherten Straßen nicht durch Düren und 4) ist nicht Düren, sondern nach Prof. Merken das alte Marcodurum. Auf der Stirnwand der Aula unseres im Kriegsbrand untergegangenen stiftischen Gymnasiums standen groß die Worte antiker griechischer Lebensweisheit. Sie sollen unsere Heimatforscher mahnen. Wir geben sie wieder in lateinischen Buchstaben:

Aneschu kai Kapeschu

Das heißt: „Halte an und Halte aus.“ Halte an: Kenne Deine Grenze wenn Du historische Rätsel in der Rurheimat lösen willst. Hüte Dich vor allem vor Sensationen. Halte aus: Sei beharrlich und forsche mutig weiter. Vergiß dabei nicht das Wort des Dichters:

„Und da sich die neuen Tage aus dem Schutt der alten bauen,
Kann ein ungetrübtes Auge rückwärts blickend vorwärts schauen.“

Unserem beliebten Dürener humanistischen und humoristischen Karnevalsdichter (Dr. Rö.) aber empfehle ich, das „alt verschlissene“ Hypokaustum und die jungen römischen Badenixen am Rurstrand als Stoff für eine Karnevalsausgabe zum nächsten Karneval. Der Leser verzeihe das „attische Salz“ in diesen Worten.

Pfr. A. Pohl, Abenden.





Quelle: Dürener Lokalanzeiger vom 14. September 1955
Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau, Sammlung wingarden.de, H. Klein
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