Die Ausgrabungen im Badewald gehen weiter
Fundament eines Kultpfeilers entdeckt - Beweis für Theorie - Zum erstenmal in Westdeutschland gefunden
Brauneisenstein wurde aus der „Kuhle“ geschürft - Außer Bergbau auch Landwirtschaft





Berg vor Nideggen. - „Der Fund eines etwa 60 cm hohen steinernen Schuhs, der einmal einen Kultpfeiler enthielt, hat die ganze Grabung auf dem Badewald gelohnt“, sagte Dr. von Petrikovits am Montagnachmittag, als er Vertreter der Presse mit den neuesten Funden und Ergebnissen der Ausgrabungen am Badewald vertraut machte. Zum ersten Male habe man damit einen Fund gemacht, der die Sitte der Gallier, Kultpfeiler in ihren Heiligtümern aufzustellen, beweise. Nachdem man erst vor knapp vier Wochen außer dem ersten bekannten Tempel bei den Grabungen ein zweites Heiligtum anschnitt, fand man in der vergangenen Woche diesen steinernen Schuh, der die Vermutungen, die Dr. von Petrikovits bereits sei längerer Zeit hatte, einwandfrei bestätigt. Man habe die Arbeiten auf dem Badewald nach einer vorübergehenden Pause nur fortsetzen können, weil der Kreis Düren eine größere Summe für die Arbeiten zur Verfügung stellte, und ein Gesuch an die Deutsche Forschungsgesellschaft ebenfalls positiv beantwortet wurde, jetzt verfüge man über so viel Geld, um die Grabungen bis Anfang November fortsetzen zu können.

Dr. von Petrikovits dankte der Kreisverwaltung und der Deutschen Forschungsgesellschaft für die wirksame Unterstützung der Arbeiten und schloß in diesen Dank auch die Landwirte Baum, Stolz und Fischer ein, die Verluste in Kauf nahmen, um den Fortgang der Arbeiten zu sichern.

Auch das zweite Heiligtum, das man vor etwa vier Wochen bei den Grabungen anschnitt und das in unmittelbarer Nähe des ersten gallo-römischen Tempels liegt, hat fast quadratischen Grundriß und mißt etwa vier mal fünf Meter. In dem zuerst gefundenen Heiligtum, das von einer Säulenhalle umgeben war, entdeckte man im Fußboden ein Loch von etwa 90 cm Durchmesser, das zwei und einen halben Meter in das Fundament führte und auf dem gewachsenen Fels endete. Diesen Befund machte man in dem Tempel auf dem Badewald zum ersten Male und es lag die Vermutung nahe, daß in diesem loch ein hoher schwerer Kultpfeiler stand. Die Annahme wurde bestätigt, als man das Fundament des zweiten Tempels anschnitt und in der Ost-West-Achse einen 60 cm hohen steinernen Schuh fand, der innen halbrund ausgehöhlt ist und der wahrscheinlich einmal einen Kultgegenstand; einen Pfeiler oder eine Säule aufnahm und gewissermaßen als Fundament trug. Die Sitte der Gallier, Kultpfeiler aufzustellen und sie einem ihrer zahlreichen Gottheiten zu weihen, ist bekannt. In Frankreich wurden diese Säulen gefunden. Im westdeutschen Gebiet machte man nun zum ersten Male einen solchen Fund im Badewald. Nach der Meinung von Dr. von Petrikovits wurde das Heiligtum etwa 200 nach Christus erbaut und erhielt sich wahrscheinlich bis 270 oder 300 nach Christus.


Dieser steinerne Schuh von etwa 60 cm Höhe stütze den Kultpfeiler, der Mittelpunkt des zweiten Tempels war.

Gesindehaus mit Heizung

Auf der Flur am Hostert, einem Teil des Badewaldes, hat man inzwischen von dem Gutshof ganz oder teilweise freigelegt: einen Keller des großen Wohnhauses, das etwa 20 mal 30 Meter maß, ein Gesindehaus und drei Wirtschaftsgebäude in näherer und weiterer Umgebung des Gutshauses. Die Lage eines weiteren Wirtschaftsgebäudes ist bekannt. Das große Wohnhaus, das von zwei vorspringenden Räumen flankiert und in der Mitte von einem Säulengang mit dahinter liegender Halle abgeschlossen wurde, gehört einem Typ an, der von England bis nach Ungarn bekannt ist. Das Wohnhaus des Gesindes hat für die damaligen Verhältnisse auch einen bemerkenswerte Ausmaße, die für das ganze Gut den Schluß zulassen, daß es sich um einen reichen Siedler handelte. Das 11 mal 15 Meter große Haus konnte durch einen Eingang in der Mitte der Südseite betreten werden. Es wurde durch eine Kanalheizung und durch einen großen und einen kleinen Herd im Winter erwärmt. In diesem Gesindehaus fand man auch wenige Zentimeter unter dem Fußboden eine Urne aus der Hunsrück-Eifelkultur und einen Rohblei-Barren. Wir berichteten bereits in unserer Ausgabe vom 24. September darüber. Dieser Fund beweist, daß bereits 600 bis 800 Jahre der Besiedlung des Geländes durch die Gallier Leute unbekannter Herkunft dort wohnten.


An der Stelle, wo in der Mitte des Bildes die Kreuzhacke zu sehen ist, fand man bei den Ausgrabungsarbeiten in der Siedlung auf dem Badewald die Bestattungsurne aus der Hunsrück-Eifelkultur.

Landwirtschaft wurde nicht vernachlässigt

Bei der Besichtigung führte Dr. von Petrikovits seine Gäste auch zu den weiteren Schnittstellen, in denen man die Fundamente der Wirtschaftsgebäude sehen konnte. Noch sind die Arbeiter dabei, die Umrisse nach bestimmten, vorher festgelegten Berechnungen freizulegen. Ueberall kommen bei diesen Arbeiten auch die Trümmer der bekannten römischen Dachziegel zutage. In unmittelbarer Nähe eines der Wirtschaftsgebäude, in denen wahrscheinlich auch die Ställe mit dem Vieh untergebracht waren, liegt eine „Maare“ oder eine sogenannte „Kuhle“, etwa 6 bis 8 Meter tief. Dort steht Brauneisenstein an. Dr. von Petrikovits zweifelt nicht daran, daß es sich hier um einen Tagebau handelte, der bereits von den gallischen Siedlern des Geländes ausgebeutet wurde. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daß in unmittelbarer Nähe des Gutes, wahrscheinlich mitten hindurch, die sogenannte Eisenstraße führte. Der Leiter der Ausgrabungen vermutet, daß der Brauneisenstein auch in der Nähe verhüttet wurde. Gelingt dieser Nachweis, dann ist es auch erklärlich, warum in der Gegend so viele Gutshöfe aus jener Zeit anzutreffen sind. Bekanntlich war die Eifel in der römischen Zeit so bewohnt wie vorher und nachher nicht mehr. Theorien glauben die starke Besiedlung mit einem günstigen Klima erklären zu können. Wahrscheinlicher aber ist es, daß die Gallier von den Erzvorkommen erfuhren und in das Gebiet kamen, um es zu schürfen. Es darf angenommen werden, daß außer dem Bergbaubetrieb auch die Landwirtschaft in diesem Gutshof nicht vernachlässigt wurde. In der Zukunft komme es wesentlich darauf an, sagte Dr. von Petrikovits am Ende der Führung, siedlungsgeschichtliche Probleme zu lösen. Absolut schlüssige und feste Beweise habe man noch nicht, doch kenne man die Kompaßzahl, mit der man vielleicht im kommenden Jahr, wenn die Arbeiten vielleicht wieder aufgenommen würden, dem Ziele näher kommen könne.





Quelle: Dürener Nachrichten, Nr. ? 13. Oktober 1954
Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau; Sammlung wingarden.de, H. Klein
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