Mit finanzieller Hilfe des Kreises:
Die Ausgrabungen im Badewald gehen weiter
Deutsche Forschungsgemeinschaft schaltet sich ein - Der Kreisausschuß besichtigte das Grabungsfeld





Berg vor Nideggen, 29. Juli (Eigener Bericht).

Die vor kurzer Zeit im Badewald eingestellten archäologischen Grabungen werden nach der Ernte wieder aufgenommen werden können. Der Kreis Düren stellte dazu auf Beschluß des Kreisausschusses einen Betrag von 2000 DM zur Verfügung. Die Hauptlast der finanziellen Kosten trägt allerdings die Deutsche Forschungsgemeinschaft Bad Godesberg, die für diese wichtigen Arbeiten auf Antrag des Grabungsleiters Dr. von Petrikowits 6000 DM bereitstelle. Die Arbeiten waren vor einiger Zeit wegen mangelnder finanzieller Mittel abgebrochen worden.

Am Mittwochnachmittag weilte der Kreisausschuß zu einer Besichtigung im ausgedehnten Grabungsfeld des Badewaldes. Der Staatliche Bodenpfleger des Kreises, Jakob Gerhards, und der örtliche Grabungsleiter, Archäologie-Assistent Jentsch, erläuterten die bisherigen gallo-römischen Funde aus dem zweiten bis dritten Jahrhundert nach Christus. Der Kreisausschuß war von der Ausdehnung und Bedeutung dieser seit einigen Monaten durchgeführten Grabung stark beeindruckt und gab in einer anschließenden Sitzung, die auf der Nideggener Burg stattfand, seine Zustimmung zu einem weiteren Grabungs-Zuschuß. Damit stellte der Kreis bis jetzt 3000 DM für die Badewald-Ausgrabungen bereit.


Der Kreisausschuß und die Spitzen der Dürener Kreisverwaltung besuchten am Mittwochnachmittag das römische Grabungsfeld aus dem zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus im Badewald bei Berg vor Nideggen. Anschließend beschloß der Kreisausschuß, die weiteren Grabungen mit einem Kreiszuschuß von DM 2000,- zu unterstützen. (Foto: Schmitz)

Bis in die Felder hinein

Wie wir schon mehrfach berichteten, legten die Archäologen in den letzten Monaten neben den Fundamenten eines gallo-römischen Tempelbaues eine weiter ausgedehnte römische Gutsanlage, eine sogenannte Villa rustica, frei. Die Fundamente dieses Gutshofes erstrecken sich weit über den „Eisenweg“, der von Berg vor Nideggen nach Düttling führt, in die links der Straße liegenden Wälder und Felder. Die Spatenforschungen in dem Teil der Anlage sollen sofort nach der Ernte wieder aufgenommen werden.

Römische Bergbau-Wirtschaft?

Nach einem Grabungsplan, den Dr. von Petrikowits vom Bonner Landesmuseum vorlegt, sollen die weiteren Grabungen den Umfang des bis jetzt freigelegten Tempelbezirkes und etwaige weitere Innenbauten klären. Die ebenfalls zum Teil freigelegte villa rustica wird gleichzeitig auf besondere gewerbliche Anlagen überprüft werden. Außerdem soll die Zufahrtsstraße zu dieser nun 1700 Jahre alten römischen Siedlung gesucht und freigelegt werden, um gleichzeitig ihr Verhältnis zur mittelalterlichen „Eisenstraße“ zu klären. Die Archäologen hoffen, bei ihren Spatenarbeiten auch auf Gräberfelder zu stoßen, um dadurch sozialgeschichtliche Aufschlüsse über die gesamte Anlage zu erhalten. Schließlich wird nach den Möglichkeiten eines römerzeitlichen Eisenerztagebaues gesucht, da zu vermuten ist, daß die Bewohner dieser Siedlung bereits in den ersten Jahrhunderten nach Christus Bergbauwirtschaft betrieben haben.

Einer weiblichen Gottheit geweiht

Die bisherigen Ergebnisse der Grabungen sind nach einer Mitteilung des Grabungsleiters sehr zufriedenstellend und förderten eine Fundstelle zutage, deren Bedeutung weit über den Kreisdürener Raum hinausgeht. Dr. von Petrikowits erhofft sich von der endgültigen Durchführung der archäologischen Forschung im Badewald neben sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Aufschlüssen aus der Römerzeit vor allen Dingen die Klärung der Frage, wann die römerzeitlichen Bewohner unseres Kreises christianisiert wurden. Bis jetzt steht fest, daß der aufgefundene gallo-römische Tempel einer weiblichen Gottheit geweiht war. Es wurden Bruchstücke zweier Statuen gefunden, die einheimische Göttinnen darstellen. Die Ausdehnung des Tempelbezirks wurde noch nicht ermittelt. Ein aufgefundener Zaunpfeiler aus Rotsandstein läßt der Analogie ähnlicher Tempelbezirke nach darauf schließen, daß der Tempel mit einem dauerhaften Zaun umgeben war.

Ländliche Siedlung auf römischem Rodeland

Von der villa rustica, die 32x20 m groß ist, wurden bisher der Westrisalit, drei Räume, von denen einer Hyperkaust-Heizung hatte und der Westteil einer Front-Porticus angeschnitten. Außerdem stellte man durch Suchschnitte vier oder fünf weitere Gebäude fest. Die ehemalige Zweckbestimmung dieser Bauten kann erst durch weitere Grabungen klar werden. Zahlreiche römische Ziegel- und Keramikreste an anderen Stellen des Grabungsfeldes deuten mit darauf hin, daß noch weitere römische Bauten freigelegt werden können. Dr. von Petrikowits vermutet in dem ganzen eine ländliche Siedlung auf römischem Rodeland aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Der bisher auf dem Hostert im Badewald ermittelte Grabungsbefund paßt in der Gesamtanlage zu keinem der bisher bekannten Typen römischer Guts- und Bauernhöfe. Nur Teile davon gleichen sich dem bis jetzt bekannten Schema an. Der Grabungsleiter vermutet eine villa rustica mit einer Landarbeitersiedlung oder einem Dorf außerhalb des Gutsbezirks. Es kann sich aber auch um ein echtes römerzeitliches Dorf oder um einen Weiler, der aus mehreren Höfen besteht, handeln.


Teile einer Hyperkaust-Heizung, wie sie auch in einem Raum des Herrenhauses der villa rustica im Badewald freigelegt wurde. Der Fußboden des Raumes lagerte auf 16 kleinen Rundsäulen aus runden Ziegelsteinen. Vom Fußboden aus und durch Heißluftkanäle in den Zimmerwänden beheizten die Römer ihre Räume. (Foto: Hellrun..?)

Eisenabbau zur Römerzeit

Da der landwirtschaftliche Ertrag im Hostert und der Umgebung in römischer Zeit erheblich unter den Erträgen der Lößböden gelegen haben muß, außerdem die Siedlung auf einer Hochfläche, gegen den Wind nicht geschützt liegt, müssen besondere Umstände für die Anlage der Siedlung auf diesem Platz maßgebend gewesen sein. Dies zu ergründen ist eine weitere Aufgabe der Grabungen. Vermutlich wurde, wie in weiten Kreisen der Nordeifel, zur Römerzeit im Badewald Rasenerz abgebaut, das dann von den Bewohnern der Siedlung verhüttet wurde. Auch die durch die römische Siedlung führende mittelalterliche „Eisenstraße“ läßt diese Erwerbsquelle der römerzeitlichen Siedlung wahrscheinlich sein. Eine Klärung all dieser Fragen wäre vom wirtschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkt aus sehr wichtig.

Kontinuität vom Altertum zum Mittelalter

Weiter erhoffen sich die Ausgraber Aufschlüsse über Rode- und Kolonisationsmethoden der Römerzeit in der Eifel. Die Bade war noch vor wenigen Jahrzehnten ein dichter, großer Wald. Der Befund auf dem Hostert weist darauf hin, daß die Eifelkolonisation im zweiten Jahrhundert nach Christus begann oder stark intensiviert wurde. Wer diese Kolonisten waren, weiß man bis heute nicht. Vielleicht können bei den jetzigen Grabungen religionsgeschichtliche Funde weiterhelfen. Die Grabungen werden gleichfalls dazu beitragen, das allgemeine Problem der Kontinuität der vom Altertum zum Mittelalter aufzuhellen. Es ist durchaus möglich, daß die mittelalterliche Eisenstraße auch einem römischen Straßenzug entspricht.

Verbindung mit Matronenkult?

Seit alters her führt eine Trier-Prozession von Steinstraß und Drove über die Eisenstraße an der Stelle des jetzt aufgedeckten einheimischen Tempels vorbei. Wie traditionsträchtig diese ganze Gegend ist, die nach Ansicht des Grabungsleiters gewiß Beziehungen zur Matronenverehrung der früheren Bewohner des Dürener Landes hat. Weitere historische Aufschlüsse über die Bevölkerungsbewegung im Eifelraum können noch erwartet werden, wenn die bis jetzt freigelegten und noch zu erwartenden Funde bearbeitet und ausgewertet sind. Vor allen Dingen gilt es festzustellen, ob die Siedlung auf dem Hostert etwa durch die Frankeneinfälle in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts zerstört wurde, oder ob sie ungestört bis in das vierte Jahrhundert hinein bestand. Die Klärung dieser Frage würde ein beachtenswerter Beitrag zur politisch-militärischen Geschichte der Eifel in der spätrömischen Epoche sein.





Quelle: Dürener Nachrichten, Düren und das Dürener Land Nr. 175 vom 30. 6. 1954
Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau; Sammlung wingarden.de, H. Klein
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