Die Bade - Ein geheimnisumwitterter Wald
Von Hermann Holtz, Düren, und Peter Dauven, Boich





1. VERMUTUNGEN UND THEORIEN

Der südlich von Berg gelegene Restbestand des einst stattlichen Waldes ist auf unseren Karten meist als „Embkener -“ und „Wollersheimer Wald“ bezeichnet, führt aber im Volksmund den Namen „Die Bad“.

Die Sage berichtet, daß dort in uralten Zeiten eine Stadt gelegen habe, „Badua“ mit Namen, die untergegangen sei. Zahlreiche runde, oft mit Wasser gefüllte Vertiefungen im Gelände, „Maare“ genannt, sollen die Stellen bezeichnen, an denen die Gebäude der Stadt versunken seien. Von drei Glocken aus dieser Stadt weiß die Sage folgendes zu berichten:

„In der Bad, an deren Stelle die Stadt Badua in uralten Zeiten versunken ist, sind an zwei verschiedenen Stellen Glocken aus der Erde gewühlt worden. Eines Morgens pflügte ein Knecht von Hausen an der Bad auf einem Grundstück. Da sah er, wie der Boden des Waldes stark durchwühlt war. Neugierig folgte er den Spuren und kam an eine Stelle, wo eine Sau ein Glöcklein freigelegt (herausgewormt) hatte. Die Hausener nahmen die Glocke und hingen sie im Turme ihres Kirchleins auf. Lange Jahre wurde sie als Totenglöcklein benutzt. Auf seinen Tönen klangen die Worte 'Bad, Bad' heraus, die seine Herkunft bezeugen sollten.

An einer anderen Stelle, im sogenannten 'Duggendahl' fand man zwei große Glocken, die eine Sau aus der Erde gewühlt, von denen die eine nach Vlatten, die andere nach Wollersheim kam. Jene Glocke bekundet ihre Herkunft beim Beiern mit den Worten: 'Im Duggendahl en Sau mich fang' (fang gleich fonk). Andere sagen, nicht eine Sau, sondern die Schweine, die früher in die Bad zur Eichelmast getrieben wurden, wühlten die Glocken heraus.

Das Hausener Glöckchen ist jetzt eingeschmolzen, und die Kirche hat drei neue Glocken, Vlatten und Wollersheim dagegen sollen noch heute dies alten Glocken besitzen.“ (wörtlich nach Heinrich Hoffmann)

Schon um die Jahrhundertwende haben der Lehrer Heinrich Hoffmann, der sich in „letzter Stunde“ besonders um die Sammlung des heimatlichen Sagengutes (s.o.) verdient gemacht hat, und Prof. Dr. August Schoop, der Geschichtsschreiber der Stadt Düren und des Dürener Landes, eifrig Spatenforschung und trugen die Fundstellen in eine Karte ein, die erste ihrer Art für unsere Gegend. Sie wird von Kreis-Bodenpfleger Jakob Gerhards weitergeführt, der sie in den letzten Dreißig Jahren um mehr als 600 Eintragungen bereicherte.

Ein Wunder, wenn der Badewald die beiden erstgenannten Heimatforscher nicht angezogen hätte!

Sie konnten schon sechs Eintragungen machen und vom nahen Klemensstock ebenfalls sechs. Ein verheißungsvoller Anfang auf dem Wege, das Geheimnis des Badewaldes zu lüften!

Schoop schrieb über den Badewald:

„Zweifellos war er zur Römerzeit gelichtet, und es bestand hier eine ausgedehnte Niederlassung, deren Namen vielleicht in der Bezeichnung „Badewald“ enthalten ist.“

Lange Zeit danach erregte der mittlerweile verstorbene Pfarrer A. Pohl von Blens, ein begeistertet Heimatforscher, Aufsehen mit der bestimmten, ausführlich begründeten Behauptung: „Badua ist das alte Aduatuca“ und Aduatuca ist das latinisierte „Odvacka“ = Gutswache, der Cimbern und Teutonen nämlich. (Vgl. „od“ mit Kleinode).

Davon berichtet Cäsar (“Der gallische Krieg“): „Als diese (Cimbern und Teutonen) ihren Zug in die römische Provinz und nach Gallien machten, hatten sie den Troß, den sich nicht mitnehmen konnten, links des Rheins in Sicherheit gebracht und sechstausend zu seinem Schutz und seiner Bewachung zurückgelassen.“

Man nannte diese Wachmannschaften Aduatucer = Gutswächter.

Diese Aduatucer wurden von den bereits ansässigen Stämmen zunächst hin und her geschoben, erhielten aber zuletzt einen festen Wohnsitz. Im Gallischen Krieg wurden sie dann von den römischen Erobern aufgerieben. Nach ihrem Untergang wurde ihr verlassenes Lager von 2 Legionen Cäsars als Winterlager benutzt, aus dem Ambiorix, der junge König der aufständischen Eburonen, sie herauslockte und im Talkessel von Abenden (Pohl) vernichtend schlug.

Die Rache Cäsars war entsprechend: In einem Vernichtungskrieg wurde der Stamm der Eburonen erbarmungslos ausgerottet!

Zuletzt entwickelte Pfarrer Pohl seine These vom „Aduatuca im Badewald“. Keine der genannten Theorien ist so untermauert, wie die seine.

3. DIE ADUATUCA-THESE VON PFARRER POHL

Pfarrer Pohl begnügte sich nicht mit einem „Beweis“, sondern lieferte deren gleich sechs. In einem zusammenfassenden Aufsatz in der „Dürener Zeitung“, den er „Aduatuca der Eburonen im Dürener Lande“ (Ohne Fragezeichen!) überschreibt, spricht er zunächst vom archäologischen Bodenbefund.

Die Erdwälle am Südostrand des Rödesberges, in unmittelbarer Nähe des Weges vom Klemensstock zu Düttling in denen eine Caesar-Münze gefunden wurde, sind für Pfr. Pohl Überreste der Befestigungsanlagen des alten Lagers. Die vielen flachen Gruben, die man überall im Badewald noch heute antrifft, ordnete er einem cimbrischen Wohngruben System zu. Die Deutung dieser Gruben als Eisenerzgruben lehnt Pohl ausdrücklich ab.

Die ausgezeichnete Wasserversorgung des Badewalde-Plateuaus - vier Bäche fliessen nach Westen zur Rur ab - im Osten befinden sich die wasserreichen Quellen des Neffelbaches - ist für Pfr. Pohl ein weiterer Grund, Aduatuca in den Badewald zu verlegen.

Auch die hervorragende strategische Lage des Badewaldes, der einen Rundblick über die ganze Kölner Bucht, das Dürener, Zülpicher und Euskirchener Land und nach Westen zum Hohen Venn gewährt, wird von Pfr. Pohl angeführt.

Als vierten „Beweis“ erwähnt Pfr. Pohl die Tatsache, dass der Badewald in vor- und frühgeschichtlicher Zeit so etwas, wie ein Verkehrsknotenpunkt war. Pohl schreibt dazu: „Alle vor- und frühgeschichtlichen Wege führen nach der Bade: Der Rurtal-Randweg, die Konzener Strasse, die Römer- oder Trierer Strasse, die bei „Badua“ abzweigt von der römischen Militärstrasse Köln-Reims und ein vorgeschichtlicher Weg von „Heergarten nach Juliacum (Jülich) ist“.

Als literarische Kronzeugen führt Pfr. Pohl Cäsarius von Heisterbach (1180 - 1240) und Jakob Polius (um 1640), den ersten Geschichtsschreiber der Stadt Düren an, Cäsarius von Heisterbach berichtet über die Schlacht zwischen Konrad von Hochstaden und Wilhelm IV. von Jülich, die 1242 „in Badua“ stattgefunden habe. Dieses „in Badua“ kann nach Pohl nur die Bade sein. „Polius schreibt in Bezug auf die Belagerung Dürens durch Karl V. im Jahre 1543 es hätte auf Seiten der Belagerten nicht an solchen gefehlt, die Kenntnis hatten von der alten Geschichte und der Umgebung. Diese sprachen davon, dass einst nicht weit von Düren - haud longe a Dura - die Kohorten Julius Caesar unter Titurius Sabinus und Lucius Cotta zusammengehauen wurden“ (nach Pohl).

Als letzten „Beweis“ führt Pfr. Pohl die Sage von der untergegangenen Stadt Badua und dem fremden Feldherrn an. (vgl. Hoffman - Sagen aus dem Rurtal)

Zum Schluß seines Aufsatzes befasst sich der verdiente Heimatforscher mit anderen Aduatuca-Theorien, von denen wir ja schon einige erwähnt haben.

Bei der Widerlegung dieser Theorien stützt sich Pohl auf Caesars Gallischen Krieg, aus dem auch er die Parole „Weg von der Maas“ ableitet. Bei Caesar findet sich im Zusammenhang mit dem Standort des Lagers die Angabe „susesse Rhenum“, die Pfr. Pohl als „der Rhein sei ganz nahe“ versteht. Auch andere Caesarstellen weisen in das Land zwischen Maas und Rhein. Pohl folgert daraus: Urmitten zwischen Maas und Rhein fliesst die Rur!“ Er suchte also das Lager an der Rur und glaubte, es im Badewald gefunden zu haben.

Trotz seiner sechs „Beweise“, wie Pfr. Pohl seine These nennt, ist ihm der schlüssige Beweis nicht gelungen, und so schliesst er seinen Aufsatz mit dem Stosseufzer: „Aus der Aduatuca-Forschung klingt immer wieder der Ruf: Das Lager, das Lager! Wo ist es im Lande der Eburonen? Möge das Rheinische Landesmuseum in Bonn recht bald den Spaten ansetzen, und uns Caesars Lager zeigen.

Übrigens hat Pfr. Pohl bei diesem Artikel zwei Skizzen veröffentlicht. Die eine zeigt das Badewaldgeb. mit den von Pfr. Pohl vermuteten historischen Gegebenheiten, die andere einen genauen Plan des Lagers, wie er es aus den Überresten zu erkennen glaubt.





Quelle: Amt Nideggen, Mitteilungsblatt für die Stadt Nideggen und die Gemeinden Abenden, Berg-Thuir, Bürvenich, Embken, Muldenau, Obermaubach-Schlagstein, Wollersheim, herausgegeben im Auftrag der Amtsverwaltung, Druck: Verlag Ewald Rautenberg, 518 Eschweiler, Postfach 406, Telefon (02403) 2278, Freitag, 28. Januar 1966, Nummer 4
Sammlung Michael Peter Greven, Nideggen, Sammlung wingarden.de H. Klein
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