Dieser Bericht entstand in Memoriam an den verstorbenen Heimatforscher Herrn Pfarrer Andreas Pohl.

Der Schärperberg
am Abender Rurtal-Kessel bei Blens gibt nach 2000 Jahren sein Geheimnis frei
Castellum Aduatuka: Das Römische Winterlager - Die Cäsar-Schlacht - Cäsars größte Niederlage auf Germanischem Boden
Von Ferdy Hake, Gürzenich

© Ferdy Hake, Gürzenich 2000 und 2009
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Inhaltsverzeichnis

1. Wo wollen wir das Kastell suchen?
2. Wie kam es zur Existenz von Aduatuka?
3. Vom „Oppidum Aduatuka“ der heutigen Stadt Nideggen zum „Castellum Aduatuka“, dem römischen Winterlager
4. Wie es zum Abzug der römischen Soldaten aus dem Winterlager kam
5. Die Cäsar-Schlacht
6. Rachezug gegen die Eburonen
7. Das „Ambiorix-Denkmal“ gehört nach Blens!
8. Wo das Kastell zu suchen ist - nach Pfarres Andreas Pohl
9. Wo das Kastell zu suchen ist - nach Ferdy Hake - 30 Jahre später - ein neuer Anfang - eine neue Theorie
10. Nach 2000 Jahren - das Lager!
11. Die Ergebnisse meiner Begehungen und Ausrutungen, der Radiästhesie auf dem Schärperberg
12. Zum Abender Rurtal-Kessel. In der Sage verbunden: Aduatuka
13. Der letzte Weg der römischen Krieger aus dem Winterlager
14. In Memoriam Pfarrer Andreas Pohl

Vorwort

In seinem Buch über den „Gallischen Krieg“, seinem „Bellum Gallicum“ (Buch V, 24) spricht der römische Feldherr Gajus Julius Cäsar vor zweitausend Jahren erstmals von einem „Kastell Aduatuka“.

Nach jahrelanger Forschungsarbeit entdeckte der Gürzenicher Ferdy Hake, 1974 zum ehrenamtlichen Mitarbeiter des Rheinischen Landesmuseums Bonn in der Archäologie ernannt (Ur- und Frühgeschichte), Cäsars „Castellum Aduatuka“.

„Aduatuka“ ist der Name eines Kastells- oder Fliehburg in unsrem germanischen Eburonenlande, wo im Jahre 54 vor Christus etwa zwei Legionen des römischen Heeres durch Ambiorix, dem Eburonen-König, vernichtet wurden.

1) Wo aber wollen wir dieses Kastell suchen?

Viele Heimatforscher und Historiker des In- und Auslandes waren seither vergebens bemüht, das Problem von internationalem Rang zu lösen, da die Ereignisse von Aduatuka für die Kulturgeschichte Europas von entscheidender Bedeutung waren. Mit Sicherheit konnte dessen Lage lange nicht bestimmt werden, weil die Angaben Cäsars der Forschung immer wieder Schwierigkeiten bereiteten. So blieb es nicht aus, dass über Aduatuka, vor allem über seine Lage, viel gerätselt wurde.

Das Studium der bisher vorhandenen Literatur vieler Forscher brachte dem ehemaligen Regierungsbeamten Ferdy Hake bald die Erkenntnis, daß auf Grund der herausragenden Entdeckungen und Forschungen vor Ort unseres Heimatforschers Pfarrer Andreas Pohl aus Blens und seinem Freund Heinrich Fischer, Landwirt und Bürgermeister von Berg bei Nideggen, die Lösung des Rätsels greifbar nahe zu sein schien, d. h. Cäsars „Castellum Aduatuka“ zu finden.

Pfarrer Andreas Pohl erforschte im Bereich des Badewaldes die Ur- und Frühgeschichte. Im Volksmund trägt das ganze Gelände zwischen Berg bei Nideggen, Wollersheim, Vlatten und dem Rurtal den Namen „in der Bade“. So ist es auch im Kataster als Flurname eingetragen. Nun rückte der „Badewald“ jahrzehntelang in den Blickpunkt der Geschichte.

2) Wie kam es zur Existenz von Aduatuka?

Wir schreiben das Jahr 103 vor Christus. Die Stämme der Germanen sind in Bewegung. Die Kimbern und Teutonen sind auf dem Zuge durch unsere Provinz in Richtung Südfrankreich (Provence) und Italien. Vor ihrem Abzuge nach der Provence (Teutonen) und Norditalien (Kimbern) ließen sie alles an Gepäck, was sie nicht mitführen konnten, diesseits des Rheins, also auf der linken Rheinseite zurück. Dieser Lagerplatz der Kimbern und Teutonen befand sich - nach Pfarrer Andreas Pohl - in unserer Nordeifel, dem heutigen Bereich des sogenannten Badewaldes, damals im Lande der germanischen Eburonen. Für die Sicherheit ihrer Habe hatten sie als Schutz und Bewachung 6000 Mann abgestellt. Diese 6000 hätten, so berichtet Cäsar, dann viele Jahre hindurch bald in Angriffskriegen, bald in Verteidigungskriegen ihr „Odwack“, ihre „Gutswache“ behauptet und dann dort gesiedelt, später bis zur Maas sich ausgedehnt.

So entstand die Völkerschaft der Aduatuker, d. h. der „Gutswächter“. Cäsar schreibt an der angegebenen Stelle, daß die Aduatuker Abkömmlinge der Kimbern und Teutonen seien.

3) Vom „Oppidum Aduatuka“, der heutigen Stadt Nideggen zum „Castellum Aduatuka“, dem römischen Winterlager

Von dieser Basis aus bestürmten die Aduatuker wiederholt das römische Imperium. Dieser Teutonenschreck war für Cäsar der Hauptgrund, Aduatuka im Jahre 57 vor Christus zu erobern, die Aduatuker in die Sklaverei zu verkaufen und die Eburonen zu vernichten, um den strategisch hochbedeutsamen Ort als Basis seiner eigenen Operationen in Nordgallien im Kampf um den Rhein und gegen Germania und Hispanien für 450 Jahre fest in der Hand zu behalten.

In Bellum Gallicum II, 29, wo Cäsar über die Belagerung und die Einnahme der Stadt der Aduatuker berichtet, heißt es: „Sie trugen ihre Habe an einen von der Natur aus vortrefflich gesicherten Platz zusammen. Dieser hatte ringsum sehr hohe Felsen und abschüssige Hänge. Nur von einer Seite war ein sanft ansteigender Zugang mit einer Breite von nicht mehr als 200 Fuß (ca. 60 Meter). Damit kann nur das Burggelände von Nideggen gemeint sein. Wir kennen keine Stelle in der Eifel, auf die Cäsars Beschreibung (II; 29.3) so zutrifft, wie auf das Burggelände von Nideggen.

Dieses Burggelände von Nideggen war nur ein „Eckfort“ oder Eckpfeiler von Aduatuka, denn der Bereich von Aduatuka muß nach Cäsars Bericht (II,30.2) eine weite Ausdehnung gehabt haben.

Hierin heißt es: „Danach errichteten die Aduatuker einen Wall von 3,60 m Höhe und 22,5 km im Umkreis, der noch durch zahlreiche Kastelle verstärkt war. Danach müsste es sich bei Aduatuka um einen großen Bereich gehandelt haben.

Der trockene Sommer des Jahres 54 vor Christus hatte in ganz Gallien eine große Mißernte verursacht. Das erschwerte Cäsar die Verpflegung seiner Legionen so sehr, daß er sie einzeln über einen so großen Teil des Landes verteilen mußte, daß es, vom militärischen Standpunkte aus gesehen, gefährlich war. Die Legaten Cotta und Sabinus schickte er mit der 14. Legion und fünf Kohorten zu den Eburonen, „deren Gebiet größtenteils zwischen Maas und Rhein liegt“. Das wissen wir aus Cäsars Bellum Gallicum VI,32. Es waren kaum fünfzig Jahre seit der „Gutswache“ der Kimbern und Teutonen an dieser Stelle vergangen. Schon Gerog v. Veith errechnete in genauen Messungen, daß dieses eburonische Aduatuka am Oberlauf der Rur liegen müsse. Es war sehr geschickt auf einer Hochfläche errichtet. Gerade hier, vor der Barriere der Rur, in nächster Nähe der eburonischen Getreidefelder und der wichtigen Keltenwege, inmitten tief eingeschnittener Täler und einer stark bewaldeten Landschaft.

So kam der Winter von 54 auf 53 vor Christus jäh und hart über das Land zwischen Rhein und Mass. Cäsar begab sich nach Gallien in sein Hauptquartier, der heutigen Stadt Amiens.

Die Eburonen waren zwar besiegt worden, aber der Haß gegen die römischen Unterdrücker glimmte immer noch unter scheinbarem Frieden.

Sie hatten durch die Nervier-Schlacht gelernt, sich den römischen Legionen nicht in offener Feldschlacht zu stellen. Sie teilten sich daher in zwei Heerhaufen und erwarteten, in den Wäldern versteckt, die Römer.

4) Wie es zum Abzug der römischen Soldaten aus dem Winterlager kam

Dem Abzug der römischen Soldaten aus dem Winterlager von Aduatuka - es waren eine Legion und fünf Kohorten - war eine sehr harte Debatte vorausgegangen:

Ambiorix, der Eburonenkönig, hatte den Römern vorgetäuscht, es seien große Scharen Germanen von der anderen Rheinseite unterwegs, um das römische Lager zu erstürmen. Er riet deshalb den Römern, möglichst schnell das Lager zu verlassen, ehe es zu spät sei, und zu einem der benachbarten Lager aufzubrechen, von denen das eine 75 km und das andere etwas weiter entfernt liege. Er seinerseits verspreche und verbürge eidlich einen unbehelligten Durchzug durch sein Gebiet. Damit helfe er, wie er sagte, seinem Volke, daß er dadurch von der Last des Winterlagers befreie, andererseits vergelte er damit die Wohltaten Cäsars ihm gegenüber. In dem Kriegsrat, der dieserhalb zu einer Beratung einberufen worden war, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen:

Sabinus bejahte aufs energischste den Abzug, während Cotta ihm aufs heftigste widersprach. Schließlich drang Sabinus mit seiner Meinung durch, und man beschloss den Abzug.

Dieser schildert Cäsar in Buch V, 31,6 - 37:

5) Die “Cäsar-Schlacht“

Hier im großen Talkessel von Abenden - die „Magma convallis“, von der Cäsar spricht, werden die Ahnungslosen von den Eburonen angegriffen, gleichzeitig die Vorhut und die Nachhut. Die Bildung eines Karrees war umsonst, es war zu spät. Etwa 11000 Mann wurden niedergemacht. Das Drama von Cäsars größter Niederlage auf germanischem Boden vollendete sich. Nur ganz wenige entgingen dem Blutbad. Diese irrten in den Wäldern umher und gelangten dann schließlich in das Winterlager des Legaten Labienus, dem sie über das vorgefallene Bericht erstatteten.

6) Rachezug gegen die Eburonen

Es war im Herbst des folgenden Jahres, 53 vor Christus, zu Beginn der Erntezeit, als Cäsar mit zehn Legionen gegen Ambiorix aufbrach, um die Schmach von Aduatuka zu rächen. Haar und Bart hatte er nicht scheren lassen, Trauergewänder angelegt und den Schwur getan, sie nicht eher abzulegen, als bis die Niederlage von Aduatuka wettgemacht und die Ehre der römischen Waffen wiederhergestellt sei. Den Rheinübergang hatte er durch einen starken Brückenkopf und zwölf Kohorten Besatzung gesichert. Nun fühlte er sich frei zum Rachekrieg gegen die Eburonen.

Der Reiteroberst Basilius schickte er mit der gesamten Reiterei quer durch die Ausläufer des Ardennenwaldes voraus. Das römische Heer zog vom Neuwieder Becken durch die Eifel - auf den alten Kelten- und Handelswegen in Richtung auf Aduatuka. Dort lag auch der Wohnsitz des Ambiorix. Von Wichtigkeit für die Lage von Aduatuka und den Aufenthalt des Ambiorix ist, daß der Kavallerie befohlen wurde, keine Lagerfeuer anzuzünden, um ihr Heranrücken nicht zu verraten. Man wollte vielmehr durch einen plötzlichen Handstreich sich der Person des Königs bemächtigen. Denn Ambiorix konnte von seinem Wohnsitz aus das ganze Euskirchener, Zülpicher und Dürener Land überblicken, ferner die Kölner Bucht bis an die Rheinlinie. Vom Kastell Aduatuka aus konnte er nach Nordwesten bis zu den höchsten Erhebungen des hohen Venn sehen, also an die Maaslinie.

Basilius überraschte auch wirklich die Eburonen „auf dem flachen Lande“. Das war auf den Getreidefeldern, die etwa in der Linie Vlatten - Wollersheim - Bürvenich liegen. Dann sah er den Eburonen-König „in nächster Nähe“, wie Cäsar schreibt. Erwischt hat Cäsars Reiteroberst den König doch nicht, denn gleich hinter dessen Gehöft stürzen die engen bewaldeten Täler seitlich zur Rur hinab. Die Waffengefährten hoben ihren König schnell auf ein Pferd, hielten auf dem engen Waldpfad die römischen Reiter eine zeitlang auf und schon war Ambiorix im Walde verschwunden. Nur seine Wagen und Pferde fielen in die Hände der enttäuschten Römer.

Im Jahre 51 vor Christus brach Cäsar von neuem auf zu einer grauenvollen Verwüstung des ganzen Eburonenreiches. Ambiorix sollte mit seinem ganzen Volke ausgelöscht werden. Cäsar schreibt darüber in seinem Gallischen Krieg (BuchVIII, 24 und 25), er habe zwar die Hoffnung aufgegeben, den Flüchtling in seine Gewalt zu bekommen, er halte es aber zur Wahrung des eigenen Ansehens für notwendig, das Reich des Ambiorix derart von allen Einwohnern, Siedlungen und Viehherden zu säubern, daß, wenn wirklich noch ein paar Menschen übrig bleiben sollten, Ambiorix wegen des entsetzlichen über die Heimat heraufbeschworenen Unglücks so verhaßt werden mußte, daß er niemals mehr in sein Vaterland zurückkehren könne.

7) Das „Ambiorix-Denkmal“ gehört nach Blens

In allen Marken des Reiches des Ambiorix sandte Cäsar die Legionen oder Hilfsvölker aus, zu morden, zu brennen und zu rauben. Cäsar verschweigt hier den wahren Grund seines Vorgehens, daß nämlich seine ganze Rheinpolitik auf dem Spiele stand, wenn Ambiorix seinen Sieg bei Aduatuka hätte ausnutzen können. Ambiorix ist und bleibt der große Nationalheld, nicht nur in Belgien, sondern auch bei uns. Denn wir leben mitten im Eburonenlande. Sein Denkmal würde im Bereich der Ortschaft Blens den richtigen Standort haben.

8) Wo das Kastell zu suchen ist; nach Pfarrer Andreas Pohl

Der archäologische Befund zur Bestimmung des „Kastells Aduatuka“ der alten Fliehburg und Cäsars Winterlager nach Pfarrer Andreas Pohl: Vier Befestigungen schützen die Gutswache:

1. Im Norden: Niteca (Nideggen)

2. Im Osten: Muschling und Wattling, eine rund vier Hektar umfassende Wald- und Grabenbefestigung mit anschließendem langen Wall, ausgedehnten Steintrümmern und vorgeschichtlichen Anlagen im „Sittard“

3. Im Westen: Der Gutswache der Hondjesberg oder Hondjesley, eine Befestigung mit Wall und Graben.

4. Im Süden: Der Rädelsberg (Wasserberg) mit seinen weiten Lagerräumen mit dem Grubensystem, durchschnitten von einem langen gradlinigen Wall, den man als Grenzwall deuten kann.

Zum Rurkessel: Die steil abfallenden Felswände und Steilhänge, für eine Verteidigung sehr geeignet - so verblieb Pfarrer Andreas Pohl bei seiner letzten These - Cäsars „Castellum Aduatuka“ hier am Rädelsberg einzuordnen. Er sah da die optischen Voraussetzungen jener Westwand der Konglomorate zwischen Blens und Hausen, jedoch erkannt auch er, daß die Gegend um den Rädelsberg mit den zahlreichen Texthinweisen bei Cäsar teils nur bedingt im Einklang zu bringen sind und auch wegen der Enge des Raumes nur schwerlich überzeugen konnte (Dr. Albert Jackels).

Schließlich rang er sich zu der Erkenntnis durch, daß hier an den Steilhängen der Rur das „Castellum Aduatuka“, die Fliehburg, jenes römische Winterlager - im Bereiche der „Bade“ am besten zu suchen sei. Und wie Recht er haben sollte - es war nur ein anderer Berg - gegenüber auf der anderen Seite der Rur.

So ist ihm der schlüssige Beweis nicht gelungen und so schließt er seinen Aufsatz mit dem Stoßseufzer:

„Aus der Aduatuka-Forschung klingt immer wieder der Ruf: Das Lager, das Lager! Wo ist es im Lande der Eburonen? Möge das Rheinische Landesmuseum in Bonn recht bald den Spaten ansetzen, und uns Cäsars Lager zeigen.“

Unser verdienter Heimatforscher Pfarrer Andreas Pohl verstarb 1963. Sein Freund Heinrich Fischer, Landwirt und Bürgermeister von Berg bei Nideggen folgte ihm 1965. Das „Bonner Jahrbuch“ des Rheinischen Landesmuseums Bonn brachte bis heute noch keine Erfolgsmeldung. Wieder versank für Jahrzehnte Cäsars „Castellum Aduatuka“ im Treibsand der Geschichte. Dann tauchten wieder neue Theorien auf, unbekümmert der den letzten Forschern bekannten Tatsache, dass die Aduatuka-Frage sich historisch und philologisch beinahe ausgelaugt darstellt.

So blieb das Cäsar-Lager Aduatuka aufzufinden und festzulegen eine Empfehlung für Heimatforscher zu weiteren Forschungen, so schrieb der Kölner Heimatforscher Dr. A. Jäckels, Köln.

9) Wo das Kastell zu suchen ist - nach Ferdy Hake - 30 Jahre später - ein neuer Anfang - eine neue Theorie

Begonnen wurde mit dem Nachvollzug der Forschungen von Pfarrer Andreas Pohl. Es wurde ein Erlebnis mit viel Zeit verbunden, den Begrenzungen, der Ausdehnung von Aduatuka nachzugehen und mit etwas Spürsinn wieder zu entdecken. Nur so lassen sich die großen Verdienste unseres unermüdlichen Bodenforschers auch nur erahnen. Es vergingen Jahre und so entwickelte sich eine neue Theorie:

Pfarrer Andreas Pohl verblieb mit seiner Forschung bei seiner Suche nach dem Lager immer im Bereich des Badewaldes auf der rechten Rurseite, so daß ich hier die Suche nach dem Lager in Kenntnis der Arbeitsweise von Andreas Pohl als ausgeschöpft betrachtete. Ohne Frage dürfte auch hier noch die Bodenforschung im Allgemeinen noch manche Überraschung bereithalten. Es war somit erforderlich, die Höhe des Badewaldes zur Suche bzw. Entdeckung des Lagers zu verlassen.

Um nunmehr die Situation global zu übersehen, bediene ich mich wie bisher so oft der Luftarchäologie:

Mit meinem Sohn als Flugzeugführer starten wir vom Militärflugplatz Nörvenich zur „Luftaufklärung“ um eine Spur jenes „Kastell Aduatuka“ zu suchen. Hierfür steht uns ein Motorsegler zur Verfügung, der die Abschaltung des Motors gestattet und somit als Segelflugzeug eine ruhige Beobachtung und Kameraführung ermöglicht. Im Anflug über den Badewald und in mehreren Schleifen über dem Abender Talkessel und der Rur hinweg zur Ortschaft Blens war der Flug von einigen Flugturbulenzen begleitet. Über Blens entlang des Weges auf den Schärperberg zu, um dann im Bogen abzudrehen und wiederholt vom Schärperberg dem Tal des Odenbaches zu folgen.

Diese Anflüge bereits brachten uns eine grundlegende Erkenntnis:

Am Fuße des „Schärperberges“ liegen im Grün der Wiesen beginnend in voller Breite - in ihrer Fortsetzung bergaufwärts die Terrassen - durch den Baumbestand sichtbar gut und deutlich zu erkennen.

10) Nach 2000 Jahren: Das Lager

In den Tiefflügen über den Schärperberg kam die Erkenntnis:

Hier war der Platz und die Ausdehnung , die Cäsar für seine Legionen brauchte und auch die Steilhänge, die keiner Verteidigung bedurften. Die Überraschung war vollkommen, denn vor mehr als 2000 Jahren fand Cäsar diesen Platz vor alledem deshalb für vorteilhaft, weil sich die Befestigungswerke vom letzten Jahr in noch gutem Zustand befanden und er somit den Soldaten Arbeit ersparte. Zweifellos deutet diese letzte Bemerkung auf den II, 29 beschriebenen und nicht genannten Ort hin, der ja tatsächlich dem übereilten, und scheinbar friedlichen Abzug der Römer aus dem Winterlager nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war.

Der Schärperberg liegt auf der anderen Rurseite dem Rädelsberg, dem von Pastor Pohl vermuteten „Kastellum Aduatuka“ gegenüber und es dürfte keine Frage mehr sein, den Rädelsberg als weiteren Eckpfeiler der Festung Aduatuka zu bezeichnen.

Für den Schärperberg zutreffend:

Die römischen Lager liegen fast immer auf erhöhtem Gelände und meistens an einem sanften Abhang. Und zwar so, daß man noch einen Teil des langsam abfallenden Geländes vor den Wällen des Lagers hatte. Die eigentliche Front des Lagers lag immer an der niedrigsten Stelle des Lagers. Und zwar aus dem Grunde, weil es die Gefechtstatktik der römischen Legionen verlangte, Ausfälle aus den Toren immer von oben herab (ex loco superiore) gegen den Feind zu machen.

11) Die Ergebnisse zu meinen Begehungen und den Ausrutungen der Radiästhesie auf dem Schärperberg

1) Dort, wo die Terrassen am Schärperberg angelegt sind, welche in damaliger Zeit mit Palisaden zur Verteidigung verstärkt waren - dort oben auf dem Plateau des Schärperberges befindet sich das Lager.

Geht man an diesen Ort und schaut sich um und alles genau an, so erkennt man die vielen Dinge, die uns die gesuchte Antwort geben. Unser verehrter Heimatforscher Pfarrer Andreas Pohl, hier in seiner Forschung dem Badewald und seinem Rädelsberg ergeben, hatte sooft überlegt, doch war er im Geiste so festgefahren in der Vorstellung, das Lager wäre näher, als es tatsächlich ist.

2) Zur Wasserversorgung des Lagers diente u. a. der sogenannte Bour-Bach, der von seiner Quelle auf dem Plateau steil herabfließt und im Bereich der Ortschaft Hausen in die Rur mündet (den Namen habe ich vom unlängst verstorbenen Förster Küpper von Blens). Dem Bachlauf bin ich von der Höhe nachgegangen (geklettert) und kam gehörig in Nöte - und darf jedermann warnen, es nachzuvollziehen. Weitere kleinere Wasserläufe sind auf dem Plateau zu erkennen und am Fuße des Schärperberges der Odenbach, ein reichhaltiger Wasserlauf.

3) In der Nähe der Quelle befand sich ein Kultplatz, der Stelle eines Kultsteins, dem römischen Kult des Sieges geweiht.

4) An einer hier nahegelegenen Steilseite befand sich der ehemalige Signal- oder Beobachtungsturm, heute nur noch als Steinhaufen des Fundaments erkennbar - doch gemäß seiner Bedeutung wurde nach der Überwindung des dahintergelegenen Brombeer- und Waldgestrüpps von dieser Höhe der Blick auf die Weite der Umgebung frei.

5) Der Totenhügel, ein langgestreckter Hügel von Steinen und Erde auf der Höhe des Schärperberges, als Bodendenkmal zu bezeichnen. Von dieser Höhe geht die Sicht zu den „Getreidefeldern“ auf den jenseitigen Rur-Höhen.

Die Maße des Totenhügels betragen:
Länge: ca. 100 m
Breite: ca. 15 m
Bestattungstiefe: ca. 1 m

Dieser wurde ein Jahr später von den Römern angelegt, denn Cäsar hob sofort drei neue Legionen in Oberitalien aus, mit denen er im Jahre 53 v. Chr. an den Ort der Handlung gelangte, um zunächst die Totenehrungen vorzunehmen. Es war Sitte bei den Germanen, die feindlichen Führer den Göttern zu opfern und ihre Körper und Waffen an die Bäume zu hängen.

12) Zum „Abender Rurtal-Kessel“: In der Sage verbunden „Aduatuka“

Die Westseite des Abender Talkessels wird durch einen Höhenzug mit Steilhang zum Tal gebildet. Dieser Höhenzug wird in der Mitte des Talkessels durch eine steile Schlucht geteilt. Der Teil nördlich der Schlucht heißt Roßberg. Hier eingebettet zieht ein langgezogenes Wiesental schräg bergan, durchflossen von einem Bächlein, dem sogenannten Roßbach. Von diesem Tal berichtet der Volksmund, daß zu bestimmten Zeiten der wilde Jäger mit seinem Gefolge sein Unwesen treibe. Der Teil südlich der Schlucht heißt Odenbleuel, dann folgt das Tal des Odenbaches mit dem Schärperberg.

Diesen Bergformationen galt bisher nicht die Aufmerksamkeit der Forschung, als die „gegenüber“ im hochgelegenen Badewald. Hier in diesem felsigen Waldgebiet sind die Ereignisse der Vergangenheit vor 2000 Jahren in der Sage verewigt. Berge und Täler bewahrten ihre Namen: Diese Volkssagen erzählen von einer Zeit, wo „Odin“ in Verehrung stand, vom Nationalheiligtum des eburonisches Landes, wie er in der wilden Jagd vom „Odenwinkel“ bei der Odwacht“ der Kimbern herunterbrauste in die Magna Convallis, dem Talkessel Cäsars und über den „Odengarten“ und die Doppelflut im Tale von Abenden hinweg beim „Odenbach“ im „Odenbleuel“ verschwand.

Inmitten seines „Dreibergheiligtums“ hören wir von der wilden Jagd, vorchristlicher Kultstätten und dem Sturmdämon, der seine fahlen Pferde beim „Krahenberg“ hatte, des Seelen- und Totengottes mit dem Totenheer, der wütenden Schar, dem Wod, der den Feuer-, Wasser-, Heil-, und Runenzauber ausübt.

Wir verdanken diesem Kleinod der Erzählung der Hinterlassenschaft des Lehrers Heinrich Hoffmann, der auch in Gürzenich einmal Lehrer war.

13) Der letzte Weg der römischen Krieger aus dem Winterlager

Der letzte Weg der römischen Krieger aus dem Winterlager, dem „Castellum Aduatuka“ unter den Legaten Cotta und Sabinus

Augenscheinlich und geländemäßig zogen sie durch die „Porta Praetoria“ dem Haupttor des Winterlagers durch das langgestreckte Tal des Odenbaches zwischen Odenbleuel und Schärperberg. Einen anderen Abstieg gibt es für annähernd zwei Legionen vom Massiv des Schärperberges herabführend noch, der im Bereich der Terassen ebenfalls im Rurtal-Kessel am heutigen Hubertusstock endet. Das Tal des Odenbaches führt auch seitlich am Schärperberg vorbei und der Angriff erstreckte sich über die ganze Wegstrecke bis zum Lager zurück, wo der Adlerträger Lucius Petrosidius kämpfend und sterbend den Legionsadler über den Lagerwall warf.

Weiter talabwärts zur „Magna convallis“, dem Gelände im Tal von Abenden, was den Textschilderungen für die beiden Hinterhalte, für die zweiseitigen Angriffe und dem Schlachtort im Besonderen entspricht.

So ist die Rede davon, daß die Römer einen Ort für ihr Winterlager suchten in einem getreidereichen Land, es ist die Rede von der Schlacht an einem Punkt, wo zwei Täler zusammenstoßen: Hier zwischen dem Rurtal und dem Tal eines Baches, dem Odenbach, begann eine der furchtbarsten Auseinandersetzungen zwischen Germanien und Rom. Die Schlacht dauerte vom Tagesanbruch an bis zwei Uhr mittags. Cäsar verlor Anno 54 vor Christus auf einem Schlag zwei Feldherren und eine halbe Legion Soldaten, die im Kastellum Aduatuka auf dem „Schärperberg“ überwintern wollten.

14) In Memoriam

Am Wege von der Ortschaft zum Schärperberg, direkt davor, liegt der kleine Friedhof von Blens, auf dem ehemaligen Schlachtfeld. Hier ist die Ruhestätte von Pfarrer Andreas Pohl, einem großen Heimatforscher. Er ruht in geweihter Erde vor dem, was er suchte: „Aduatuka“.

Schlusswort

Das Manuskript über meine Forschungsarbeit wurde vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege mit Interesse aufgenommen.

Hier wurden die von mir genannten Orte in den Denkmalblättern nachgeprüft und es erfolgte bereits eine örtliche Begehung um einen Überblick über die von mir benannten Landschaftspunkte zu erreichen.

Diese Arbeiten siond noch nicht abgeschlossen, so daß es bis heute bei den ersten Schritten als vorläufiges Arbeitsergebnis verbleibt.

Ein abschließender Bericht ist zu erwarten.


F. Hake





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© Ferdy Hake, Gürzenich 2000 und 2009
© Heimatbund Gürzenich e.V. 2000, alle Rechte vorbehalten! Kopien und Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung!

Die Veröffentlichung ist beim Heimatbund Gürzenich in einem Heft „75 Jahre“ erschienen


Abb.: „75 Jahre“, Bild: Gürzenich St. Hubertus-Heiligen-Häuschen, erbaut 1927-28