Aduatuca - Das enträtselte Geheimnis des Badewaldes
Neue Forschungen zur Vorgeschichte des Kölner Raumes.
Von Dr. Albert Jackels, Köln.





Düren. Ein bisher ungelöstes Problem in der Geschichte und Geographie war das Geheimnis um ATUATUCA, das vor 2000 Jahren von Caesar in seinem Buche De bello Gallico erwähnt ist und dessen Lage mit Sicherheit nicht bestimmt werden konnte, weil die Angaben Caesars der Forschung immer wieder Schwierigkeiten bereiteten.

Im folgenden wird nun durch die Erforschung zahlreicher alter Straßen und Signallinien textsicher nachgewiesen, daß das CASTELLUM ATUATUCA auf den Rurhöhen bei Nideggen, 40 Kilometer südwestlich von Köln lag.

Das CASTELLUM ATUATUCA war das Belagerungslager des OPPIDUM ATUATUCORUM, der heutigen Stadt Nideggen. Die Gegend war die Heimat der ATUATUCER, der Nachkommen der Cimbern und Teutonen, die von dieser Basis aus das römische Imperium in den Jahren 113-101 v. Chr. wiederholt bestürmten. Dieser Teutonenschreck war für Caesar und die Römer ein Hauptgrund, ATUATUCA im Jahre 57 v. Chr. zu erobern, die Atuatucer in die Sklaverei zu verkaufen und die Eburonen zu vernichten, um den strategisch hochbedeutsamen Ort als Basis ihrer eigenen Operationen in Nordgallien im Kampf um den Rhein und gegen Germania, Britannien und Hispanien für 450 Jahre fest in der Hand zu behalten. Mit der Räumung des Castells ATUATUCA war das Ende der römischen Herrschaft am Rhein und in Gallien zu Gunsten der Franken entschieden.

Die Entdeckung des CASTELLUM ATUATUCA gelang jetzt einem ehemaligen preußischen Pionier-Offizier durch strategische Überlegungen und Berechnungen, nachdem viele Gelehrte und Historiker des In- und Auslandes bisher vergebens bemüht waren, das Problem von internationalem Rang zu lösen.

Da die Ereignisse um Atuatuca für die Kulturgeschichte der Völker Europas von entscheidender Bedeutung waren, dürfte die Entdeckung für viele zum Anlaß werden, bisherige Vorstellung und Ansichten zu überprüfen und dem tatsächlichen Befund entsprechend zu berichtigen.


1. Abschnitt

Wie ein roter Faden ziehen die Cimbern, Teutonen und Atuatucer durch Caesars Bücher: II 4, 16, 29, 31, 33. V 27, 38, 39, 56 und VI 2, 33. ATUATUCA selbst wird zweimal erwähnt: VI 32 und 35.

Seit der Verwüstung des Eburonenlandes wird es nicht mehr erwähnt. Der Name ist untergegangen und blieb verschollen. Der Ort war mehr als 2000 Jahre unauffindbar, obgleich er in der Geschichte seine strategische Bedeutung bis auf den heutigen Tag ununterbrochen behauptet hat.

Der Kommentator des Caesartextes, Prof. Hellingk, schreibt dazu in seinen Erläuterungen: „Die Lage von ATUATUCA ist unbekannt“, „Die Lage des OPPIDUM ATUATUCORUM ist umstritten, bald hält man dafür Namur, bald Huy, gegenüber dem Mont Falize“ in Belgien.

Diese Auffassung darf sich jedoch nur auf DIE Atuatucerstadt beziehen, die Ambiorix, der König der Eburonen, unmittelbar nach der Vernichtung der 15 römischen Cohorten, siegestrunken in einem pausenlosen Tag- und Nachritt anlief, um die Atuatucer an der Maas gegen das Lager Ciceros aufzuwiegeln. V 38.

Von unserem OPPIDUM ATUATUCORUM aber heißt es schon in Buch II 29 ausdrücklich, daß die Atuatucer nach der Nervierschlacht ihre sämtlichen festen Plätze und Städte in ihrem Lande preisgaben, um sich in ihre HEIMAT (domum) „in unum oppidum“, zurückzuziehen. Hier wurden sie von Caesar eingeschlossen, belagert und nach Eroberung der Stadt mit 53000 Mann in die Sklaverei verkauft. Das OPPIDUM ATUATUCORUM wird dann nie mehr erwähnt.

Standortbestimmung Atuatucas

Um so mehr ist die Rede von einem CASTELLUM ATUATUCA, das Caesar, Cotta, Sabinus und Cicero in Anspruch nahmen, und von dem ausführlichen und geradezu spannenden Kriegsberichte gegeben werden. VI 30-44. Die Positionsangabe für das CASTELLUM ATUATUCA wird von Caesar in VI 32 von seinem Standort bei der Rheinbrücke bei Andernach wörtlich gegeben mit: fere est in mediis Eubronum finibus“. die Mitte des Eburonenlandes wird sodann durch drei Aussprüche in Beziehung zum Rhein gebracht: Sabinus sagt in seiner Rede in ATUATUCA mit einem Zwei-Tagesmarsch der über den Rhein herübergekommenen Germanen, u. der Gefangene der Sugambrischen Reiter ruft aus, in drei Reiterstunden könnten sie aus der Rheingegend in ATUATUCA sein. V 27, 29.

40 km südwestlich von Köln

Das CASTELLUM ATUATUCA, in der Mitte des Eburonenlandes, VI 32, muß aber, von Andernach aus gesehen, auf den östlichen Rurhöhen zu suchen sein. Diese Gegend zu erreichen war für Caesar unumgänglich notwendig, um seine Armee nach dem soeben beendeten Suebenfeldzug bei Beginn der Erntezeit mit den Getreidevorräten der Kölner Buche zu versorgen und das Land des Ambiorix zu unterwerfen. VI 29. Hier, an der Rur, in der Mitte des Eburonenlandes, liegt der „Mittelberg“ über Abenden.

Die letze Verteidigungsstellung des sich von der Maas nach Osten absetzenden Atuatucer, II 29, muß, strategisch gesehen, ebenfalls auf den östlichen Rurhöhen angenommen werden. Nach der gegebenen Beschreibung war das OPPIDIUM ATUATUCORUM eine von hohen Steilhängen umgebene, von Natur vortrefflich gesicherte Stadt. Sie dürfte mit dem am günstigsten Rurübergang gelegenen NIDEGGEN vollkommen identisch gehen.

Das ganze ist denkbar einfach, wenn man feststellt: Das CASTELLUM ATUATUCA war das Belagerungslager des OPPIDUM ATUATUCORUM. Beide lagen in der Heimat der ATUATUCER und alles lag so hübsch beieinander, bei Nideggen, 40 km südwestlich von Köln am Rhein!

Napoleon als Caesarforscher

Die Forschung hat sich offenbar durch mehrere Umstände irritieren lassen: weil die Atuatucer sich schon als Cimbern und Teutonen bis über die Maas ausgedehnt hatten und auch dort befestigte Orte und Städte besaßen. Weil Caesar nur von Ardennen und deren Ausläufern spricht. Bei ihm gibt es den Begriff „Eifel“ nicht. Die Ausläufer der Ardennen aber reichen bei Caesar bis zu den Mündungen der Ardennen Flüsse, das heißt bis zur Erft- und Rurmündung, was hydrographisch durchaus richtig ist, aber bisher nie erkannt wurde. So stimmt auch die Größenangabe der Ardennen bei Caesar. VI 29. Die Linie Krefeld-Roermond ist die Nordgrenze des Eburonenlandes und wird zur Sprach- und Hofbaugrenze. Weil „Sabis“ wie schon von anderen Caesarforschern festgestellt, ein Abschreibefehler sein muß. Prof. R. Müller setzt dafür „SUALMIS“, was treffend sein dürfte, denn die Schwalm mündet textgemäß in die Maas. Zeit-, Gelände- und Entfernungsangaben rücken nun greifbar nahe zusammen und wirken überzeugend.

Napoleon III. war jedenfalls im Bilde und besser beraten. Er gilt als erfolgreicher Caesarfoscher und betrachtete die Dinge als Stratege. Für ihn lag ATUATUCA nicht in Belgien, sondern auf deutschem Boden. Deshalb bat er seinen Nachbarn, den König von Preußen, die Nachforschungen im Rheinland aufzunehmen. Die Generalmajore der Pioniere v. Cohausen und v. Veith wurden mit der Aufgabe betraut. Aber weder sei, noch die vielen damit befaßten Geschichtsforscher und Historiker fanden ATUATUCA, was aus den angeführten Gründen erklärlich wird.

Auf der Suche nach Atuatuca

Pastor Pohl, Blens, hat in vielen Abhandlungen darauf hingewiesen, daß ATUATUCA „weg von der Maas“ an der Rur liegen müsse, und glaubte das Caesarlager in den Befestigungen am Rödelsberg im Badewald, Gemarkung Wollersheim, gefunden zu haben. Hagen hat hier beim Trigonometrischen Punkt 362,5 Befestigungen in der Größe von 232x632 Metern in den Bonner Jahrbüchern Heft 138 S. 172 beschrieben und mit Pohls Theorie zusammen erwähnt. Die Größenangabe entspricht zwar einem Römerlager, aber leider ist die Gegend um den Rödelsberg mit den zahlreichen Texthinweisen bei Caesar in keiner Weise in Einklang zu bringen, und konnte auch wegen der Enge des Raumes niemanden recht überzeugen.

Pohl dürfte wohl recht haben, wenn er die Befestigungen am Rödelsberg mit den Cimbern und Teutonen und der Heimat der ATUATUCER zusammen bringt, aber das CASTELLUM oder das OPPIDUM konnte hier nicht sein. Diese Erkenntnis gab dem Verfasser vor Jahren schon den Anstoß, nun auch seinerseits auf die Suche nach ATUATUCA zu gehen, um dieses mysteriöse Geheimnis des Badewaldes endlich zu lüften.

Der erforderliche Überblick

Es war keine leichte Aufgabe, den Caesartext zu entwirren, sich mit den verschiedenen Auffassungen auseinander zu setzen und Ordnung in die Dinge zu bringen. Die Arbeit erstreckt sich übe einen Zeitraum von vielen Jahren. Das Forschungsgebiet umfaßt den Kölner Raum bis weit in die Ardennen hinein, im Besonderen das strategische Dreieck Zülpich - Düren - Gemünd mit Wollersheim als Mittelpunkt.

Der Kriegseinsatz in Belgien und Frankreich und im Raum Nideggen war der Sache ebenso förderlich, wie der Wochenend-bedingte Wechsel zwischen Köln und Wollersheim, weil er regelmäßig Abstand und den erforderlichen Überblick über die alten Anmarschstraßen zu den Eifelhöhen vermittelte, die schließlich die Position von ATUATUCA verrieten und erkennen ließen.

Zudem besitzt die Familie des Verfassers Grund und Boden im Badewald und verfügt über altes Kartenmaterial mit den alten Wegen und Flurbezeichnungen und mache Mitteilung, für die den Herren Pastor Pohl, Blens, Bodenpfleger Heinrich Fischer, Berg vor Nideggen, Pastor Helmich, Josef Herhahn, Johann Schütz, Wollersheim, Museumsleiter Paul Hubert Pesch, Zülpich, Fräulein Koni Krantz, Nideggen und Frau Konstanze Heege, Gut Horschheim, aus Abenden, besonderen Dank gebührt.

Im übrigen waren Generalstabskarten 1 : 25000 der preußischen Landes-Aufnahme die unersetzlichen Helfer bei den ausgedehnten Straßen- und Gelände-Untersuchungen.


2. Abschnitt

Das Straßensystem

Die systematische Begehung der ca. 30 Hügel und Täler rund um den Badewald brachte zunächst die Erkenntnis vom Vorhandensein eines ausgedehnten alten Wegesystems, dessen Bedeutung lange Zeit nicht zu erklären war. Obgleich alle Wege irgendwie Anschluß an die bekannten römischen Fernstraßen der Umgebung aufzuweisen hatten, waren sie weder von v. Veith, noch von Hagen, noch von Schopp in ihrem Zusammenhang erkannt oder beschrieben worden. Es fiel jedenfalls auf, da sie mit allen wichtigen Punkten des Rheinlandes und des benachbarten belgischen Raumes in direkter Verbindung standen.

Im Einzelnen handelt es sich um die Süd-Nord-Verbindung: Düttling - Nideggen, Hergarten - Nideggen, Vlatten - Nideggen und Wollersheim - Nideggen, sowie deren Verlängerungen nach Düren über Leversbach und Drove und den Rennweg Thuir - Thum - Drover Heide - Düren (Ost).

Sodann die West - Ost - Verbindung aus dem belgischen Raum über das Hohe Venn. Alte Merovingerstraße, und von Reims, Alte Konzenerstraße, nach Köln, mit ihren Abzweigungen bei Simmerath und Schmidt zu den verschiedenen Rurübergängen:

Schmidt - Schwammenauel - Kermeter,
Schmidt - Heimbach - Vlatten - Zülpich,
Schmidt - Hausen - Wollersheim - Zülpich,
Schmidt - Blens - Wollersheim - Zülpich,
Schmidt - Abenden - Berg - Embken - Neffeltal,
Schmidt - Hetzingen - Brück - Nideggen - Ginnick - Neffeltal,
Nideggen - Thum - Froitzheim - Köln,
und Nideggen - Drove - Soller - Köln.

Die Napoleonstraße

All diese Straßen sind prähistorische Verbindungen zwischen Rhein und Maas und verfügen zum Teil in den abgehenden Partien an den Rurhängen über in den Felsboden eingetiefte Gleisspuren, die ihr Alter verraten. Sie sind längst vergessene Heer- und Handelswege der Kelten und Germanen, Wanderwege der Cimbern und Teutonen, und die Rückzugsstraßen der Atuatucer, denen die Römer folgten, um sie bei Nideggen einzuschließen. Sie wurden von Atilla und Chlodwig, Karl dem Großen und im Mittelalter laufend benutzt, um schließlich weiter ausgebaut, auch den deutschen Armeen 1918 als Rückzugsstraßen aus dem belgischen Raum an den Rhein zu dienen.

Die Napoleonstraße Schmidt - Brückenberg - Nideggen - Thum - Froitzheim zieht östlich von Nideggen an dem 1. Quadratkilometer großen Klotzacker entlang, einer Bergbefestigung, die mit dem in alten Urkunden von 1330 und 1342 erwähnten Altwerk und Ort „apud castrum et oppidum“ identisch sein dürfte. Auf Nideggen paßt der Caesartext in Buch II 29 soweit er das OPPIDUM betrifft. Aber auch nicht mehr.

Das Signalsystem

Da auch der Klotzacker bei Nideggen mit dem Caesartext hinsichtlich des CASTELLUM ATUATUCA nicht in Einklang zu bringen war, folgte der Untersuchung des alten Wegesystems eine Rekonstruktion des alten Signalsystems, das irgendwie mit den alten Straßen durch die alten Kirchtürme in Übereinstimmung zu stehen schien.

Der alte Wollersheimer Kirchturm gilt als römischer Signalturm, die Kirche als ältestes sakrales Bauwerk des Kreises Düren. Clemen hat sie in „Denkmäler der Rheinprovinz“ eingehend beschrieben. Bekannt ist die im Turm gelegene Michaelskapelle mit allen Merkmalen einer frühen Kultstätte und dem darin geübten Licht- und Schwertkult, für den zahlreiche Schleifrillen und drei Opferschälchen in der Außenhaut des Turmes Zeugnis ablegen. Nach der Sage soll Chlotildis hier den Ausgang der Chlodwigsschlacht auf der nahe gelegenen Wollersheimer Heide abgewartet und für den Sieg des Christentums gebetet haben. Die Ueberlieferung berichtet, daß Plektrudis, die Gemahlin Pipins, den Eifelmissionar St. Willibrordus beauftragte, den Heidentempel im Jahre 699 zur Kirche zu weihen. Die Frankenkönige residierten bekanntlich in der berühmten fränkischen Hofburg Vlatten.

In dem vermuteten Signalturm hatte der Wollersheimer Turm, wie sich herausstellte, keine zentrale Bedeutung. Ihm übergeordnet war augenscheinlich der drei Kilometer WNW und 100 Meter höher gelegene Turm der Kirche von Berg vor Nideggen, mit dem gleichfalls Odin- und Willibrordussagen verknüpft sind. Auch er verfügt über Schleifrillen und Opferschälchen in seiner Außenhaut. Flurname Odinwinkel und Odinberg. Die Ueberprüfung der Beziehungen beider Türme zueinander und ihrer Sichtverbindungen mit den alten Kirchtürmen der näheren und weiteren Umgebung brachte dann die Lösung ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung.

Der Kirchturm von Berg vor Nideggen wurde als Mittelpunkt eines Signalsystems erkannt, mit direkten Sichtverbindungen nach Köln, über Froitzheim - Vettweiß - Gladbach - Gymnich - Gleuel - Kriel, nach Bonn, über Embken - Juntersdorf - Zülpich - Wichterich - Lommersum nach Castra Belgica, über Wollersheim - Bürvenich - Schwerfen, nach Trier, über Hergarten - Bleibuir - Keldenich - Marmagen (Tondorf), nach Belgien - Hohes Venn, über Schmidt - Simmerath - Konzen (Aachen), nach Wegberg, über Düren - Jülich - Erkelenz - Dyckerhof - Tüschenbroich. (Distelrath)

Ausgedehntes Lager

Der Berger Kirchturm hatte aber noch eine weitere wichtige Funktion: Er war offensichtlich die Signalsation des westlich von ihm gelegenen Gebiets um den Clemensstock, dem Scheitelpunkt einer riesigen keltischen Wallburg. Wer den weit gedehnten Bergrücken begeht, kommt zunächst kaum auf den Gedanken, in einem Lager zu sein, da die leichte Wölbung des Hügels die Übersicht über das Ganze sehr erschwert. Die zum Teil imposanten Randbefestigungen, Wälle und Toranlagen werden deshalb vom Lagerinnern aus leicht übersehen. Aber auch von außen fallen sie nur dem geübten Auge auf. Die auf drei Seiten anstehenden, wechselnd hohen Böschungen werden z. B. auf der Ostseite fast ganz durch das Dorf Berg vor Nideggen verdeckt, das seine Häuser auf einer Strecke von ca. 600 Meter Länge dicht unter den Wällen gleichsam in Deckung gehen läßt. Die Terassen-Abstufungen an der Süd- und Westseite sind zwar teilweise verpflügt, aber noch gut zu erkennen. Die früher vorhandenen abwehrenden Baumhecken auf den Böschungskanten fehlen bis auf geringe Reste. Sie sind abgeholzt und verheizt worden. Der Hügel wird in seiner ganzen, fast 1 Kilometer langen Breite in süd-nördlicher Richtung von der Alten Triererstraße (Eisenstraße) überquert.

Sie läuft beim Südtor der Burg ein, zeiht über den Scheitel beim Clemensstock und verläßt die Burg durch das Nordtor in Richtung Nideggen, das zwei Kilometer entfernt liegt. Andere besteinte Straßen aus der Richtung der Seitentore laufen plötzlich aus und enden scheinbar unvermittelt. Sie geben sich als Lagerstraßen in einem großen Lager und werden schließlich als Anfang und Ende des bis dahin unerklärbaren, oben geschilderten, ausgedehnten Wegesystems erkannt. Denn es ergibt sich die verblüffende Feststellung, daß jeder Weg sein eigenes Lagerfeld, sein eigenes Tor, und seine eigene Anmarschstraße von weit her hatte, so daß große Truppenkontingente ungehindert und ohne sich gegenseitig zu stören, reibungslos in die ihnen vorher zugewiesenen Lagerplätze einrücken und sie wieder verlassen konnten. Dieser Befund entsprach den Verhältnissen eines Großlagers wie sie Caesar brauchte, um seine Armee unterzubringen. Er entsprach auch den Beschreibungen, die Caesar vom Castellum ATUATUCA gab, uns so wurde das Kastellum Atuatuca von den Straßen und den Signallinien aus entdeckt.


2. Fortsetzung

3. Abschnitt

Das Kastellum Atuatuca liegt auf dem Clemensstock, Trigonometrischen Punkt 341,8 westlich des Dorfes „Berg vor Nideggen“, 40 Kilometer südwestlich von Köln am Rhein.

Als Etappenlager auf den Eifelhöhen war es älter und größer als das I. Römerlager in Köln.

Das CASTELLUM ATUATUCA war so groß, daß die Legion Ciceros nicht ausreichte, den Lagerwall ringsum zu besetzen, VI 35,9 und Caesar sich deshalb benötigt sah, ihm noch 200 Reiter ! als Lagerbesatzung abzutreten, mit dem ausdrücklichen Befehl, nur ja nicht das Lager zu verlassen. Da Cicero diesen Befehl mißachtete und es durch Aussendung der Fouragierer entblößte, kam es zum Angriff der Sugambrischen Reiter auf das geschwächte Lager und die Fouragierer, der mit einem Verlust von zwei Cohorten für die Römer endete. Der Ueberfall hätte den Lauf der Weltgeschichte ändern können, wenn er geglückt wäre. Im Lager befand sich der gesamte Tross von neun Legionen. Die Legionen selbst waren zu drei Heeresgruppen von je drei Legionen unterwegs, um das Land der Eburonen zu verwüsten und den flüchtigen König Ambiorix zu fangen.

Die Heeresgruppe des Titus Labienus operierte als Rhein-Armee im Raum zwischen Rhein und Erft, bis an die Grenzen des Menapierlandes, auf der Linie Bonn - Köln - Neuß - Krefeld, textgemäß Richtung Ocean. Die Heeresgruppe Gaius Trebonius ging als Maas-Armee in den Raum zwischen Rur und Maas: Aachen - Lüttich - Maastricht. (Tongern).

Caesar selbst verfolgte mit drei Legionen den mit wenigen Reitern geflüchteten Ambiorix im Raum zwischen Rur und Erft, durch die Ausläufer der Ardennen, sprich Dürener Stadtwald, b. zur Schwalm dem Fluß der in die Maas fließt. Vor Wegberg, zwischen Tüschenbroich-Geneicken-Dyckerhof ist sein Lager an seinem mächtigen Wall zwischen den Quellen der Schwalm unschwer wieder zu erkennen. Der Dyckerhof, ursprünglich eine Benefiziarierstation, ist der Stammhof der Familie Jackels. Die Entfernung von hier bis zum CASTELLUM ATUATUCA beträgt 50 Kilometer auf der alten Heerstraße Trier - Wegberg.

Die bei Caesar gegebene Landschaftsbeschreibung in Buch VI 34 paßt haargenau auf Tüschenbroich und das Schwalmtal, das kaum jemand kennt. Den Zweiflern sagt es Caesar in VI 35: „Die Kriegsereignisse waren auf alle Teile des Eburonenlandes beschränkt und auf 7 Tage befristet! Mit der Schelde dürfte des demnach endgültig aus sein.

Strategische Lage ATUATUCAS

2000 Jahre lang galt ATUATUCA als verschollen, ohne daß es sich deshalb verborgen hätte. Im Gegenteil: Das Castellum ist in der Tabula Itineraria Peutingeriana als Festung deutlich erkennbar abgebildet, aber von K. Miller in Itineraria Romana S. 77 als Bad gedeutet worden. So blieb denn die riesige keltische Wallburg bei den Römern, was sie auch vordem gewesen war: der beherrschende Punkt über der fruchtbaren Kölner Ebene, der Angelpunkt der Ardennenfront gegen den Rhein und gegen Germanien, die Drehscheibe der strategischen Operationen der Römer in Nordgallien und der Vorort der römischen Kaiserstadt Trier als Mittelpunkt des nordalpinen Imperismus für Gallien, Britannien, Germanien und Hispanien.

Die strategische Lage ATUATUCAS blieb der Ziel- und Startplatz vieler europäischer Heeresbewegungen, die durch die Entdeckung des Ortes in einem ganz neuen Licht erscheinen. Von den Cimbern und Teutonen, den Atuatucern, Eburonen und Römern geht die Geschichte weiter zu den Franken-Einfällen, zu Attila und Chlodwig, zu den Merovingern, Pippin und Karl dem Großen, die von hier zu den Friesen und Sachsen zogen.

Man sollte eine röm. Generalstabskarte nicht für eine „Reisekarte“ halten.

Nach der Sage pflanzte um 690 der schottische Benediktinermönch, St. Willibrordus auf dem Clemensstock seinen Stab in den Boden, dem daraufhin grüne Blätter entsprossen. Er war der Vertraute Pippins u. dürfte bei dieser Handlung nicht allein auf weiter Flur gestanden haben, als er mit Pippin zum Feldzug gegen die Friesen startete, deren Bischof in Utrecht er nachher wurde. Eine uralte riesige Linde auf dem Clemensstock blieb mit seinem Namen verknüpft. Sie beherrschte weiterhin das Land bis hinunter nach Köln. Am Tage der Invasion der Amerikaner brach sie vor Alter zusammen. Das Anhalten der Invasionsarmee vor dem Rurgraben und vor ATUATUCA ermöglichte den Russen die Eroberung Berlins und wurde zum Schicksal Deutschlands. An Stelle der alten Linde wurden drei junge Linden gepflanzt und davor eine kleine Kapelle erbaut. Eine Holzplastik zeigt den Heiligen, der mit der Hand auf die dem St. Clemens geweihte Dorfkirche weist.

So blieb es auch in der Zeit der Jülicher Herzöge und der preußischen Regierung. Um 1190 wurde Nideggen von Wilhelm II. von Jülich zur Festung ausgebaut. Der im Bereich der Nordtores von ATUATUCA gelegene Kuverner Hof stellte als Vorort von Nideggen den Mundschenk des Herzoges und Markgrafen. Der Kuvener Hof war der Stammsitz der Familie Züll, die die Stamm-Mütter der Familien Herhahn, Schätz, Krantz, Neissen und Gilles stellte. Im Familienbesitz befindet sich eine beim Hof gefundene Broncemünze mit dem römischen Kaiser Marc Aurel.

Im Kaisermanöver in der Eifel 1911 (?) hielt Feldmarschall Hindenburg in Gegenwart des Kaisers Wilhelm II. auf dem Clemensstock die Manöverkritik. Dabei erklärte er seinen Offizieren die Lage, die strategische Bedeutung des Ortes und die Deutung des Namens „Bade“ - Kampf.

Die Flur „In der Bade“ liegt im Badewald 1 Kilometer vor dem Südtor von Atuatuca und findet sich als amtliche Katasterbezeichnung in alten Karten. Im Badewald berichtet die Sage von einer grossen Stadt, die in einem großen Krieg untergegangen sei. Damit dürfte die Zerstörung der Oppidum der Atuatucer durch Caesar II 29 gemeint sein. Das Ereignis liegt zwar 2000 Jahre zurück, hat aber hier so viele Spuren hinterlassen, daß der pflügende Bauer jeden Bodenfund damit zusammen bringen möchte. Auch die Schlacht zwischen Wilhelm IV. von Jülich und dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden 1242 soll in Badua stattgefunden haben. Bekanntlich lag der Erzbischof neuen Monat lang in Nideggen im Kerker.

Nideggen das OPPIDUM ATUATUCORUM

Nach dem Caesartext II 29 lag das Oppidum auf einem hohen Berg ringsum von hohen Steilhängen umgeben und von hohen Steilhängen umgeben und von der Natur hervorragend geschützt. Diese Beschreibung paßt genau auf den Burgfelsen von Nideggen, und zwar so, wie es sich dem Kundschafter von Westen her bietet. Der 60 Meter breite Zugang entspricht dem üblichen Festungs-Intervallum und liegt zugänglich nur auf einer Seite, vor dem heutigen Zülpicher Tor. Die Doppelmauer steht gestaffelt bis zum Nittor (= Nyckstor ?). Die Startbahn für den Mauerbrecher liegt im Zuge der heutigen Hindenburgstraße, die hierfür besonders hergerichtet wurde. Der Bauplatz der Ramme lag bei der Kapelle, 200 Meter vor dem Zülpicher Tor.

Nach Unterbrechung der Wasserversorgung aus dem anliegenden Aet-Maar war die Festung praktisch sturmreif. Sie erstreckte sich über das heutige Stadtgebiet hinaus zum Brandenburger- und umfaßte letzten Endes wohl auch den Raum vor dem Dürener Tor, der in alten Urkunden als Altwerk bezeichnet wird. Dieses Gelände würde auch die hohe Gefangenenzahl von 53000 Mann mitfassen können, die Prof. Reiner Müller bei seinen Forschungen in Nideggen selbst begreiflicherweise nicht unterbringen konnte. Der Ausfall war gegen den Clemensstock gerichtet, dorthin, wo der Aufstieg zu seinen Befestigungen „am wenigsten steil“ erschien, und das ist unverkennbar die Gegend an der Berger Landstraße beim Hubertus Häuschen. Die Feuersignale, die Caesar daraufhin zu den „crebisque castellis circummuniti oppido“ vom Berger Turm aus geben ließ, beweisen die Vielzahl von Lagern rund um das eingeschlossene Nideggen.

Die Beute, die Caesar in der eroberten Stadt machte, hat er nur beiläufig mit einem Wort erwähnt. Ihren bleibenden Wiederhall dürfte sie in der Rheingoldsage gefunden haben. Der goldene Becher von Fritzdorf wird ein verschlepptes Stück davon gewesen sein.

Die 53000 Gefangenen wurden in die Sklaverei verkauft. Sie werden ihren Weg über Marseille nach Nordafrika gegangen sein, wo man ihre Nachfahren noch heute feststellen zu können glaubt.

Man kann annehmen, daß Caesar die Stadt nach der Eroberung zerstörte und ihre Befestigungen schleifte. Vieles spricht dafür, daß Wilhelm von Jülich auf den alten Fundamenten wiederaufbaute, die in den Stadtmauern sicher nachzuweisen sind. Die Konstruktion der zur Burg hinziehenden Südmauer erinnert an eine auf Bogen geführte ehemalige Wasserleitung, deren Zwischenräume einfach vermauert wurden. Der Befund ist es wert, daß sich die Fachleute einmal damit befassen. Die Caesarische Zerstörung der Stadt macht es verständlich, daß Nideggen trotz seines uralten Namens von 57 vor Chr. bis 1177 n. Chr. in der Geschichte nicht mehr erwähnt wird.

I. Auftritt Caesars in Köln

Durch die Entdeckung des Oppidum Atuatucorum - Nideggen und des Castellum Atuatuca auf dem Clemensstock vor Nideggen wird es deutlich, daß Caesar schon im Jahre 57 v. Chr. in Köln am Rheinufer erschienen sein wird, um für seine weitgesteckten Ziele nach einem geeigneten Rheinübergang Ausschau zu halten.

Von Nideggen nach Köln

Die Straße, auf der er Köln erreichte, war wohl die kürzeste Verbindung zwischen Lindesina - Atuatuca - Minerica und Agrippina, so wie sie in der Peutinger Karte, Caesars Generalstabskarte, eingetragen steht. Nach dem Kartenbild verläßt diese Fernstraße Agripina durch das Westtor. Die Messung beginnt am Marsilstein. Die Wortsilbe „stein“ bezieht sich demnach auf den Leugenstein, den Vermessungsnullpunkt der Caesarstraße über Nideggen nach Reims bzw. zum Hohen Venn. Minerica und Lindesina sind Truppenlager an dieser Straße.

Von Zülpich nach Köln

Die erst 19 Jahre später, anno 38 v. Chr. unter Agrippa ausgebaute Fernstraße Köln - Reims über Zülpich liefert den Schlüssel zur Topographie des römischen Köln. Von ihr ist der Leugenstein I bekannt, der Ecke Luxemburger- und Greinstraße gefunden wurde. Der Vermessungs-Nullpunkt dieser Straße lag demnach wohl im Zuge der Bäche am Waidmarkt vor der Porta Jovis, der Hohen Pforte, dem Südtor, bei der Abzweigung von der Köln-Bonnerstraße. Außer der Porta Jovis hatten noch drei andere Tore direkte Verbindung mit der Straße nach Zülpich: die Griechenpforte, das Tor an der Clemensstraße und das Westtor. Das war eine militärische Notwendigkeit, die sich aus den Lagerstraßen und der Lagereinteilung entwickeln und erkennen läßt.

Die Jupitertempel

Vom Tor an der Clemensstraße geht eine Lagerstraße im Zuge der Sternengasse bis zur Kreuzung Hohe Straße - Hohe Pforte in Richtung auf den Hügel I der Kölner Rheinfront. Hier lag der Jupitertempel. Auf seinen Fundamenten wurde St. Maria im Kapitol errichtet. Es bestand eine direkte Straßenverbindung zwischen dem Jupitertempel in Köln und dem Cinerarium auf dem Mühlenberg in Zülpich und dessen Jupitertempel. Die gerade Trasse dieser Straße ist bekannt. Sie diente zudem nicht nur strategischen Zwecken, sondern auch der Anfuhr von Kalksteinmaterial aus der Voreifel zur Bereitung des Mörtels für die Kölner Kunstbauten, insbesondere der Stadtmauer.

Die Römerstraße von Tolbiaco nach Agrippina verlief also innerhalb der Tore praktisch in den Lagerstraßen der beiden Legionslager. Ihre gerade Linienführung ging durch das Tor der Clemensstraße und endete anfangs bis zur Zeit der Lager-Erweiterung wohl in der Gegend des ersten Westtores am Neumarkt. Die Luftlinie der Straßenstraße aber ging über den höchsten Punkt von Köln. Auf der Burgmauer und über diesen hinweg aus der Römerstadt in die nördlich davon gelegene Ubierstadt im Bereich des Eigelsteins, und weiter im Zuge der Riehlerstraße bei Riehl zum Ufer des Rheines, wo gegenüber Mülheim von Alters her die günstige Stromüberquerung möglich und benutzt worden war.

Diesen Übergang wird auch die zu den Sugambrern geflohene Reiterei der an der Rurmündung anno 55 v. Chr. von Caesar restlos dezimierten Usipeter und Tencterer und kurz darauf die hiermit wohl identischen 2000 Sugambrischen Reiter benutzt haben, die zum Angriff auf ATUATUCA vorgingen. Diese Kriegshandlung wird damit logisch und verständlicher, als Caesar sie in seinem Text darzustellen beliebt.

Die drei Kölner Hügel

Östlich der Kreuzung der Luftlinie mit der Burgmauer liegt der Domhügel mit St. Maria ad Gradus, dem fränkischen und dem heutigen gotischen Dom: der mittlere der drei Hügel des Kölner Stadt-Panoramas. Der Domhügel und der Hügel St. Maria im Kapitol waren in den römischen Lagerbereich einbezogen und das Ganze mit starken Mauern umgeben. Der dritte Hügel, St. Kunibert, lag nördlich „extra muroa“, außerhalb des Römerlagers in der Ubierstadt im Bereich des Eigelsteins.

Die Ubierstadt

Man sollte sich von dem Gedanken frei machen, daß die vorsichtigen Römer die Germanen in ihren eigenen Lager oder gar auf den Rheininseln stromwärts vor demselben angesiedelt hätten. Die Ubier hatten ihre eigenen Lager im Norden und Süden der Römerstadt und durften tagsüber in den Lagerwerkstätten der Römer tätig sein. Hierfür diente das Tor an der Burgmauer, in deren Bereich nach v. Veith die Werkstätten lagen. Auch die Lage des Amphitheaters an der Burgmauer war in jeder Beziehung für beide Teile glücklich gewählt.

St. Kunibert

Die Luftlinie berührt sodann im Eigelsteingebiet das heutige Kloster der Ursulinen und den dritten Hügel, die Immunität des Stiftes St. Kunibert. Der Ort hat bisher zu wenig Beachtung gefunden. Hier wird er nun, von der Landseite aus gesehen, interessant.
Die heutige Basilika St. Kunibert steht an der Stelle einer älteren St. Clemenskirche. Ihr Patronat war das des Papstes St. Clemens, des Namenspatrons des Hl. Willibrordus, dem die Gründung zugeschrieben wird. St. Willibrordus war der Missionar der Eifel, des Kölner Raumes, der Niederlande und der Friesen vor 700. Eine gerade Linie zieht von seinem Wohnsitz in Berg bei Floisdorf über Zülpich durch das Tor an der Clemensstraße in Köln zur Clemenskirche - St. Kunibert in die Ubierstadt beim Eigelstein zum Rhein und weiter über die Clemenskirche in Köln-Mülheim nach Utrecht. Hier wurde der erfolgreiche Bekehrer anno 703 von Pipin als Bischof eingesetzt.

Seine Hauptaufgabe sah Willibrordus, der selbst vom Papst den Namen Clemens erhielt, in der Christianisierung der damals noch aktiven heidnischen Kultorte. Ausgrabungen unter St. Kunibert haben den Beweis erbracht, daß sich auch hier eine alte Kultstätte mit einer Taufanlage und einem Brunnen befand. Auch die Topographie des Hügels spricht für einen alten Kultplatz. Der Ort liegt hoch und beherrschend am Ufer des Rheines mit breiter Uebersicht über das Flachland und das jenseitige Germanien. Er ist der Exponent des Eigenstein-Viertels und der erhabene Punkt der hier angenommenen Ubierstadt.

Die Ara Ubiorum

Als Hilfstruppen der Römer werden die Ubier nicht in dem durch Mauern gesicherten Römerlager, sondern an der Hauptgefahrenstelle nördlich desselben angesetzt worden sein. Das bedingte die strategische Lage, die Furcht vor der Rückkehr des geflüchteten Ambiorix, die Sicherung des Rheinüberganges bei Riehl und die Möglichkeit von Angriffen von Seiten der Sugambrerer, der Menapier, der Bataver und der Franken, die dann auch prompt erfolgten.

[...]
Nid = Neid , = Hass, - wie bei Nideggen. Die Ubier waren nun mal die bestgehaßten Germanen.
Die Ubier besaßen ihr eigenes Lager mit Wall und Graben. Sie hatten ihren eigenen Hafen, Gerichtsstätte und Kultstätte. Die Ara Ubiorum lag bekanntlich in der Ubierstadt und zwar auf dem wichtigsten Punkt am Rhein und am Hafen.

So besteht Grund genug den bisher nicht mit Sicherheit lokalisierten berühmten Altar der Ubier, die Ara Ubiorum, an der Stelle der ehemaligen Clemenskirche in der Immunität der heutigen St. Kunibertskirche anzunehmen. Nach einer alten Urkunde soll zudem der alte Dom nördlich „extra muros“ des eigentlichen Römerlagers gelegen haben.

St. Willibrordus und die Ara Ubiorum

Nach der alten Ueberlieferung diente die Ara Ubiorum noch den heidnischen Franken als Kultstätte. Als Vorläufer des Hl. Bonifatius kam der schottische Benediktinermönch St. Willibrord nach Echternach unweit der Kaiserstadt Trier, gründete die Abtei Echternach und begann von dieser Basis aus das Rheinland zu christianisieren. Als Vertrauter Pipins und als Beichtvater der Plektrudis, die in der fränkischen Hofburg Vlattena-Vlatten residierten, erhielt er die Besitzungen Berg bei Floisdorf für eine Klostergründung zum Geschenk. Berg ist eine Etappe auf seinem Bekehrungsweg zur Ara Ubiorum in Köln.

Er folgte den Spuren der Römer. Sein Weg führte in gerader Richtung nach Köln zum Ziel: zum Altar der Ubier, dem heutigen St. Kunibert.

Vieles spricht dafür, daß sich in der Ubierstadt außerdem von alters her eine christliche Gemeinde gebildet hatte, denn was sonst hätte nach der Legende die Hl. Ursula veranlaßt haben sollen, im Hafen der Ubierstadt zu landen, wo sie den Attila-Horden in die Hände fiel, um in einem mörderischen Massaker bei St. Ursula hingerichtet zu werden.

Der Kölner Dom

Aus den alten Ueberlieferungen von den ersten Anfängen des Christentums im römischen Köln, aus der Tragödie der Hl. Ursula, und aus der erfolgreichen Tätigkeit des Hl. Willibrordus kann man den Schluß ziehen, daß sich auch in der Ubierstadt beim Eigelstein, vor dem Nordtor des Römerlagers, der Porta Pavia, eine frühe christliche Gemeinde gebildet haben muß, deren Lage wahrscheinlich mit einer der mittelalterlichen Kloster-Immunität unweit nördlich des heutigen Domes zusammen fiel. Von hier bis zum Domhügel war nur ein kurzer Weg. Die Erbauung des ersten fränkischen Domes innerhalb des Römermauer und auf dem mittleren der drei Hügel der Kölner Rheinfront bedeute einen zweifachen Triumpf. Das Christentum hatte das Heidentum und die römische Äera überwunden. Albertus Magnus ging den gleichen Weg. Er wirkte im Dominikanerkloster vor dem Nordtor und gilt als der geistige Vater des gotischen Dombaues. Auch hier kam die Dombau-Idee und die Wahl des Bauplatzes aus dem nördlichen Stadtbezirk und der erste Dombaumeister Gerhardus stammte von Riehl.
So wird es deutlich, daß man bei Grabungen auf dem Domhügel in dieser exponierten Ecke der Römerstadt außer der Stadtmauer wohl kaum römische Baureste von Bedeutung finden wird.

(3. Fortsetzung)
Das CASTELLUM ATUATUCA auf dem Clemensstock

Nach W. Kaspers bedeute der Name At-vatuc-a - Ort an der kleinen Furt. Damit wird eine Rur-Furt gemeint sein, die sowohl vom Felsmassiv Nideggen als auch vom Mittelberg über Abenden von höchster Warte aus weit übersichtlich kontrolliert wird. Ein Anklang an den Namen ATUATUCA findet sich noch im Watlingsgraben. Er beginnt im Castullum, östlich des Clemensstockes, führt im Dorf Berg durch einen Sumpf „Im Pesch“ und mündet in den Neffelbach unterhalb der Rentmühle.

Den besten Ueberblick über das Castellum Atuatuca auf dem Clemensstock bekommt man von der Böschung des Berger Wasserbehälters, den man vor der Kirche aus erreichen kann. Die Aussicht ist hier ebenso lohnend wie der nachhaltige Eindruck, den die Gegend beim Beschauer hinterläßt. Der Horizont wird begrenzt von der weiten Ebene der fruchtbaren Kölner Bucht auf der einen, und den waldbedeckten Gipfeln der Ardennen auf der anderen Seite.

Das Lager läßt sich in seiner ganzen Größe vollständig überblicken. Auf höchster Ebene gelegen, ist es von keinem Punkt her einzusehen. Man kann die strategische Bedeutung des Ortes voll erfassen, die Uebereinstimmung der näheren und ferneren Umgebung mit dem Caesartext nachweisen und die einzelnen Kriegshandlungen genau rekonstruieren.

Die Lage im einzelnen

Man kann die Ereignisse des Jahres 57 v. Chr., die Eroberung des Oppidum Atuatucorum, der Stadt Nideggen, die des Jahres 54 im Winterlager und die Vernichtung der 15 Cohorten des Cotta und Sabinus, und die des Jahres 53 im Legionenlager des Cicero und den Ueberfall der Sugambrischen Reiter textsicher nacherleben.

Vor der Porta prätoria im Norden liegt die Stadt Nideggen, das Oppidum Atuatucorum, mauerbewehrt, mit dem Aetmaar, dem Altwerk und dem Klotzacker in einer Entfernung von kaum zwei Kilometer. II. 29. Wie ein lang gestrecktes Band zieht die Triererstraße über diesen hinweg.

Lange Geraden ziehen auch nach Westen über die Bergrücken zu den Stielhängen an der Rur, von wo eine Angriffsmöglichkeit nicht gegeben ist.

Vor der Porta principalis dextra im Osten, über die „Gracht“ hinaus, liegen die erwähnten Felder, „in proximas segetes“ in Richtung Thuir-Thum. Hier heißt heute noch eine Flur „Im segget“ und „In der Sittard.“ An der „Coll-Straße“ liegt der „uno omnino collis, weiter entfernt (tanto) das Tonte-Maar, die Quelle des Tonte-Baches, dessen Name wohl auch lateinisches Sprachgut sein dürfte. Die Komm-straße führt von der Kirche her durch ein eigenes Tor ins Lager. (Verpflegungszufuhr).

Keine Befestigungen

Die Vernichtung der Fouragierer kann auf dem Lanzenberg angenommen werden. Hier, in der Sittard, auf dem Lausberg und in der Bade wurden beim Roden und Pflügen und 1956 bei Arbeiten in der Kirchstraße zu Berg im ehemaligen Sumpf „Im Pesch“ auffallend viele kleine Hufeisen gefunden.

Im Lager selbst gibt es alte Flurnamen wie Eisenstraße, Im Park, Im Diet, Am Säumchen, Foul Feld, Cavenacker, Cuvener Feld, Ross-Maar und Bärbere-Maar. Das Lagerinnere ist eine wahre Fundgrube für Scherbensucher, Schoop hat hier auf Grund der Scherben- und Dachziegelfunde 1899 sechs Wüstungen in seiner Siedlungskarte als Reste römischer Siedlungen bezeichnet, obgleich deren auffallend breite Streuung die Lagereinteilung und ihre Gruppierung die Lage des Prätoriums beim Clemensstock verrät. Er erwähnt ausdrücklich keine Befestigungen gefunden zu haben, was angesichts der enormen Größe des Lagers verständlich wird.

Bei römischen Bodenfunden an Fernstraßen sollte man grundsätzlich zuerst rein militärische Erwägungen anstellen, denn die Römer kamen mit dem Schwert, nicht mit dem Pflug! Sie bauten mit Vorrang Straßen- und Signalstationen, Vorratshäuser und Truppenunterkünfte. Die Dachziegelfabrikation war Monopol der Legionen und kam in ATUATUCA erst später zur Anwendung. An der Triererstraße gab es wie an allen Fernstraßen Benefiziarierstationen in regelmäßigen Abständen, vom Haus Kirchbaum bis zum Haus Walbig. Man kann sie nach der Karte mühelos wiederfinden.

Der Angriff der Sugambrischen Reiter kam textgemäß von der Waldseite aus der Bade gegen die Porta Decumana im Süden. Hier liegen die Scherbenfelder im Lagerinnern dicht neben der Eisenstraße und verraten die ehemaligen Provianthäuser. Eine kleine platzartige Erweiterung dicht vor dem Tor entspricht dem Standplatz der Marketender, die keine Zeit mehr fanden, vor den anstürmenden Sugambrerern ins Lager zu flüchten. Heute steht hier ein Holzkreuz zum Andenken an den beim Sandstechen tödlich verunglückten Berger, Heinrich Stolz.

Ein erstaunliche Länge hat die Ostfront des Castellums. Sie zieht in einem riesigen Bogen mit einem Radius von ca. 700 Metern am Dorf Berg entlang und mißt vom Bärs-Kreuz im Süden bis zum Hubertus-Heiligen Häuschen im Norden fast zwei ! Kilometer. Die Lagerböschungen auf dieser Strecke haben dem Gelände entsprechend wechselnde Höhen von zwei, drei und in der Gracht bis zu zehn Metern. Die ursprüngliche Bebaumung muß man sich dazu denken. Sie ist nur noch in Resten andeutungsweise vorhanden.

Mitten vor der Ostfront steht die Berger Dorfkirche weithin in der Runde sichtbar, wie eine Trutzburg auf eigenen ringsum befestigten Hügel, die Signalstation des Castellums Atuatuca, um die sich das Dorf entwickelte.


(4. Fortsetzung)
Die Cimbern und Teutonen

Dicht bei der Berger Kirche im Bereich ihrer Befestigungen liegt eine der berühmten Wohngruben, wie sie auch im Lager selbst und im Badewald in Mengen anzutreffen sind. Man findet sie an allen strategisch interessanten Stellen der Umgebung, so am Lausberg (Lauerberg) auf der Pingheide vor der Wollersheimer Kirche und dicht bei der Kirche von Eicks. Aber auch an den Straßenkreuzungen und vor Köln, bei Wegberg und bei Weißenturm (vergl. Clemen, Denkmäler der Rheinprovinz, Koblenz) und im Ausgrabungsbereich des La Tene-Dorfes von Müddersheim. Viele haben Namen, die in den Karten eingezeichnet sind. Manche sind mit Ton ausgekleidet und führen ständig Wasser. Die Mauern nennen sie Maare. Die Maare sind kreisrund und ziemlich flach. Die Gruben sind ausgesprochen an trockenen Abhängen meist nach Süden angelegt, hausgroß, bis zu drei bis vier Meter tief und mit Zufahrten versehen. Sie sind ohne Rücksicht auf die Bodenbeschaffenheit angelegt und haben offensichtlich strategisch günstige Position an alten Straßen und solche mit beherrschendem Weitblick. Pohl weist sie den Cimbern und Teutonen zu. Diese Theorie findet eine Stütze bei Caesar II 29 wonach die Cimbern und Teutonen diese Gegend nach langen Kämpfen zu ihrer Heimat erwählten. Die Cimbern und Teutonen hatten zu Beginn ihrer Europazüge 113 v. Chr. hier, „diesseits des Rheines“ ihren Tross, also auch Karren, und 6000 Mann zurückgelassen, um später an den römischen Reichsgrenzen zurückgeschlagen, mit den Resten ihrer Völker nach ATUATUCA zurück zu finden, das Land bis über die Maas hin zu erkämpfen und dessen Ureinwohner, u. a. die Eburonen, tributpflichtig zu machen. V 27.


Die Hauptstadt der Atuatucer
Atvaca (Tongrorum) der Peutinger Karte, westlich der Maas, kann man unter diesem Gesichtspunkte als Hauptstadt der Atuatucer auffassen. Hier dürften die Grenznachbarn des Ambiorix gewohnt haben, jene Atuatucer, die er siegestrunken mit seiner Reiterei aufsuchte, um sie von der Vernichtung des Cotta und Sabinus zu unterrichten und sie gegen Cicero aufzuwiegeln. V 38. Ambiorix ritt also von Abenden nach Tongeren voraus und ließ sein siegreiches Heer nachkommen.

Die Bedeutung von Tongeren wird durch den gewichtigen Tongrischen Leugen-Anzeiger unterstrichen, der vor dem Tor nach St. Truiden gefunden wurde. Die ehemals vergoldete Großaufschrift: „ITEM A CASTELLO, ITEM A R(OMA)“ bezeichnet den Stein als Duplikat. (J. Hagen, Römerstraßen der Rheinprovinz, Abb. S. X. und Tafel I). Das Original befindet sich im Museum zu Brüssel. Auf dem Stein werden die Beziehungen der drei Positionen auf einen Nenner gebracht.

Der Standort des zweiten Leugen-Anzeigers „A. CASTELLO“ muß von der Porta prätoria des CASTELLUMS ATUATUCA an der Stelle der heutigen Kapelle vor dem Zülpicher Tor von Nideggen, am Straßenkreuz der Alten Konzerner- Ginnicker Straße nach Köln angenommen werden. Nicht nur die auffällige Achteckform des Chors, sondern auch die Aufsätze der leider kürzlich verputzten beiden Opfernischen in den Kapellenwänden weisen auf die besondere topographische Bedeutung des Ortes hin. Kirchen, Kapelle, Hochkreuze und die Straßenkreuze der Umgebung stehen nach vorgenommenen Messungen in Leugen-Abständen mit ihm in Verbindung. Eine heute noch gebrauchte Flurbezeichnung „Am weißen Stein“ paßt in diese Berechnung. Der dritte Straßenanzeiger „A. R(OMA)“ dürfte wohl mit dem berühmten goldenen Meilen-Anzeiger in Rom identisch sein.


4. Abschnitt

Das Drama im Badewald

Nach den Ereignissen der Vorgeschichte, den Cimbern- und Teutonen-Einfällen, ist es weiter nicht verwunderlich, daß Caesar ihren Nachkommen, den Atuatucern, gram war und danach trachtete, sie endgültig zu vernichten. In Rom wurde er deshalb nach jedem Sieg als Held gefeiert und mit besonderen Ehren überhäuft.

Daß es zwischenzeitlich zu einem katastrophalen Rückschlag kam, war in der Rechnung nicht vorgesehen. Caesar verlor anno 54 mit einem Schlag zwei Feldherren und ein und eine halbe Legion, die im Castellum ATUATUCA überwintern wollten.
Wie es dazu kam, ist im Text in mehreren Kapiteln ausführlich beschrieben. V 26-36. Wo es geschah, hat der vorsichtige Stratege hier nur durch die Geländebeschreibung deutlich gemacht, um erst später in Buch VI 32, 35, den Namen des CASTELLUMS ATUATUCA und seine Lage in der Mitte des Eburonenlandes genau zu bestimmen. ATUATUCA aber war mit der Vernichtung der Eburonen restlos verschollen und von Caesar selbst ausgelöscht worden.

So blieb es den geländekundigen und textgewandten Heimatforschern vorbehalten, das 2000 Jahre alte Geheimnis zu ergründen und den dunklen Schleier vor der Geschichte zu lüften.

Der letzte Weg der 15 Cohorten unter Cotta und Sabinus ging augenscheinlich und geländemäßig durch die Porta prätoria zur „magna convallis“, die Pohl wohl mit Recht im Rurtal bei Abenden erblickt. Er führte von der Porta Prätoria im Bogen abwärts durch das Abender, auch Holliger Tal genannt, nördlich vorbei an Abenden durch die Rurfurt zur ehemaligen Straßenstation Hollig, um von hier über den Goldberg hinauf im Zuge der Alten Konzener-Straße über das Hohe Venn, das Lager des Cicero in Belgien zu erreichen. Bis zur Straßenstation Hollig beträgt die Wegstrecke genau drei Kilometer, wie bei Caesar angegeben und wegen der lang ausgezogenen Marschkolonne von ihm gerügt. V. 31. Die Konzernerstraße bezwingt den Goldberg mit drei Einbahn-Pisten, die in die Felsen gelegt, keine Ausweichen haben, aber durch Hinterhalte gesichert sind.

Das Gelände im Tal von Abenden vor dem Aufstieg zu Goldberg, das Rurtal und die Waldungen des Kuhlenbuschs auf der einen und die Luppenau auf der anderen Seite entspricht den Textschilderungen für die beiden Hinterhalte, für die zweiseitigen Angriffe und den Schlachtort im Besonderen. Der Angriff erstreckte sich über die ganze Wegstrecke bis zum Lager zurück, wo der Adlerträger Lucius Petrosidius kämpfend und sterbend den Legionsadler über den Lagerwall warf.

Die Schlacht dauerte von Tagesanbruch bis zwei Uhr Mittags und endete mit der restlosen Vernichtung der Römer.
Hinweisende Flurnamen in Abenden: Alberg, In der Häsch, Häschebenden, Foul Feld, Hölliger Tal, Eulenloch, Ehlendsweg, Driesch (unbebautets Land-Friedhof) Goldberg und Hollig, wo Schoop eine römische Wüstung festgestellt hat. Beim Bühl kann man den Feldherrenhügel des Ambiorix vermuten. Aus dem Wingert könnten die Weintraubenembleme des Trogus-Denkmales herrühren.

Die Vernichtung der 15 Cohorten (ca. 10000 Mann) und ihrer Führer war für Caesar der härteste Schlag im ganzen gallischen Krieg. Nach Sueton, Caes. 67, bewies er seine Trauer dadurch, daß er bis zur Rachenahme schwarze Kleider trug und sich nicht mehr rasierte. Sein Hass gegen Ambiorix war furchtbar und er ließt ihn in der Folge die ganze Schwere seines Zornes fühlen. Er hob sofort drei neue Legionen in Oberitalien aus, mit denen er im Jahre 53 an der Ort der Handlung gelangte, um zunächst wohl die Totenehrungen vorzunehmen. Nach dem aus der Varusschlacht bekanntgewordenen Beispiel war es Sitte bei den Germanen, die feindlichen Führer den Göttern zu opfern und ihren Körper und Waffen an die Bäume zu hängen.

Der gegebene Ort für ein Totenmal war die Höhe 320 „Auf dem Hostert“ beim Kreuzungspunkt der Alten Trierer- mit der Alten Konzenerstraße auf der Rur-Rhein-Maas-Wasserscheide. Auf diesem exponierten Punkt am Saum des Rurtales wurden 1951 vom Verfasser Reste eines römischen Bauwerkes festgestellt und gemeldet. Sie wurden 1954 beim Roden der Parzelle von der Rodehexe freigelegt und vom Bonner Landesmuseum ausgegraben.

Ueber ihre Deutung soll das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Wenn man annimmt, daß hier „Auf dem Hostert“-Opferhain zuerst Caesar und nach ihm später der römische Staat Weihestätten errichteten, dürften auch die Fundstücke erster und zweiter Verwendung zu erklären sein.

Bei der Kreuzung Trierer - Konzernerstraße muß angesichts der zwei Kilometer langen erheblichen Steigung aus dem „Rosstal“ eine Straßenstation angenommen werden. Sie wurde 1951 folgerichtig vom Verfasser hier auf der „Schmidteranke“ gefunden und vom Bonner Landesmuseum freigelegt. Hier bietet sich die Deutung einer Benefiziarierstation um so mehr an, als neben dem Wohnhaus das Gasthaus und ein Horreum erkannt werden kann und der Schmidter Rand genau unter dem Luftkreuz Schmidt - Wollersheim und Clemensstock - Rödelsberg liegt. Zudem kann man den hier einlaufenden Frontalsweg sehr gut mit der Getreideabgabepflicht aus dem Unterland an das Horreum erklären, und braucht hier nicht nach Ackerland Umschau zu halten.



Das Grabmal der 11000

Eine Haupt-Weihestätte befand sich an der Staats-Straße Köln - Reims am großen Straßenkreuz in Zülpich. Vor dem Münstertor in Nideggen (* Edtionsanmerkung: Zülpich!) wurden römische Fundamente und Architraven gefunden, die einem bedeutenden Göttertempel angehört haben dürften. (Tempelstraße). Man fand dort Statuen und Altäre von Jupiter, Juno, Mars, Vulkan und einem guten Dutzend anderer Gottheiten, die zu der Annahme berechtigen, daß der Zusatz „sup“ hinter Tolbiaco vicus im Itinerarium Antonini in Wirklichkeit „superorum“ (scilicet deroum) bedeutet und nichts mit einem Volksstamm zu tun hat. Zülpich war also ein Marktort mit einem bedeutenden Göttertempel. (Vgl. P. Heusgen, Geschichte des Dekanates Zülpich, 1958 S. 485).
Hier wurden außerdem eine Anzahl römischer Grabsteine von Militär-Verwaltungs- und Civilpersonen gefunden, die neben Architraven zum Teil bedeutenden Formats im Probstei-Museum und dem damit verbundenen Römerbad verwahrt werden.
Beim Bau einer neuen Kirche wurde kürzlich der Torso eines Römers in Zivilkleidung gefunden, der als Teil eines Grabmals etwa 120x70x30 cm groß nur das Mittelstück einer lebensgroßen Figur darstellt. An beiden Seiten von Putten mit Weintrauben flankiert, weist die Gestalt mit dem rechten Zeigefinger in eine aufgeschlagenes Buch in seiner Linken, wie ein Beweisführer oder Ankläger, oder um sich als Civilist auszuweisen, denn er wird von hinten mit einer Lanze bedroht, die ein Germane mit einem Rundschild gegen ihn schleudert.

Man kann in dem so Dargestellten den Geheimschreiber Caesar TROGUS erkennen, der nach Pohl seit der Schlacht im Badewald in der Geschichte nicht mehr erwähnt wird. Die Skulptur wurde beim Neubau der Kirche als Eckstein verwendet und dürfte hier bald verwittern.

Ein weiterer beweiskräftiger Fund ist ein ca. 70X40x30 großes Fragment aus weißem Kalkstein mit d. Rest eines vierzeiligen Schriftbandes einer Tabula ansata, das im Römerbad vermauert ist.

(5. Fortsetzung)
Da zwei der vier Zeilen auf IDI enden, dürfte es sich einwandfrei um ISIDI, die Walküren der Gefallenen im Allgemeinen handeln, denn der Stein muß seiner ursprünglichen Größe nach von einem bedeutenden Bauwerk stammen. Zu diesen Größenverhältnissen passen hier noch andere Funde. Viel Kleinfunde und die Bezeichnung des Straßenkreuzes in Zülpich „An der Kinat“ (Cinis - Asche) weisen darauf hin, daß hier das Cinerarium der im Badewald umgekommenen Legion zu suchen ist. Nach den Fundstellen dürfte sie den Franken zugeschriebene Taufkapelle Chlodwigs mit dem hier gesuchten Cierarium identisch sein.

Da 11000 Gefallene 11000 Walküren benötigen, um in Walhalla einzuziehen, wären die 11000 Kölner Jungfrauen als römische Walküren erheblich älter und geschichtlich glaubwürdiger erklärt, als die weniger überzeugenden 11000 Begleiterinnen der Hl. Ursula.

Der König Ambiorix

Bei der Auslegung des Caesartextes empfiehlt es sich, den wechselnden Standpunkt des Berichterstatters zu berücksichtigen:
Buch II ist zuerst von Oberitalien und Südgallien aus, dann von Maubeuge, und ab Kapitel 29 vom Castellum ATUATUCA aus geschrieben. Buch V ist zunächst von Amiens aus und später vom Castellum ATUATUCA aus verfaßt. Buch VI berichtet zuerst aus Mailand, dann aus Paris und weiter aus der Gegend von Andernach, soweit es die planmäßige Einkreisung des Ambiorix und des Eburonenlandes vorbereitet. Die Schilderung des Rachefeldzuges gegen Ambiorix geht sodann von Andernach über das Lager ATUATUCA zum Lager TÜSCHENBROICH, an die Quellen der Schwalm, und befaßt sich hier ausführlich mit der ergebnislosen Verfolgung des Eburonenkönigs, bevor die zweite Vernichtungswelle gegen sein Land von ATUATUCA aus in Scene gesetzt wird.

So wird es auch textlich klar, daß Ambiorix seinen Hof bei ATUATUCA und seinen Kriegstross, Karren und Pferde „circum se“ im Castellum ATUATUCA gehabt haben wird. Das wäre dann für Caesar der Hauptgrund gewesen, den gesamten Tross seiner neuen Legion nun auch seinerseits dorthin zu disponieren um die eigenen Ausfälle durch den soeben beendeten Suebenkrieg mit der eroberten Beute auszugleichen.

Das Aedificium des Königs befand sich also in der Nähe des Lagers beim Wasser und war vom Wald umgeben, der ihm die Flucht ermöglichte. Das paßt auf die Gegend von Thuir, einen Kilometer östlich der Porta principalis dextra. In Thuir hat eine alte Hofanlage und später eine Burg gestanden. Römische und fränkische Gräber und Siedlungsspuren sind bedeutend. Im nahegelegenen Muschling wurden vor Jahren vom Bonner Landesmuseum Befestigungen in der Größe von 100x100 Metern festgestellt. Mit dem Ort ist die Sage einer versunkenen Burg und ihrer Beziehungen zu Thuir verbunden. Ein Schatz wird von einem streunenden Hund mit glühenden Augen bewacht.

Der Fluchtweg des Königs ging in der einzig möglichen Richtung nach Norden durch die Ausläufer der Ardennen, sprich Dürener Stadtwald, zu einem Nebenfluß der Maas. VI 33. Er führte von Thuir wohl über den schnurgeraden Rurhöhenweg (Kriegerweg) durch die Drover Heide, vorbei an Düren, Jülich, Erkelenz, über den Königsweg nach Tüschenbroich vor Wegberg, an die Schwalm, die in die Maas fließt, um von hier aus vermutlich bei Xanten den rettenden Rhein zu überqueren. Eine Rückkehr war nicht möglich, weil Caesar Xanten und die Rheinfront mit Legionslagern spickte und zudem anno 51 eine dritte Vernichtungswelle über das Eburonenland, den Kölner Raum, startete. VIII 24, 25.

Caesars Auftrag

Caesars Hass gegen die Atuatucer und Eburonen hatte also seinen tieferen Grund in den Geschehnissen der Vorgeschichte Roms und seiner wiederholten Bedrohung durch die Cimbern und Teutonen.
Die Ereignisse um ATUATUCA anno 57, 54, 53 und 51 und die Vernichtung der Usipeter und Tenkterer anno 55 sind unter diesem Gesichtspunkt als Teilabschnitte einer fortgesetzten Handlung aufzufassen.

Es war eine Handlung ohne Ende, denn Caesars Schwert blieb auch nach seiner Abberufung im Marstempel zu Köln am Rhein zurück, wohl als Auftrag und Verpflichtung für seine Nachfolger, mit den gefürchteten Germanen jenseits des Rheines weiter abzurechnen.

Es bleibt den Geschichtsforschern überlassen, in dem endlich entdeckten ATUATUCA nicht nur die römische Operationsbasis sondern auch die der Cimbern und Teutonenzüge zu erfassen, die das römische Imperium von 113-101 v. Chr. wiederholt in höchste Bedrängnis gebracht hatten.

Für die Verleger des Lehrbuches „Caesar, De bello Gallico“ ergibt aus der Entdeckung als Nächstes die Notwendigkeit der neuen Auflage des Textbuches unter Anderem eine entsprechende korrigierte Landkarte beizufügen, damit den Millionen Lehrern und Latein lernenden Schülern Höherer Lehranstalten in der ganzen Kulturwelt die tatsächlichen Verhältnisse richtig und besser verständlich vermittelt werden können. Daß dies bisher nicht möglich war, hat Prof. Reiner Müller mit Bedauern festgestellt, nachdem er in „ad flumen Sabim, quod influit in Mosam, extremasque Ardennea partes“ V 33,3 einen Abschreibefehler und die Swalm (Sualmis) erkannt hatte. (Vgl. R. Müller, Römische Itinerarstraßen im 4. Jahrhundert).

So ist die Entdeckung ATUATUCAS geeignet, eine empfindliche Lücke in der bisherigen Lehrmeinung der Geschichte aufzufüllen und weitergehende Perspektiven zu eröffnen, über die in einer nächsten Abhandlung berichtet werden soll. .....

Thorso eines Römers in Civil. Teil eines Denkmals, Größe 70x120x30 cm, weist mit der Linken auf ein offenes Buch in der Rechten und wird von einem Germanen, erkenntlich am Rundschild, mit einer Lanze bedroht. (Trogus). Gefunden in Zülpich, an der neuen Kirche, als Eckstein 1957 eingemauert.

Zusammenfassung

Es wird mit strategischen Ueberlegungen durch die Erforschung alter Straßen und Signallinien unter Berücksichtigung alter Flurnamen nachgewiesen, daß das CASTELLUM ATUATUCA in Caesars Buch De bello Gallico in textsicherer Uebereinstimmung mit Caesars Buch De bello Gallico auf der Rurhöhe, der Rhein-Maas-Wasserscheide, beim Trigonometrischen Punkt 341,8, auf dem Clemensstock, westlich des Dorfes Berg vor Nideggen, 40 Kilometer südwestlich von Köln. lag.

Das CASTELLUM ATUATUCA war das Belagerungslager Caesars vor dem OPPIDUM ATUATUCORUM, der heutigen Stadt Nideggen.

Die Gegend war die Heimat der ATUATUCER, der Nachkommen der Cimbern und Teutonen, die von dieser Basis aus das römische Imperium in den Jahren 113-101 v. Chr. wiederholt bedrohten.

Für Caesar und die Römer war das ein Hauptgrund d. Atuatucer zu deportieren und die Eburonen zu vernichten um den strategisch hochbedeutsamen Ort als Drehscheibe und Basis der römischen Operationen in Nordgallien im Kampf um den Rhein und gegen Germanien, Britannien und Hispanien für ca. 450 Jahre fest in der Hand zu behalten. --

(Geschrieben zu Köln am Rhein im Monat Februar 1959. Alle Rechte, insbesondere der Uebersetzung, Uebertragung durch Rundfunk, Verfilmung und des Vortrags vorbehalten. Anschrift des Verfassers, Dr. med. Albert Jackels, Köln)





a) Dürener Lokal-Anzeiger, Nr. 47 - 17. Jahrgang, 25.02.1959;
b) Dürener Lokal-Anzeiger, Nr. 49 - 17. Jahrgang, 27.02.1959;
c) Dürener Lokal-Anzeiger, Nr. 53 - 17. Jahrgang, 04.03.1959;

Sammlung Michael Peter Greven, Nideggen, Sammlung Marliese Wintz, Kreuzau, Sammlung wingarden.de, H. Klein





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