Gunter Amtmann und Winrich Schwellnus |
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Stadt Zülpich, Kreis Euskirchen - Sinzenich, Stadt Zülpich, Kreis Euskirchen - Odendorf, Gemeinde Swisttal, Rhein-Sieg-Kreis - Euskirchen-Kreuzweingarten, Kreis Euskirchen |
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Neu jungsteinzeitliche Erdwerke im Rheinland |
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Graben-(Wall-)Anlagen sind in der rheinischen Urgeschichte zu verschiedenen zeiten nachweisbar. Die ältesten stammen aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. (späte Bandkeramik und Großgartacher Gruppe) und sind an bisher 14 Plätzen lokalisiert worden. Bei diesen handelt es sich meist um relativ kleine Anlagen, die ca. 1 ha Innenfläche durch einfache oder mehrfache Gräben (die Wälle sind nicht mehr erhalten), unterbrochen von wenigen Tordurchlässen, umschließen. Bei den Großgartacher Anlagen waren auch innenliegende Palisadenreihen zu beobachten. |
Aus den jüngeren Abschnitten der Jungsteinzeit sind nur Anlagen der Michelsberger Kultur des späten 5. und des 4. jahrtausends v. Chr. bekannt. Diese lassen sich durch Größe und typische Eigenheiten von den älteren recht gut formal trennen: Ihre von einfachen oder mehrfachen Gräben umschlossenen Innenflächen reichen von 6 ha bis zu über 50 ha; typisch und zahlreiche Tordurchlässe unterschiedlichster Breite; innenliegende Palisadenreihen sind häufig. |
Eine dritte Gruppe stellen schließlich die eisenzeitlichen Anlagen (ab der Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends, vor allem der letzten zwei Jahrhunderte). Ihre Größe streut zwischen knapp 2 ha und etwa 10 ha Innenfläche. Sie verfügen über wenige, oft komplizierter ausgestaltete Tordurchlässe oder lösen das Zugangsproblem über Holzbrücken. Einfach und mehrfache Umwehrungen sind bekannt, deren Wälle und Gräben vor allem am Rand der Mittelgebirge unter Waldbedeckung häufig erhalten blieben. |
Nachdem schon 1922 bei Miel, (Gde. Swisttal, Rhein-Sieg-Kreis) die erste Anlage der Michelsberger Kultur in der Niederrheinischen Bucht - leider mit noch wenig entwickelter Grabungstechnik - untersucht werden konnte, hat es sehr lange gedauert, bis weitere derartige Erdwerke, die im westlichen Mitteleuropa bis nach Frankreich geläufig sind, entdeckt werden konnten. Erst 1974 wurde im Vorfeld des Braunkohlentagebaus bei Inden, Kr. Düren, eine weitere Anlage gefunden und teilweise ausgegraben. Ihr folgte noch in den siebziger Jahren eine weitere Grabenanlage bei Koslar (Stadt Jülich, Kr. Düren) und 1986 die nahezu vollständige Ausgrabung einer solchen Anlage bei Steinstraß (Gde. Niederzier, Kr. Düren) im Vorfeld des Tagebaus Hambach. Ein fünftes Erdwerk der Michelsberger Kultur konnte schließlich bei Grabungen auf dem Bonner Venusberg festgestellt werden. Hier war unter Waldbedeckung sogar der Wall noch erhalten geblieben. |
Mit Ausnahme der letzten Anlage - hier war eine Grabung angesetzt worden, um die vorher unbekannte Zeitstellung einer noch sichtbaren Wall-Graben-Anlage zu klären - war bei allen anderen Objekten das Vorhandensein eines Erdwerkes erst im Verlaufe der Untersuchungen - auch zur Überraschung der Ausgräber - klargeworden. |
Erst die Luftbildarchäologie hat diese Situation in den letzten Jahren verändert. Der entscheidende Vorteil der Luftprospektion ist die schnelle Erfassung des Charakters und der Größe solcher Anlagen. Grundlage dafür ist allerdings, daß durch Ausgrabungen die charakteristischen Eigenheiten dieser Erdwerke, die eine zeitliche Ansprache erst möglich machen, nachgewiesen und bekannt sind. |
Schon 1985 war es nach jahrelanger Luftbeobachtung einzelner Grabenspuren erstmals im Rheinland gelungen, bei Jülich, Kr. Düren, ein Erdwerk der Michelsberger Kultur zu lokalisieren. |
Die Anlage maß über 800 m im Durchmesser und bestand aus einem Doppelgraben mit Erdbrücken und innenliegender Palisade. Die Interpretation des Befundes als Erdwerk der Michelsberger Kultur konnte durch mehrjährige Oberflächenbegehungen bestätigt werden. Es handelt sich um den bisher größten urgeschichtlichen Einzelbefund des Rheinlandes. |
Die Erkenntnisse und
Erfahrungen aus der Entdeckungsgeschichte dieses Erdwerks führten
zu einem Arbeitsprogramm mit der Zielsetzung, weitere gleichartige
Befunde zu orten. Zunächst wurde das Luftbildarchiv des
Autors nach folgenden Merkmalen abgesucht: |
Mit diesem Kenntnisstand wurde fünf Jahre lang ein thematisches Prospektionsprogramm geflogen. Das Ergebnis bestätigt, daß die oben als auffällig bezeichneten Befunde alle in die gesuchte Kategorie eingeordnet werden können. |
Unerwartet konnte mit zwei Luftbildern ein weiteres Erdwerk dokumentiert werden, das bisher, trotz zehnjähriger Luftprospektion des Autors und zwanzigjähriger vorausgegangener Luftprospektion des RLMB (Scollar, Martin, Sölter) nicht einmal ansatzweise in Erscheinung getreten war (Taf.4). Während die anderen Erdwerke durch Aufnahmen aus mehreren Jahren puzzleartig rekonstruiert werden mußten, zeigte dieses Erdwerk an einem einzigen Tag seine vollständige Ausdehnung. |
Zülpich, Kr. Euskirchen, Stadtrandlage (Abb. 11): In einem Zuckerrübenfeld zeigt sich in einem kleinen Bereich eine breite, gebogene Grabenspur mit drei Unterbrechungen (Erdbrücken). Im Innenbogen läßt eine begleitende Grabenspur auf eine Palisade schließen. Der im Luftbild sichtbare Befund endet in der einen Richtung an einer Bodenstörung. Dahinter liegen eine Asphaltstraße und eine anders bestellte Ackerparzelle, die die vermutete Fortsetzung des Erdwerks nicht erkennen lassen. In der anderen Richtung verliert sich die Spur in einem Bereich, der denselben Nährzustand des Bodens zeigt wie die Grabenspur. Ein Vegetationskontrast, der den weiteren Verlauf der Grabenspur verfolgen ließe, war daher zum zeitpunkt der Aufnahme nicht gegeben. Der größte Teil der Anlage ist neuzeitlich überbaut und entzieht sich daher für immer der Luftprospektion. Die Krümmung der Grabenspur läßt auf eine rundliche Form mit einem Durchmesser von ca. 500 m schließen. |
Zülpich-Sinzenich, Kr. Euskirchen (Abb. 12): Drei Zuckerrübenfelder prägen in einer Trockenphase positive Vegetationskontraste aus. Eine breite Grabenspur zeigt ein Viertel einer kreisförmigen Anlage. (Form und Gesamtausdehnung sind durch weitere Luftaufnahmen dokumentiert, die hier aus Platzgründen nicht abgedruckt werden können.) Mehrere Erdbrücken sind erkennbar. An der Innenseite begleiten Spuren von Palisaden den Graben. Innen und außen fallen zahlreiche anthropogene Bodenstörungen auf, darunter mehrere rechteckige, große Grubenspuren. Der Durchmesser des Erdwerks beträgt ca. 400 m. Der formale Luftbildbefund ist nahezu identisch mit einem Michelsberger Erdwerk bei Noyen-sur-Seine in Frankreich, das von D. Jalmain bei einem seiner Suchflüge entdeckt worden war. |
Swisttal-Odendorf, Rhein-Sieg-Kreis (Abb. 13): In zwei großen, mit Zuckerrüben bestellten Ackerparzellen zeigen sich breite, gebogene Grabenspuren mit drei Erdbrücken, Palisadenspuren sind nicht erkennbar. Eine gerade, noch breitere Grabenspur überschneidet die Anlage. Wie auch bei Abb. 12 ist der weitere Verlauf des Erdwerks in den jetzt verpflügten Ackerparzellen in anderen Jahreszeiten und Jahren durch Luftbildaufnahmen weitgehend dokumentiert. Die nicht ganz kreisförmige Anlage weist einen Durchmesser von ca. 400 m auf. |
Die geradlinige Grabenspur konnte durch mehrere Luftbilder über eine Strecke von 2,2 km dokumentiert werden. Daß beide Grabenspuren zeitgleich sind, oder ein funktionaler Zusammenhang zwischen ihnen besteht, kann aus der Gesamtschau des vorliegenden Materials ausgeschlossen werden. Das Objekt '2,2 km lange gerade und mindestens 8 m breite Grabenspur' erfordert weitere Nachforschungen. |
Störend an dem Befund (im Sinne der Fragestellung 'Michelsberger Erdwerk') ist das völlige Fehlen von Erdbrücken, wogegen Grabenbreite, Ausdehnung und Form durchaus in die gesuchte Kategorie eingeordnet werden können. Auch die bei den anderen Objekten beobachtete flache Hanglage und unmittelbare Wassernähe sind vorhanden. Die in den Abbildungen 11-13 vorgestellten Anlagen weisen typische Merkmale von Erdwerken der Michelsberger Kultur auf. Tafel 4 läßt die zu erwartenden Erdbrücken vermissen. Falls diese nicht in den Ackerparzellen liegen, die zum Zeitpunkt der Luftaufnahme keine Vegetationskontraste zeigten, muß mit einer bisher nicht bekannten Variante eines Michelsberger Erdwerks oder einer anderen Zeitstellung gerechnet werden. Mit Sicherheit ist die Anlage urgeschichtlich. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind die neuen Anlagen von Zülpich, Sinzenich und Odendorf in die Reihe der Erdwerke der Michelsberger Kultur aufzunehmen. Eine Absicherung über
Fundmaterial wäre natürlich wünschenswert, wird
sich aber wohl erst mittelfristig realisieren lassen. Für die
Anlage von Kreuzweingarten ist eine eindeutige Aussage schwieriger
zu treffen. Es handelt sich sicher nicht um ein bandkeramisches
Erdwerk, doch kann eine spätere Zeitstellung nicht
ausgeschlossen werden. |
Literatur: |
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Quellenangabe: Gunter Amtmann und Winrich Schwellnuss - Neue jungsteinzeitliche Erdwerke im Rheinland Seite 34-37 in Archäologie im Rheinland 1989, Rheinland-Verlag GmbH, Köln 1990, in Kommission bei Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn - Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege, Redaktion: Gerhard Bauchhenß, Rheinisches Landesmuseum Bonn, ISBN 3-7927-1169-9 |
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Für Seiteneinsteiger: Untersuchungen zur Vorgeschichte Kreuzweingartens |
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