Warum die Römer
die namenlose keltische Frauendreiheit zwischen Eifel und Rhein
matronae = Matronen und deae = Göttinnen nannten. |
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Dank ihrer Darstellung in Stein - erster Nachweis ab 70 u.Z., zahlreiche ab 161 u.Z. - wissen wir, dass die keltisch/germanisch/ römische Mischbevölkerung zwischen Eifel und Rhein bis ca. 450 u.Z. eine Frauendreiheit an besonderen Plätzen und in Tempeln verehrte, die uns mit dem römischen Begriff matronae überliefert worden ist und deren Wurzeln im Keltentum und früher liegt.
Das Bild der Matronen Die Matronen der Weihesteine präsentieren sich immer als Dreiheit. Zwei ältere Matronen mit auffallenden Hauben - wie sie die verheirateten und verwitweten Ubierinnen in und um Köln getragen haben - sitzen links und rechts von einer jüngeren Matrone, die sich nur dadurch von den älteren unterscheidet, dass sie ihre schulterlangen Haare offen trägt und manchmal ein Fußschemelchen braucht, um genauso würdevoll wie die beiden Begleiterinnen zu wirken. Die Schöße der drei Frauen sind durch Korbschalen mit Früchten wie Birnen, Äpfel und Granatäpfel betont, als Halsschmuck tragen die drei oft sichelförmige Anhänger, deren Form an den zunehmenden Mond erinnert, und die Seiten der Weihesteine bieten eine Fülle von pflanzlichen und tierischen Symbolen u.a. Bäume, Schlange und Raute sowie den Kranich an.
Bedeutung der Dreiheit Die Anordnung der Matronen sowie aller Attribute, die ich hier nicht im Einzelnen erläutere, vermitteln die gesammelten Erkenntnisse des Keltentums um das zyklische Geschehen der Natur, des Lebens und des Universums, das sich im Dasein von Frauen offenbart. Jede Dreiheit bei den Kelten stand für wichtiges, einzuprägendes Wissen, für Anfang, Mitte und Ende in einem Zyklus. (Sylvia u. Paul E. Botheroyd: Lexikon der kelt. Mythologie, 1992) Durch die Drei lassen
sich augenscheinliche Gegensätze gleitend verbinden wie Die Kelten Wie später die christliche Religion kannten die Kelten die Dreiheit in der Einheit (Dreieinigkeit) und die Einheit in der Dreiheit (Dreifaltigkeit). Die Dreiheit in der Einheit verkörperten im Keltentum bedeutende Göttinnen wie Brigit bzw. Brigida und Rigani, für die Einheit in der Dreiheit stehen die Matronen. Ob Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit, die Kelten sahen in allen Göttinnen als Vertreterinnen des weiblichen Prinzips zuerst einmal die Mutter, sogar in ihren Kriegsgöttinnen. Nur die Mütter garantierten den unzerstörbaren Lebenskreislauf. Insofern waren alle Göttinnen immer auch sog. Muttergöttinnen. Bei den Kelten vermischten sich religiöse Vorstellungen der großen, steinzeitlichen Mutter der frühen Ackerbauern mit (den importierten, A.d.A.) indoeuropäischen Muttergöttinnen zu einem typisch keltischen mehrstrangigen Kult, in dem Mütter verschiedener Prägungen und Betonungen nebeneinander Platz finden. Göttinnen, die das mütterliche Prinzip in der Natur, dem Land und Territorium, in Mensch, Tier und Pflanze, den Gestirnen und Elementen verkörperten, sprachen alle Stände und Gruppierungen an. (Botheroyd, 1992, ebd.)
Auch die indoeuropäischen
Römer hatten ihre Muttergöttinnen, die sie matres
nannten. Wie alle anderen Indoeuropäer - außer den Kelten - ließen die Römer aber keine Göttin mehr ohne ein männliches Pendant stehen, außer ihr wurde Asexualität zugeordnet bzw. verordnet, wie z.B. der Diana. Oftmals wurden aus einst selbständigen weiblichen Gottheiten nur noch Töchter des Hauptgottes, wie des Jupiters in Rom, oder sie wurden seine folgsamen, wenn auch als eifersüchtige Ehefrauen oder Geliebten geschildert. Dennoch wurden sie weiterhin als Muttergöttinnen verehrt, obwohl ihre Ursprungsvollmacht nun von den indoeuropäischen Hauptgöttern beansprucht wurde und den weiblichen Gottheiten auf vielerlei Arten entzogen wurde. Diese Beanspruchung ging so weit, dass Götter wie der gr. Zeus und der röm. Jupiter mit List und Tücke einst selbstständige Göttinnen wie Athene und Minerva aus ihrem Kopf gebaren. Die berühmte männliche Kopfgeburt. Was aber sahen die römischen Eroberer in der keltischen weiblichen Dreiheit? Indoeuropäische Muttergöttinnen, wie es Autorinnen und Autoren wie Sylvia u. Paul. E. Botheroyd, Sophie Lange und viele mehr meinen? Sophie Lange schreibt: ... von den Römern (in der Eifel) übernommenen Gottheiten gehören die Dreiergöttinnen. Da die Römer nichts Synonymes für diese göttlichen Frauen bieten konnten, übernahmen sie diese unverändert und bezeichneten sie als Matronen.... (Wo Göttinnen das Land beschützten, S. 17, 1995)
Warum aber wurden sie von den Römern nicht generell matres genannt, wenn sie als Muttergöttinnen eingestuft wurden? Die Inschriften auf den Matronensteinen der Eifel, in Bonn, Köln und am Niederrhein geben uns einige Hinweise. Dort heißt die weibliche Dreiheit eben nicht matres = Muttergöttinnen sondern matronae und deae, also Matronen und Göttinnen. Nur auf einem Stein steht matres neben matronae und deae. Es ist nicht überliefert wie die einheimische Bevölkerung ihre einst nur imaginierte weibliche Trinität, die sie an Quellen und Mooren, auf Hügeln und in Höhlen sowie in Bäumen und ihnen zugeordneten Tieren verehrte, genannt hatte. Vielleicht einfach nur Die Drei oder Die Einzigartigen, Die Unsichtbaren oder Die Alles in Allem sind? Wären sie mit Eigennamen oder mit Mütter angerufen worden, spräche viel dafür, dass die römischen Besatzer diese Namen oder Anrede übernommen oder ihnen den entsprechenden römischen Namen gegeben hätten, wie es mit anderen fremden Gottheiten in der Regel geschehen war. Doch matronae und deae sind keine Eigennamen. Nur deae ohne Ergänzung mit den Eigennamen der betreffenden Göttinnen ist ungewöhnlich. Meine Hypothese geht dahin, dass wir es dabei mit einem späten römischen Sammelbegriff für unspezifizierte weibliche Trinitäten der vorrömischen Zeit zu tun haben, in der männliche göttliche Dreiheiten auf der Apeninnenhalbinsel noch unbekannt waren. Spät deshalb, weil das Wort dea für Göttin historisch gesehen in Ableitung von deus für Gott erst im klassischen Altertum geschöpft wurde, verbunden mit der Etablierung der Vorherrschaft männlicher Götter, deren Namengebung und ihrer verwandtschaftlichen Zuordnung sowie der Spezifizierung aller Gottheiten. Spezifizierung heißt, jeder Gottheit wurde ein bestimmter Lebensbereich zugeordnet, dafür um Hilfe angerufen und verehrt. Auch die Bezeichnung matronae ist wie deae ein Sammelbegriff. Matronae heißt u.a. Frauen von Stand, Familienmütter, ehrbare Ehefrauen, vornehme Damen, Herrinnen und Gebieterinnen. Aber im Zusammenhang mit deae wurde die Bezeichnung matronae römischen Göttinnen als Beiname gegeben oder als Anrede verwendet. (Menge-Güthling: Enzyklopädisches Wörterbuch der lat. und dt. Sprache, 1955) (3) Namentlich benannt aber wird nur eine Göttin: Juno.
Warum aber setzte die römische Besatzungsmacht der Eifelregion ausgerechnet Juno mit der keltischen Frauendreiheit gleich? Juno passt so gar nicht ins Bild! Zuerst fällt auf, dass Juno in Caesars Interpretatio Romana fehlt, wie er sie im 6. Buch von De Bello Gallico für den keltisch/germanischen Bereich niedergelegt hat. Dort führte er lediglich Merkur, Apollo, Mars, Jupiter und Minerva an. Der Begriff der Interpretatio Romana wurde von Tacitus für die römische Erläuterung oder Gleichsetzung fremder Gottheiten geprägt. Dieses Verfahren, das die Gottheiten auf ungefähr gleiche Vorstellungen reduzierte, stand im offenen Widerspruch zur keltischen Sicht der Dinge, die kein allgemein gültiges Pantheon mit Göttern und deren klar abgegrenzten Funktionen kannte. Bei allem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das indogermanische, keltische, druidische Gedankengut schon immer im Austausch mit vorindoeuropäischem gestanden hatte. Das Volk ... hielt an neolithischen, kupfer-, frühbronzezeitlichen Fruchtbarkeitsvorstellungen ... fest, führt das Forscherpaar Botheroyd (ebd.) aus. Dabei kommt in keltischen Gebieten Juno recht häufig auf Steinen und Säulen 65 mal vor, aber nie alleine, immer ist sie (nur) Gattin des Himmelskönigs Jupiter. Sylvia und Paul F. Botheroyd meinen, dass Caesar die Funktionen einer Muttergöttin - die auch Juno im römischen Pantheon innehatte - für die gallischen Provinzen eher von der kelt. Rigani = röm. Minerva, der Eulen- und Weisheitsgöttin, abgedeckt sah als von der Juno und diese anstelle der Juno in die Interpretatio Romana aufnahm. Der zeitliche Ablauf spricht aber meines Erachtens dafür, dass Caesar die keltische Frauendreiheit gar nicht gekannt haben und so auch nicht klassifizieren konnte. Als er nämlich nach einer anfänglichen Niederlage im Jahre 55/54 v.u.Z. den Stamm der Eburonen in einem brutalen Racheakt vernichtete und die wenigen Überlebenden in die Eifelwälder flüchteten, hatte er keinerlei Ansprechpartner mehr, um sich nach deren verehrten Gottheiten des kelt. Stammes zu erkundigen. Erst mit der Neubesiedlung durch die germanischen Ubier aus dem Neuwieder Becken seit dem Jahr 38 v.u.Z. war wieder ein normales Leben und die Wiederausübung alter religiöser Vorstellungen auch der überlebenden Eburonen möglich, welche die römische Besatzungsmacht nicht nur duldete, sondern seit 161 u.Z. sichtbar in den Matronensteinen übernahm. Nun erst wurden Begriffe wie matronae und deae für die weibliche Dreiheit in Stein gemeißelt. Sollte wirklich die Göttin Juno aus der römischen Mythologie damit gemeint gewesen sein? Wofür stand Juno in der
klassischen römischen Mythologie? Danach war sie Geweiht waren der Juno: Diese Spuren führen aber
nicht nur in die klassische Mythologie Griechenlands, sondern auch
in die vorhellenistische Zeit, (vor der Eroberung Griechenlands
durch die Hellenen/Griechen) in der Göttinnendreiheiten ohne
männliche Dreingabe - wie auch bei den keltischen Matronen
überliefert - wirkten.
Wurzeln der trinitären Juno So ist Hebe (die lat.
Entsprechung nenne ich später) ohne männliche
Dreingabe die jungfräuliche Erscheinungsform der Göttermutter
Hera/Juno, der Himmelskönigin. In ihrem Mutteraspekt
(Hera) gebietet sie über den Baum des Lebens und dessen
magische Äpfel. Baum und Äpfel finden sich auch bei den
Matronen. Die mannfreie Hera wurde Mutter
aller Götter, auch der olympischen, denen sie Nektar des
ewigen Lebens schenkte. In ihrem Tempel in Argos durchlief sie
endlose Zyklen, erneuerte ihre Jugendkraft durch ein Bad in einer
heiligen Quelle. Nun kennen wir den jungen
Aspekt, die Hebe, den umfassend-mütterlichen Aspekt, die
Hera. Die winterliche Hekate war auch die Geburtshelferin der Sonne (Wintersonnenwende), versehen mit dem Begleittier Frosch gleich Fötus. Auch Hekate alleine stand ebenfalls für die weibliche Trinität, die sowohl mit dem Himmel, der Erde als auch der Unterwelt mit seinen Höhlen und Wassern verbunden war. Die Stätten der Matronenverehrung zeugen ebenfalls von dieser Verbundenheit. Kommen wir zu Hekates römischem
Pendant der Minerva. Ihr wurden zugeordnet: Nun haben wir die vielfältigen,
bedeutsamen griechischen und prähellenistischen Wurzeln der
trinitären Juno kennen gelernt. Noch eine vorrömische
Göttin ist mit ihrem Dreieraspekt für die Beziehung Juno
gleich Matronen wichtig: die Göttin Io. Auch Io
heißt Mond und war eine andere Bezeichnung für die
kuhäugige Hera/Juno, die erst im patriarchalen Griechenland
und Rom zur Geliebten des Zeus bzw. des Jupiters definiert bzw.
degradiert wurde.
Dabei wechselte sie ihre Farben
von Weiß nach Rot, Rot nach Schwarz, Schwarz nach Weiß,
die (inneren) Farben der weiblichen Trinität im gesamten
Alten Europa, Farben, die auch mit der keltischen weiblichen
Trinität, unseren Matronen, assoziiert werden. Die Kapitolinische Trias Sollten den römischen Bildhauern, den Stiftern und Stifterinnen aus allen Bevölkerungskreisen sowie den römischen Besatzern dieses alte Wissen und das daraus erwachsene Beziehungsgeflecht noch präsent gewesen sein, als sie die kelt. Frauendreiheit matronae und deae nannten und diese mit einer Auswahl der Attribute versehen haben, die einst Juno sowohl als dreieinige als auch als dreifaltige allumfassende Göttin schmückten? Nun, Künstlern und Künstlerinnen traue ich durchaus diese Intuition zu, altes Wissen wieder sichtbar zu machen. Doch zur Zeit der Schaffung der Matronensteine gab es noch einen näherliegenden Hinweis, nämlich eine römische männlich-weibliche Mischtrinität, die starke Bezüge zu dem Wirkungskreis der Matronen aufwies. Diese Trinität könnte einen Wiedererkennungseffekt ausgelöst haben, der 650 Jahre römischer Kultur übersprang. Es war Die Kapitolinische Trias von 509 v.u.Z., genannt nach dem Heiligtum auf dem Kapitol, dem kleinsten der sieben Hügel Roms, mit Jupiter als Hauptgott in der Mitte, nun flankiert von Juno als Ehefrau und Minerva als seine Tochter sowie Kriegs- und Weisheitsgöttin. (Ausgestellt im Trierer Landesmuseum)
Die aufgesetzte Künstlichkeit dieses Konstrukts ist m. E. mit Händen zu greifen. Groß und mit hehrer offener Männerbrust nahm Jupiter in dieser Darstellung mit der patriarchalen Machtübernahme um 503 v.u.Z. in Rom durch die neuen Herrscher die Mitte ein und verdrängte die oben beschriebene Hebe, den jugendlich-erotischen Aspekt der weiblichen Dreiheit der Juno und der Minerva. Ihr lat. Name ist Iuventas oder Iuventa, die personifizierte Göttin der Jugend, der Jugendkraft, -frische und des Jugendmuts. Mit der Verdrängung der Iuventa - nicht nur ihr Name wurde verschleiert - sprengte Jupiter das ursprüngliche Weltbild, das Einsicht in die Naturzusammenhänge anbot, den Menschen in Beziehung zu Sonne, Mond und Erde sowie zu den Tieren, den Pflanzen und der jeweiligen Topographie setzte. Wie stark diese stimmige
Weltsicht noch als Sehnsucht in den Menschen gewohnt haben muss,
beweist meines Erachtens die geglückte Adaption der
kelitschen Matronen durch die neue Mischbevölkerung und der
Akt ihrer Steinwerdung durch römische Bildhauer. Im Matronenheiligtum in Pesch in der Nord - Eifel spricht ein Fund dafür, dass der patriarchale Jupiter neben den vaccalinehischen Matronen friedlich einen Platz gefunden hatte, ohne allerdings ihre Trinität und ihre Bedeutung in Frage zu stellen. Dafür waren die Matronen mit zahlreichen Weihesteinen einfach zu allgegenwärtig.
Die Matronen, die eine Vielfalt von Beinamen tragen, wie die aufanischen in Nettersheim und Bonn (siehe: Wo Göttinnen das Land beschützten, 1995) heißen von Pesch bis Antweiler im Kreis Euskirchen die vaccalinehischen. Der Beiname dieser Matronen, der auf die Bedeutung der Wichtigkeit der milchgebenden Kühe für die Gemeinschaft verweist (Gudrun Nositschka: Gefährtinnen aus Stein, 1997), (5), spinnt wiederum einen scharz-weiß-roten Faden zu der kuhäugigen Hera/Juno/Io, zu der dreifaltigen und dreieinigen Großen Mutter des Neolithikums und des Alten Europas, zu ihren vielfältigen Aspekten und Namen in allen Muttersprachen Europas. So sind die Matronen zwischen
Eifel und Rhein mit großer Wahrscheinlichkeit das
steingewordene Ebenbild der vorrömischen dreifaltigen Juno,
der prähellenistischen Hera sowie der neolithischen Großen
Mutter, die keinen Glauben fordern, sondern uns das Füllhorn
ihres Wissens und ihrer Weisheit anbieten. Benutzte Quellen: Wachendorf im Jahr 2003 |
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