Ausgewählte Artikel aus:
650 Jahre Stadt Euskirchen
1302 - 1952
Festschrift zum Stadtjubiläum



Zur Erklärung der geographischen und historischen Lage von Woengede

Reiner Keller
Die Erper und Rheinbacher Lößplatte


Die weiten Ackerebenen im Norden und Westen von Euskirchen werden von K.H. Paffen in ihrer Gesamtheit als Erper Lößplatte bezeichnet. Östlich von Euskirchen, jenseits der grünlandreichen Erft- und Mühlenbachsenke, liegt die Rheinbacher Lößplatte. Die Lößplatten gehören der größeren Bördenzone an, die sich dem Deutschen Mittelgebirge vorlagert. Als Jülicher Börde schiebt sie sich keilförmig bis nahe an das Ahrengtal heran, nach allen Seiten begrenzt von bedeutenden Verwerfungslinien (Ville, Eifel, Stockheimer Horst) und in sich gegliedert durch kleinere Erhebungen und Senkungsfelder, Horste und Gräben.

Die Erper Lößplatte wird in mehrere Einheiten zerschnitten durch die Täler von Erft, Bleibach, Rotbach und Neffelbach. Die Gewässer, die das Lößgebiet durchqueren, entspringen außerhalb der eigentlichen Börde; sie kommen aus der regenreichen Eifel, wo der Boden wenig versickern läßt und wo die Vegetation die höheren Niederschläge nicht verbraucht. Am Eifelrand werden durchlässige, wasserführende Eifelschotter und tertiäre Sande unterlagert von wassertragenden, tertiären Tonen. An den Grenzflächen dieser durchlässigen und undurchlässigen Schichten nehmen kleinere Bäche ihren Ursprung, z.B. der Mitbach südlich und der Flutgraben von Elsig westlich von Euskirchen.

Zahlreicher sind die Bäche und Täler der Rheinbacher Lößplatte (siehe Karte). Das geht zum Teil auf die Niederschläge zurück, die um Rheinbach mit 600 mm jährlich die Niederschlagshöhen zwischen Euskirchen und Zülpich um 50 mm übertreffen. Außerdem zeigt sich in dem unterschiedlichen Gewässernetz die landschaftliche Verschiedenheit der Quellgebiete in der Eifel an: die Erft und ihre westlichen Zuflüsse kommen aus der quellenarmen nördlichen Kalkeifel (Erft und Veybach) und aus dem Buntsandsteingebiet (Rotbach und Bleibach), also aus Landschaften mit vorzugsweise unterirdischer Entwässerung. Die östlichen Zuflüsse der Erft, der Swistbach und die Nebenbäche entspringen in der quellenreichen Waldeifel. Es ist zu verstehen, daß in der Börde von 550 bis 600 mm Niederschlag für die Bildung neuer Bäche kein Wasser übrig bleibt (Keller, R. 1952): eine Lößschicht von 1 m Mächtigkeit kann etwa 500 mm Niederschlag aufspeichern, und die sehr hohen Erträge von 96 dz Trockensubstanz pro Hektar und mehr gegenüber weniger als 56 dz in der Eifel verbrauchen die jährlichen Niederschlagsmengen zu 90 %. Die Niederschlagsverteilung ist für die Landwirtschaft in der Börde sehr günstig (Abb. 2). Die geringsten Niederschläge fallen in der Zeit der Vegetationsruhe, im Februar und in den übrigen Wintermonaten. Dadurch ist auch die winterliche Bodenauswaschung auf ein Minimum reduziert. Im Sommer fällt in der Börde nicht viel weniger Regen als in der Eifel. Es steht also zur Zeit des größten Wasserbedarfs auch der meiste Niederschlag zur Verfügung. In der sommerlichen Spitze der Niederschlagskurve gib sich der kontinentale Klimaeinschlag der südlichen Börde zu erkennen. Nicht weit davon entfernt haben die Waldgebirge einen ausgesprochenen ozeanischen Niederschlagsgang mit winterlichem Maximum.

So ist es auch zu verstehen, daß die Bäche, die vor dem Eifelrand im Tertiär entspringen, bald versiegen. Viele Trockentäler führen nur periodisch Wasser, andere sind Zeugen vergangener klimatischer und hydrographischer Verhältnisse.

Der Weg, den die einzelnen Flüsse durch die Börde nehmen, wird weitgehend vorgezeichnet vom geologischen Bau des Tieflandes. Der Untergrund der Bördelandschaften ist zerlegt in (tertiäre) Horste und Gräben: Rurtalgraben, Stockheimer Horst, Ellebachgraben, Neffelbachscholle, Lommersumer Horst, Erftgraben und Villehorst. Die Ville ist am stärksten herausgehoben. Sie tritt als Höhenzug besonders in Erscheinung, da die ihr vorgelagerte Erftscholle der am stärksten eingesunkene Teil des Gebietes ist (s. Abb. 1). Dieses Fundament der Landschaft wurde während der letzten Eiszeit von mehr oder minder mächtigem Löß bedeckt (d.i. mehliger, kalkreicher Gesteinsstaub, der in den vegetationsarmen Gebieten an und vor den Eisrändern entstand und vom Wind am Rand des Mittelgebirges abgelagert wurde). Die stärker gehobenen Schollen, d.s. vor allem die steilen Ostufer der Flüsse und die Ville, sind im allgemeinen lößfrei. Entweder ist auf diesen windexponierten Stellen überhaupt kein Löß abgelagert, oder der Löß ist in der Eiszeit wieder weggeschwemmt worden.


Die Bachläufe wurden an die östlichen ränder der schiefgestellten Erdschollen gedrängt. Sie haben infolgedessen ein steileres Ostufer und ein flacheres Westufer. Am steileren Ostufer treten die unter dem Löß gelegenen Schichten an die Oberfläche. Im Süden sind das Eifelschotter und tertiäre Sande und Tone, während im Norden Rheinschotter über dem Tertiär lagern. Die Ausbildung des „Berg- und Ackerufers“ bei den asymmetrischen Nord-Süd verlaufenden Tälern ist tektonisch angelegt, vermutlich aber verstärkt worden durch das Eiszeitklima: die intensive Sonnenbestrahlung vermochte die nach Westen exponierten Ufer nur selten aufzutauen, da diese allgemein im Schatten lagen. Eine Bodenbewegung des wassergesättigten aufgetauten Bodens auf dem gefrorenen Untergrund fand in der Eiszeit an diesem Ufer nicht statt. Aber auf dem flachen, nach Osten exponierten Ufer taute der Oberboden häufiger auf. Der wasserdurchtränkte Auftauboden rutschte wie ein zähflüssiger Brei auf dem „ewig gefrorenen“ Untergrund talwärts. So entstanden die Berge des Tieflandes durch das Zusammenwirken von Tektonik, Eiszeitklima und Flußerosion. Die „Berge“ des Euskirchener Tieflandes und die danach benannten Orte finden sich daher stets auf dem hohen Ostufer: der Bastiansberg bei Wüschheim, der Thumberg bei Enzen am Bleibach, die Orte Frauenberg am Bleibach, Niederberg am Rotbach, Hochkirchen am Neffelbach u.a. Auch Oberdrees liegt auf einer höheren Scholle als Niederdrees.

Der Steilabfall des Lommersumer Horstes zur Erftscholle wird nicht durch die Hydrographie hervorgehoben, da die Flüsse dem Ostrande der Erftscholle zuzustreben. Aber auf der Straße Zülpich über Erp nach Lechenich- Köln, die größtenteils dem Verlauf einer Römerstraße folgt, ist die Geländestufe zwischen Lommersumer Horst und Erftscholle bei den Orten Erp (130 m) und Weiler auf der Ebene (145 m) nicht zu übersehen.



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Edition H.K. September 2002


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