In unmittelbarer
Nähe des Bleierzbergbaues stand vor 100 Jahren die
Eisenindustrie in Blüte. Am Rande der Sötenicher
Kalkmulde, die eine typische Landschaft der Kalkeifel ist, finden
sich bei Weyer, Eiserfey, harzheim und Vussem
Brauneisensteinvorkommen, die noch vor 100 Jahren eine bedeutende
Eisenindustrie zur Folge hatten. Die großen Waldbestände
der Umgebung lieferten die Holzkohle, die seltenen, aber
wasserreichen Bäche im Kalkgebiet boten die Wasserkraft für
die Hammerwerke. Nach M. Schneider bestanden 1837 in Eiserfey und
Vussem 5 Eisenhütten und Hammerwerke, die 12.600 Zentner
Eisen herstellten. Einzelne Hütten des Veybachtales werden
schon im 16. Jahrhundert urkundlich erwähnt.
Die
ungünstige Verkehrslage der Eifler Eisenhütten und die
Konkurrenz der modernen Betriebe bei Düren und an der Ruhr
führten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zur Stillegung
aller Eifler Hüttenwerke, die einmal für die Sötenicher
Kalkmulde und auch für die anderen Gebiete der Kalkeifel
große Bedeutung hatten. Nur die Jünkerather
Gewerkschaft (am Rande der Dollendorfer und Blankenheimer
Kalkmulde gelegen) konnte sich durch die Lage an der
Eisenbahnlinie Köln-Euskirchen-Trier bis auf den heutigen
Tag halten. Die an die Hüttenwerke anschließende
verarbeitende Eisenindustrie erlangte im letzten Jahrhundert
nirgendwo mehr größere Bedeutung. Dennoch sind die
Landschaften der Kalkeifel auch heute noch wie zu allen Zeiten
die wirtschaftlich bedeutendsten Gebiete der Eifel. Die Ortsnamen
mit Endungen auf ich, ig und heim deuten auf römische
und frühgermanische Besiedlung hin. Auf den kalkreichen
mergeligen Böden gedeihen Weizen, Roggen, Hafer, Kartoffeln
und Grünland besser als auf dem lehmigen Verwitterungsboden
der Schiefereifel. Ein Querprofil durch eine Eifelkalkmulde und
die Randlandschaften zeigt die auffallend scharfe Grenze zwischen
Waldland und offenem Land. Auf den Schiefer- und Grauwackenböden
sind Laubwald (häufig durchgewachsener Niederwald),
künstliche Nadelwaldbestände, Ginsterheiden
(Sarothamnus scorpariums) und anderes Ödland vorherrschend..
Zur Kalkmulde hin zieht sich ein Grünlandstreifen am Wald
entlang. Hier sind die Böden schon kalkreich, durchweg aber
noch sehr feucht. Auf kalkigeren Böden trifft man
Trockenrasen, die durch Weide genutzt werden. Der größte
Teil der Kalkmulde ist dem Ackerland vorbehalten. Grünland
findet sich nur ganz selten an den wenigen Gewässern. Die
Kernschichten, die häufig dolomitisiert sind und im Zentrum
der mitteldevonischen Kalkmulde liegen, werden nur gelegentlich
als Ackerland genutzt; sie liegen häufig brach, mit
Trockenvegetation bewachsen. Die natürliche Vegetation der
wasserdurchlässigen, trockenen Kalk- und Dolomit-Böden
ist der reich ausgebildete Kalk-Rotbuchenwald mit silberrindigen
Baumstämmen. Diese Vegetation ist aber durch Äcker,
Weiden und Wiesen ersetzt. Auf den Trockenwiesen finden sich
reichlich Blaugras (Sesleria coerulea), aufrechte Trespe (Bromus
erectus), gefiederte Zwenke (Brachypodium pinnatum), Wundklee
(Anthyllis vulnearia) und Hufeisenklee (Hippocredits comosa),
Wiesenknopf (Sanguisorba), Sonnenröschen (Helianthemum),
Schweinsohr und die kalkliebende Schlüsselblume (Primula
officinalis). Die wärmeliebende Vegetation des
Eichen-Elsbeerenwaldes findet man auf den nach Süden
geneigten Hängen.
So hebt sich pflanzen- und
agrargeographisch die Kalkeifel recht gut ab von den
Eichen-Hainbuchen und Eichen-Birkenwäldern der
Waldeifel.
Die Entwässerung der
Kalkmulden vollzieht sich vorwiegend unterirdisch. Bäche,
die auf dem unterdevonischen Schiefer entspringen, versickern im
mitteldevonischen Kalk; im Kalk entstehen durch die Lösungskraft
des Wassers Karsthöhlen, die gelegentlich
einbrechen können und an der Oberfläche Erdfälle,
sogenannte Dolinen schaffen. Da die mitteldevonischen Kalke dank
der Lösungskraft des Wassers und der Klüftigkeit der
Gesteine sehr viel Wasser versickern lassen, sammelt sich dieses
über den undurchlässigen Schiefern im Muldeninnern als
Grundwasser an. Die Verkarstung der Mulde ist in ihrem Kern, wo
sich das Wasser sammelt und wo die reinsten Kalke anstehen, am
stärksten. In der Sötenicher Kalkmulde treten besonders
an der Kallmuther-Störungslinie
Karsterscheinungen auf, da hier das Grundwasser austritt. Hier
hat sich auch die Kakus- oder Kartsteinhöhle von Eiserfey
gebildet. Bäche findet man innerhalb der Mulde kaum, dagegen
viele kleine Trockentälchen. Die Trockentäler westlich
von Iversheim und südlich von Wachendorf-Kalkar sind zeugen
einer früheren Oberflächenhydrographie, die entweder
auf ein anderes Klima oder auf einen früheren,
höherliegenden Grundwasserspiegel deuten. In der Eiszeit
verhinderte die Bodengefrornis ein Eindringen und Versickern des
Wassers und zwang dieses zum oberflächlichen Abfließen
und zur Talbildung. Heute liegt der Karstwasserspiegel in der
Sötenicher Mulde sehr tief. Urft, Ahr, Erft, Veybach und
viele andere Flüsse zapfen heute durch rückschreitende
Erosion in starken und beständigen Quellen das unterirdische
Wasserreservoir der Kalkmulden an und senken durch stete,
fortschreitende Erosion den Grundwasserspiegel der Mulde.
Schon
die Römer nutzten die besonderen hydrologischen Verhältnisse
der Sötenicher Kalkmulde bei dem Bau der 77 km langen
Fernwasserleitung über Eiserfey, Vussem, Breitenbenden,
Antweiler, Weingarten, Rheder, Rheinbach nach Köln und Bonn
aus. Die Quellfassungen dieser Fernleitung, die vor 19-hundert
Jahren gebaut wurde, lagen im Gebiet der Sötenicher
Kalkmulde, im Urfttal bei Sötenich und im Veybachtal
(Hausener Bach?).
Westlich des Billiger Waldes reicht die
Sötenicher Kalkmulde in einer Breite von 1 bis 2 km an die
Niederrheinische Bucht heran. Auf den Wiesen bei
Kirchheim-Schweinheim, machen zahlreiche kalkliebende Pflanzen
darauf aufmerksam. Diese Lücke, die die alte offene
Siedlungslandschaft der Kalkeifel zwischen den Billiger Wald und
die nördliche Waldeifel bricht, wurde auch von der
Römerstraße von Blankenheim über Zingsheim,
Pesch, Münstereifel, Kirchheim, Flamersheim nach Bonn
benutzt.
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