Eine Beschreibung der Eifel aus dem 16. Jahrhundert
Von Dr. Gustav Schöttke,
Bonn.
Die großen, das Weltbild völlig umgestaltenden Entdeckungen um das Jahr 1500 hatten das Interesse an der Erdkunde neu belebt. Diesem Zuge kamen die sogenannten Kosmographien entgegen, große erdkundliche Sammelwerke, in denen mit wahrem Bienenfleiß alles Wissenswerte über die Länder der Erde zusammengetragen war. Einen sehr breiten Raum nahmen in ihnen historische Berichte ein, namentlich über Fürsten und Fürstenhöfe; es wimmelte aber geradezu von Wunderfabeln und seltsamen Vorstellungen, selbst bei heimischen Ländern. Die bedeutendsten dieser Kosmographen sind Apianus, Franck und Münster.
Apianus behandelt in seiner 1524 erschienenen Cosmographia in erster Linie die mathematische Erdkunde. Für die Länderbeschreibung beschränkt er sich im wesentlichen auf die Angabe von Städten mit ihrer geographischen Lage; so finden wir von rheinischen Städten u.a.: Bonn, Jülich, Aachen, Coblenz, Cöln, Andernach. Die Eifel ist bei Apianus nicht erwähnt.
Mehr schon erfahren wir bei
Sebastian Franck. 1534 erschien sein deutsch geschriebenes
Weltbuch: spiegel und bildtniss des gantzen erdbodens. Franck ist
ein gemütlicher Plauderer. So sehr er das deutsche Volk liebt,
so sehr liest er ihm den Text; er berichtet, daß es allzeit
mer verthun will dann es hat ... darzu saufft es unchristentlich
...; es ist rachgierig, im Kriege grausam wie die Türken, es
flucht wie kein anderes Volk.
Die Eifel ist bei Franck, weil
meist zum Erzbistum Trier gehörig, das Trierer Gebirge benannt.
So heißt es bei der Beschreibung der Flüsse von der Ahr:
Uber das laufft der fluss Arar, der auss Trierer gebürg
entspringet, mit vil flüssen und bächen zuvor gemeret ob
Rigomag in Rhein. Bei Beschreibung der einzelnen Landschaften ist
die Eifel nicht besonders genannt. Wir werden sie als in Lothringen
eingeschlossen zu betrachten haben; dieses ist beschrieben als ein
wald- und wasserreiches Gebirgsland mit zahlreichen Heilquellen.
Ein interessantes Werk ist
desselben S. Franck Germania (mit ungeheuerlich langem Untertitel).
Dieses soll eine Beschreibung Deutschlands geben, aber gerade hier
zeit sich die Verbindung zwischen Erdkunde und Geschichte, wir
finden die Geschichte Deutschlands und zwar von Noe bis auf Kaiser
Karl. V. Was damals alles unter Geschichte mitlief, zeigt sich auch
so recht in diesem Buche: Trier ist da gegründet vom Sohne des
Semiramis und zwar ausgerechnet im Jahre 1947 v. Chr., der Name der
Cimerrier oder Cimebern ist in Verbindung gebracht mit Simmern auf
dem Hunsrück usw.
Aber die Schilderung erfolgt in einem
gemütlichen Plauderton, und stellen weise findet sich ein
köstlicher Humor, wenn z. B. der Rhein der berühmte
fisch-, wein- und zollreiche Fluß genannt wird. In der
Einleitung tadelt der Verfasser an den Deutschen die Vorliebe für
fremde Länder und die Mißachtung der eigenen Heimat;
daher komme es, daß die Deutschen viel besser Bescheid wüßten
über die Indianer als über ihr eigenes Land.
Auch bei
Franck finden wir die Eifel nicht als selbständige Landschaft
betrachtet. In dem alphabetischen Register geographischer Namen am
Schlusse des Buches finden wir wiederum die Ahr erwähnt; hier
heißt es: Arar entspringt im Trierer Gebirg, sunst Eyflia
genannt, fleusst bey Rehinmegen, nachdem es vil flüss und
rauschende bech inn sich genommen hat, inn Rhein. Bei dem Volk der
Menapier zwischen Rhein und Maas ist erwähnt, daß zu
deren Gebiet auch die Gegend gehörte so man ietz Eyfland
nennt; dann wird dieses Land als seenreich und sumpfig
geschildert. Überall wird also, wo von der Eifel als Landschaft
gesprochen wird, der Wasserreichtum des Landes betont.
Die beliebteste Kosmographie
war die des Sebastian Münster mit dem Untertitel:
Beschreibung aller Länder, Herrschafften und fürnemesten
Stetten des ganzen Erdbodens sampt ihren Gelegenheiten,
Eygenschafften, Religion, Gebräuchen, Geschichten und
Handtierungen etc. Das Werk erschien in Basel von 1544 ab in vielen
Auflagen. Münster stammte aus Ingelheim, er weilt mit
besonderer Vorliebe am Rhein und seine Uferlandschaften; diesem
Umstande verdanken wir Auch heine eigehendere Beschreibung der
Eifel.
In dem Allgemeinen Teil versucht Münster eine
Einteilung der europäischen Länder nach ihrer Bedeutung
für die Gewinnung von Metallen. An die erste Stelle rückt
er Spanien, dann folgen Thrazien, Britannien und an vierter Stelle
Gallien wie sich Gallien vor zeiten biss an den Rhein gezogen
hat und in dem begriffen Lothringen, die Eyfel, den Hundsrück
etc., da man biss auff den heutigen tag viel Metallen grebt. (ich
bemerke, daß auch Apianus und Franck als Grenze zwischen
Gallien und Deutschland den Rhein hinstellten, ohne daß dieser
eben damals politische Grenze war.) Auch von einem Silberbergbau in
der Eifel wird berichtet: Es wird zu unseren zeiten Sylber gegraben
... in Teutschland an manchem Ort, besunder in der Eyfel etc.
Gehen
wir nun zu dem eigentlichen Abschnitt über die Eifel über.
Münsters Buch ist reich illustriert. Die beiden Bilder, die wir
da zur Eifel finden, muten uns zunächst recht seltsam an. Wir
sehen da eine ganz typische Illustrierung des mittelalterlichen
Badelebens, wie sie aus den Kulturgeschichten allgemein bekannt
sind: in einem großen Bassin wird ohne Trennung der
Geschlechter gebadet und ringsherum ergötzen sich die Badegäste
an Tanz und Kegelspiel. Dieses Bild bezieht sich auf Bad Bertrich.
Die zweite Illustration stellt einen ungeheuerlichen Fisch dar, der
einen zappelnden Menschen in den spitzen Zähnen hält; dies
soll der große Fisch im Ulmer Maar sind. Gerade die
geheimnisvollen Kraterseen mit den Sagen, die sich an sie knüpften,
mochten zu allerhand Fabeleien reizen; hier sind besonders Laacher
See und Ulmer Maar erwähnt. Nicht genug kann Münster die
Rauheit der Eifel hervorheben; er berichtet von der Eisenindustrie
im oberen Kyll- und Salmtale, sowie an der Olef. Zum Schluß
führt er die Schilderung eines Gewährsmannes an, der Auch
den Wasserreichtum betont und zwar bemerkenswerterweise als ein
Attribut landschaftlicher Schönheit. Zwei Gegenden der Eifel
aber preist er geradezu überschwenglich, indem er sie an
Fruchtbarkeit und Gunst des Klimas mit Italien vergleicht; es sind -
alles schon einmal dagewesen - unsere Perlen der Eifel: Manderscheid
und Gerolstein.
Doch statt des trockenen Berichtes möge
nun die Beschreibung Münsters selbst folgen; jedem Eifelfreund
wird das Urteil, das man vor 3 ½ Jahrhunderten über die
Eifel fällte, von Interesse sein.
Von der Eyfel.
Wiewol diss ein trefflich rauch Landt und birgig ist, an den Hunesruck undt das Lützelburger landt stossendt, hat es doch Gott nicht unbegabt gelassen, der dann einem jeden Landt etwas gibt, darvon sich die Eynwohner mögen betragen und ernehren. Zu Bertrick ist ein warm Bad, den Krancken heilsam, ligt anderthalb Meil von der Mosel. Unfern von der Graffeschafft Manderscheid in den Herrschafften Keila, Kronenberg und Sleida im Thal Hellenthal macht man fürbindig gut Schmideysen, man geusst auch Eysen Oefen, die ins Oberlandt, alss Schwaben und Francken verkaufft werden. Item zwen namhafftiger See sind in dieser Eyfel, einer bey dem Schloss Ulmen und der ander bey dem Closter zu Laich, die sind sehr tief, haben keynen Eynfluss, aber viel Ausflüss, die nennt man Marh und sind Fischreich. In dem zu Laich findt man Stein grün- gelb- und rotfarb, gleich den bösen Smaragden und Hyazinthen. Im Marh zu Ulmen ist ein Fsich, wie dann viel gesehen haben, auff dreyssig Schuch lang, und ein ander auff zwölf Schuch lang, die haben Hecht gestalt. Und so sie sich lassen sehen, stirbet gewisslich ein Gauerb des Hass-Ulmen, es sey Mann oder Frau, ist oft bewäret und erfaren worden. Diese Marh liegen gemeinlich auff hohen Bergen, Man hat daz zu Ulmen wöllen ersuchen in seiner Tieffe, und nachdem man das Bley 300 klaftern tieff hinabgelassen, hat man kein Grund mögen finden. In der rechten Eyfel ist ein raucher Boden von Wäldern und da wenig mehr dann Haberen wechst, aber gegen dem Rhein und gegen der Mosel ist es fruchtbar, umb die Statt Mayen die Trierisch ist erzeigt sich gut Sylber Bergwerck, werden abe durch ungeschicklichkeit der Bawren verwarloset und kommen in abgang.
De Herrschafft halben, so in der
Eyfel ist, soltu wissen dass sie vast halber Lützelburgisch und
Trierrisch ist, doch der mertheil Lützelburgisch. Darinn wohnen
die Graffen von Arburg, Fürnenberg, Manderscheid. Item die
Freyherren von Ryfferscheid, die Herren von Rulingen, die Herren von
Ryneck. Die Graffeschafft von Vianden hat der Graffe von Nassau zu
Dillenburg, darin ligt die Statt St. Veit und die Statt Bastenach,
die doch Lützelburgisch ist.
Der Eyfler Hndtierung ist vast
mit Rindvieh, Honig und Wachs. Das Vieh kompt vast auss dem Landt bey
Bastenach, heisst das Oessling, von dem der gross Wald genannt
Ardenner Wald, darinn [S. Ruprecht] daz gross Closter ligt. Es
schreibt von dieem Landt Doctor Simon Reiochwein, der es wohl
durchfahren und besichtigt hat also:
Das Landt ist von Natur ungeschlacht, rauch von Bergen und Thälern, kalt und mit ungestümen Regen uberschüttet, aber Wasser und Brunnen halb gar lustig. Die Eynwohner sind gar arbeitsam, haben sinnreiche Köpff wo sie geübet werden, aber sie hangen an dem Ackerbaw und warten des Viehts. Es hat diss Landt gar weiss Vieh und viel Milch und Molcken. Es hat mehr Visch dann Wildprät, bringt auch Frücht für sich gnug, aussgenommen, da es so gar rauch ist, bringt es zimblich Haberen aber wenig andere Frücht. Umb Manderscheid von Gerardstein möcht es zu Sommerszeiten vergelicht werden Italiae seiner Sommerfrüchten halben: dann es bringt Melonen, Cucumern, Krausen Lattich und dergleichen Welsche Früchte. In den Herrschafften Schida, Cronenberg und Riehn sind Eysen Ertz, da man Eysen Oefen ausgeusst.
Von besonderer Bedeutung scheinen mir in diesem Bericht die Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse (Bienenzucht usw.) zu sein. Bastenach ist Bastogne in den belgischen Ardennen; Ößling heißt heute in Luxemburg das Land zwischen Our und Sauer.
Sammlung Hans
Regh
Edition Wingarden.de 23. 2. 2003 - H.K.
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