„Die Eifel“ 1950 - Um den Namen „Eifel“

von Dr. R. J. Spessart, Sinzig


Bei dem Interesse der Namensforschung, bei der großen Liebe und Anhänglichkeit, deren unsere schöne kernige Eifel sich erfreut, ist es nicht zu verwundern, daß unser Heimatgebiet oft zu dem Versuch lockte, seinen Namen zu deuten. Soviel ich übersehe, ist bis jetzt fünfzehnmal vergeblich der Anlauf zu einer Erklärung genommen worden. Sechs dieser Versuche, die von Minola I und Marjan, die von den Professoren Vogt, Dronke, Cramer I und Franck, vor allem die von Cramer I und Franck, waren dem richtigen Endziel ganz nahe gekommen. Doch man war zu ihrer Zeit noch so stark in Kultomanie befangen, daß man gar nicht daran dachte, daß das Wort „Eifel“ germanischer Herkunft sein könne. Das führte von falschen Voraussetzungen zu falschen Schlüssen. Andere Arbeitern gingen mit zu schwachem Rüstzeug zu Werke und halten den Sprachgesetzen, den geographischen, kulturellen Gegebenheiten noch weniger stand. Die längste Arbeit, der von Prof. Franck über die „Eifel“ für die Eifelfestschrift, 1913, verfaßte Beitrag, ist leider, wie auch die Arbeit von Cramer, ganz ohne System angelegt und endet mit einem „Unentschieden“.


Der Goldberg bei Ormont - (Fotokopie) - Original K. Steinle, Bonn

Die Ergebnisse der einzelnen Versuche sind folgende:

  1. Die „Eifel“ ein „Ein-Feld“, d.h. ein armes, ödes, einsames Feld, Demnach wurde die Entwicklung „Einsames Feld - Einfeld - Eifeld - Eifel“ angenommen.

  2. Die „Eifel“ ein „Eisenland“, ein „Eisenfeld“ auf Grund der früher in der Eifel lebhaft betriebenen Eisenbearbeitung. So billig kommt man nicht zum Ziel.

  3. Prof. Wrede, Köln, denkt an „Eefel“ = „steifer Lehmboden“. Der Bezirk dieses von ihm herangezogenen Wortes bzw. Begriffes liegt aber gar nicht inder „Eifel“, sondern im Karosgau.

  4. Die „Eifel“ als „Land der Talliater“. Nach einer lateinischen Inschrift, Corp. Inscirpt. Lat. XIV. 7777 aus Ripsdorf, sind die Talliater die Einwohner von ehemals Tallendorf, jetzt Dollendorf südlich der oberen Ahr. Es ist historisch und sprachlich nicht möglich, daß der Name der Eifel von den Talliatern abgeleitet ist.

  5. Die Eifel als „Land der Taifalen, richtiger Tai'faler“. Diese waren Vortrab und ein Teilvolk der Westgoten. Sie waren in der Walachei, im Banat, in Siebenbürgen, an der Donau bei diesen. Gefangene von ihnen wurden bei Parma, Modena, Rheggio angesiedelt. Zu Beginn des fünften Jahrhunderts sind Taifaler in Mittelfrankreich bei Poitiers nachgewiesen. Mit dem Gebiet der Eifel und ihrem Namen haben sie nichts zu tun.

  6. Die Eifel kann auch als das „Land der Eburonen“ angesehen werden. Das Land der die Nordeifel bevölkernden Eburonen nannte man lateinisch ganz richtig Eburonia. Man glaubte über das sprachwissenschaftlich nicht haltbare „Efulonia - Efulia - Efel zu „Eifel“ gelangen zu können.

  7. Minola I, um 1800: Eifel = „Wasserausflußland“ gedeutet. Lat. Q'quilla, franz. Aywaille ist eine kleine belgische Stadt an der Amel (Amblève). Von dem richtigen A'quila = „kleines fließendes Wasser“ ausgehend über die Plurale aqualia (neutr.) = „Wassergebiete“ und effluvii (masa.) = „Ausflüsse“ kam er trotz der Irrwege zur „Eifel“. Er traute aber seiner Deutung selber nicht und griff zu.

  8. Minola II: Eifel = engl. Highfield - heifield - heifeld = Hochfeld = Hochland. Damit hatte er sich vom Ziel weit entfernt.

  9. Marjan, Aachen: Eifel = „Wasserland“ bringt Eifel mit matronae a'fliae - Apulien - Stamm ~ap = „Wasser“ in Verbindung. Marjans Denkrichtung war richtig, doch der von ihm beschrittene Weg führte sprachlich und lautgesetzlich nicht zum Ziel.

  10. Prof. Vogt, Neuwied: avel = auel = Efel = Eifel = „auelreiches Land“. Doch aus althochde. ouwa, mittelhochd. ouwe = „Aue“ wurde „Auel“, „Auelgau“, z.B. an der unteren Sieg und an den Nordwestausläufern des Westerwaldes nicht aber „Eifel“, „Eifelgau“.

  11. Prof. Dronke, Trier: Ähnlich wie 9. Marjan: Eifel auf ~ap ~apa = aqua zurückgeführt = „Wasserland“.

  12. Prof. Cramer, Düsseldorf I, Eifel von lat *Aquila = „Wässerchen“ über Auel hergeleitet; vgl. 7. Minola I. Cramer nahm an, der am Dörfchen Auel, westlich Lissendorf, vorbeifließende Tiefenbach habe früher vielleicht A'quila geheißen; von ihm bzw. dem damaligen Namen für atual sie der Name „Eifel“ ausgegangen. Die ehemalige Bezeichnung mag stimmen. Aber Aquila und Auel sind zwei ganz verschiedene Grundworte. Aquila ist = „Wässerchen“, Auel dagegen ein von einem solchen durchflossenes Wiesenland. Gleichwohl geht Cramer von Aquila zu Auel über; aber aus „Auel“ konnte, wie Cramer selbst gegen Vogt richtig ins Feld führte, niemals „Eifel“ entstehen. Wäre Cramer bei Aquila geblieben und auf germanischer Grundlage weitergegangen, wäre er sprachwissenschaftlich, wenn auch nicht „Eifel“ = faktisch ans Ziel gekommen.

  13. Prof. Hürten, Münstereifel: Die Eifel ein „Eibenland“. Das geht erstens sprachwissenschaftlich nicht. 2. Die „Eiben“ = Orte zerfallen in drei Gruppen: a) Die niederdeutsche mit I: Ibach, Iburg, Ibbenbüren, Ibenhorst, Ibenthann, Ivendorf. b) die mittel- und oberdeutsche Gruppe mit Ei: und Ebig, Ebingen, Eibach, Eibau, Eibelstatt, Eibenstock, Eibsee, Hocheib, Kircheip, Mühleip. c) In die des römisch-lateinischen Sprachgebietes. In ihm, also auch in der Eifel, gehen die „Eiber“ = Orte von der lat. Bezeichnung taxus aus. z.B. Dachsenhausen, Dachskaut, Dachsbach, Dackscheid, Daxweiler, Daxberg, Daxelberg, Daxbusch, Daxlanden, Daxburg und sogar Tettschied, 1161 Taxscheit.

  14. Prof. Franck, Bonn, landet auf umständlichen, unsystematischen Wegen zwar bei dem richtigen, nicht als germanisch anerkannten Achwila, Aivla, kommt aber immer weiter vom Ziel ab und endet mit ignoramus - wir wissen es nicht.

  15. Cramer II: Die Eifel über Effe, Iffe, Eife = Ulme als „Ulmenland“ gedeutet. Damit sind alle „Eifel“-Urkunden unbeachtet gelassen; das Ziel ist noch mehr verfehlt.

  16. Dr. Spessart, Elberfeld und Sinzig: „Eifel“ = „Land der kleinen fließenden Wasser“. Er geht vm germanischen a'chwö = „fließendes Wasser“ aus. Dazu gab es, dem lat. a'quula entsprechend, die Verkleinerung „a'chwila = „kleines fließendes Wasser“. Dazu gehörte ganz folgerichtig dieser an anderer Stelle der kleinen fließenden Wasser“. Zur dieser an anderer Stelle ausführlich klargelegten Deutung passen die „Eifel“-urkunden, die sprachlichen Betrachtungen und die räumliche Ausdehnung des ehemaligen „Eifel“-Gaus. Der umfaßte die Kreise Daun, Adenau, Schleiden und den Südweststreifen des Kreises Euskirchen, so wie er vor seiner Neuordnung umgrenzt war. Er erstreckte sich in der Nordsüd-Richtung von Satzvey-Iversheim bis Sarresdorf-Eckfeld, in der Westost-Richtung von Scheidt-Hallschlag bis Hannebach über der Brohlquelle. Innerhalb des „Eifel“-Gaus entspringen tatsächlich sämtliche Flüsse der Eifel mit Ausnahme der Nims und der Prüm. Erstere entspringt in Weinsheim im Arosgau, letztere auf der Grenze zwischen „Eifel“-Gau und Karosgau nördlich von Prüm. Innerhalb dieses Raumes Eifelgau sind alle seine Flüsse tatsächlich als klein anzusehen. Erst im lauf der Zeit hat der Name „Eifel sich, dem fließenden Wasser folgend, ausgedehnt und allmählich alle anderen in seinem heutigen Namensgebiet gebräuchlichen Gaunamen überlagert. Daher auch die Erscheinung, daß man früher, wenn man in die „Eifel“ wollte, immer weiter ins Innere des Landes geschickt wurde. Noch heute hört man, wenn man von Luxemburg kommend in die Eifel zieht: „Dann müßt Ihr bis hinter die Kill gehen!“ Die linksrheinische Rur ist eigentlich nur durch ihre rechtsseitigen Zuflüsse ein Eifelfluß. Sie wird bei Sourbrodt, d.h. auf den „Sauerwiesen“ der Botrange, d.h. auf dem '“Burtanger“, „geboren“ und gilt als Fluß des Venns.

Vorstehende Ausführungen beruhen auf einem Manuskript über „Die Namen der „Eifel“ und ihrer Nachbargebiete“. Es sieht auf eine Vorarbeit von 25 Jahren zurück, ist im Frühjahr 1943 verfaßt und zählt über 200 Heftseiten.

Quelle: Eifelvereinsblatt 1918
Archiv Hans Regh

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