Die Römische Villa

Von Karl Naske


Als man im Jahre 1839 die "Chaussee" von Euskirchen nach Trier in der Ortslage Weingarten ausbauen wollte, stieß man auf die Mauern eines römischen Bauwerks. Man deckte damals die Räume auf, die unter der Bundesstraße 51 liegen.

In dem Raume 2 fand man einen Mosaikfußboden, dessen Reste jetzt im Museum sind. Es handelt sich um ein Motiv, auf dessen Überbleibseln die Figur eines unbekleideten Mannes von hinten zu erkennen ist, woraus man ein "Gladiatoren"-Motiv als Darstellung annehmen kann. Rundherum waren Band- und geometrische Ornamente geschlungen. Außerdem waren sowohl die Wände dieses Gemaches wie auch die des nördlich gelegenen Raumes 1 mit vortrefflich poliertem Marmor verkleidet.

Die königliche Regierung in Köln fragte damals in Berlin an, was zu tun sei und wie man mit diesen bedeutenden antiquarischen Funden verfahren sollte. Sie erhielt die Antwort, den Straßenbau unverzüglich fortzusetzen. So blieb nichts anderes übrig, als das Mosaik so gut wie möglich auszuheben, die Mauern zu vermessen und das Ganze zum Zwecke des Straßenbaues wieder zuzuschütten.


„Gladiatoren“-Mosaik, gefunden 1839


Bis zum Jahre 1851 ruhten dann die Ausgrabungen. Da verkümmerter Pflanzenwuchs östlich der Straße anzeigte, daß hier weitere Mauern dicht unter der Bodenoberfläche vorhanden waren, wurden die Ausgrabungen wieder aufgenommen. Man fand Mauern und Räume in einem Umfang, daß man auf eine ehemalige große Jagdvilla oder ländliche Villa schließen mußte. Innerhalb der nördlichen Mauer stellte man zwei starke Pfeiler fest, die wohl das Eingangstor 8 flankiert haben. Durch den Eingang trat man in einen gepflasterten Hof 9, der nach links in den größten Raum des Anwesens führte, in dem auch das Gladiatoren-Mosaik gefunden wurde. Die Fenster dieses Zimmers werden an der westlichen Seite gelegen haben. Da es der prachtvollste Raum ist, aber ohne Heizung, war es wahrscheinlich der Sommeraufenthalt der Bewohner. Die Räume 3 und 6 waren heizbar, 5 war die Feuerstelle und 6 ein Bad in einer halbkreisförmigen Nische, wie die Römer sie gerne bauten und auch in dieser Villa mindestens vier vorhanden waren. Die weiteren Räume 10, ein Bad oder heizbarer Raum, und 11 waren noch gut festzustellen. Raum 12 war wahrscheinlich ein Gang, durch den man in den großen Hof 13 gelangte. Die Zimmer 7 und 10 könnten von hier ihr Licht erhalten haben. In einer Ecke des Hofes befand sich eine Kalkgrube. Eine in der Mitte des Hofes festgestellte Kanalrinne führte in die Räume rechts davon. In diesem großen Hof wurde vielleicht auch Vieh gehalten. Die rechts davon gelegenen, langgestreckten Räume 14 und 15 könnten Ställe gewesen sein, obwohl die prachtvollen Räume nebenan dagegen sprechen.


„Amazonen“(schilder)-Mosaik, gefunden 1874


Die Räume 16, 17, 18 und 19 waren Innenräume für sonstige Zwecke und man kann nur vermuten, woher sie ihr Tageslicht empfangen haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß 22 ein weiterer Hof war, der dann als eine Art Lichthof gedient hätte. Vielleicht aber waren diese Räume auch sogenannte "dunkle Zimmer", wie sie mehrfach in römischen Villen vorkamen. Raum 20 wiederum war heizbar, die Feuerstelle 21 muß davor gelegen haben. Die Räume 7 und 10 könnten Bäder gewesen sein. Rechts (östlich) von 18 und 20 wurden noch eine Reihe weiterer Räume festgestellt, über deren Zweck und Benutzung nur Vermutungen angestellt werden können.

Immerhin ist für ein solch großes Anwesen auch eine zahlreiche Dienerschaft erforderlich und irgendwo müssen ein Teil dieser Leute auch im Hause untergebracht gewesen sein.

Im Jahre 1874 ordnete die königliche Regierung dann weitere Ausgrabungen an, die sich, mit Unterbrechungen, bis 1881 fortsetzten. Dabei zeigte es sich, daß in spätrömischer Zeit ein weiteres Gebäude oder eine wesentliche Erweiterung an den bestehenden Teil angefügt worden war. Im Spätherbst fand man ein weiteres Mosaik im Raume 23. Dem Stile nach gehört es einer späteren Zeit an als das Gladiatoren-Mosaik. Es wirkt irgendwie "moderner" und wegen des vielfach wiederkehrenden Motivs der Amazonenschilder nennt man es das "Amazonen-Mosaik". Es befindet sich jetzt ebenfalls im Rheinischen Landesmuseum in Bonn. Im Raume 24 daneben befand sich ein reizendes Fontainebassin, in dem durch ein Rohr ein Wasserstrahl emporstieg.

Alles in allem hat das Gehöft nach unseren Maßen eine Ausdehnung von 65 X 65 m, also ein stattliches Anwesen.


Das Mauerwerk des Fundamentes dieses Bauwerkes bestand aus Bruchsteinen der örtlichen Gegend, die mit Mörtel verbunden waren. Das aufgehende Mauerwerk war in der Konstruktion nicht so grob, sondern bestand aus kleineren Steinen. Der Putz auf dem Mauerwerk war eine Art Stuck- oder Kalkputz aus drei Lagen. Die erste Lage war aus grobem Sand, die zweite mit feinerem und die dritte mit sehr feinem Sand hergestellt. Diese letzte Schicht konnte poliert werden und war meistens braunrot (pompeianisch rot) gefärbt und zeigt unten eine horizontale, mattgelbe Linie, die gewöhnliche Färbung der römischen Wände.


Weihedenkmal an einem Genius, gefunden in Kreuzweingarten


In manchen Räumen fand man verschiedene Sorten von Steinen, die entweder zu Platten geschliffen und poliert, oder als Leisten mit Viertelstab oder Hohlkehle ausgearbeitet waren. Außerdem fanden sich außer den beiden Mosaikböden sehr schöne Marmorfragmente

I u. 2 Römervilla, 3 Kanal (Pfarrgarten), 4 Wasserkanal unter dem nördlichen Haupteingang, 5 u. 6 früher aufgefundene Kanäle


der Wandbekleidung, Ziegelplatten, Münzen, bronzene Nägel und Teile von Bronze- und Tongegenständen. Das Material der Mosaikfußböden bestand aus gefärbten Tonwürfeln in weißen, gelblichen, braunen, roten und schwarzen Farben, die auch Zwischentöne auf


Zeitlich ist die Erbauung der Villa schwerlich einzuordnen. Ihrer Üppigkeit nach fällt sie in die Blüte des römischen Reiches, auch ist ihr Bau in mindestens zwei Abschnitten erfolgt. Da sie in einem wasserreichen Tal liegt, das damals sicher mehr Wald aufwies als heute, ist sie wohl eine " villa rustica " = Landvilla gewesen. Da sie in unmittelbarer Nähe der römischen Wasserleitung liegt, die hier ihr stärkstes Streckengefälle hat, kann ihr Besitzer auch oder zugleich ein hoher Offizier oder Zivilbeamter gewesen sein. Die Nähe der großen Kalkbrennerei der hohen Ley spricht ebenfalls dafür .

Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß sie etwa zur seIben Zeit entstanden ist, wie die dortige römische Wasserleitung.

Um ihre Erforschung und Freilegung haben sich besonders bemüht: Prof. Overbeck-Winckelmann 1851 und Prof. aus'm Werth 1871 und 1874.


Lage der Römervilla im alten Ortsteil an der B 51



Karl Gissinger schrieb 1902 :

"In Weingarten wurden 1839, 1851 und 1874 die wohlerhaltenen Fundamente einer großen Römervilla bloßgelegt, welche in fränkischer Zeit von einem Landmanne weiter ausgebaut und zu Wirtschaftszwecken benutzt wurde. Hauptfundstücke waren eine Merkurstatuette und eine Militärverdienstschnalle mit der Inschrift - Utere felix -."


Bereits bei den Ausgrabungen 1839 stieß man westlich der Villa auf Wasserleitungskanäle. Einer davon verläuft in nordöstlicher Richtung gegen den Straßenzug. Die Kanäle sind aus verschiedenen Materialien erbaut, zum Teil aus Ziegelplatten, zum Teil aus Bruchsteinplatten und mit Platten aus Kalksinter der großen Wasserleitung abgedeckt. Die Fortsetzung dieser parallel laufenden Kanäle ist noch nicht bekannt, es müßten noch Ausgrabungen vorgenommen werden.


Blick vom Burgberg zur Römerzeit. Links die „Villa rustica“, vorne die Erft, hinten hoch am Berghang das Tempelchen


Rechtwinklig zu diesen Kanälen wurde ein weiterer Kanal festgestellt, der aus rotem Sandstein der Zülpicher Formation gebaut worden war. Da er sich nach der Villa zu senkt und damit unter der Straße verschwindet, ist die Feststellung seiner Verbindung zu den anderen Kanälen sehr erschwert.

Leichter ist der aus Nordwesten auf das Eingangstor hin einfallende Kanal zu bestimmen. Sicher hat er mit dem vorgenannten nordöstlich verlaufenden Kanal irgendwo eine Verbindung, zumal letzterer nach Norden hin neben der Straße herläuft. Pfarrer Reinartz fand nun in seinem Pfarrgarten einen weiteren Kanal, welcher der Sauberkeit nach ein Wasserkanal gewesen sein muß. Er scheint in verblüffender Weise vom Römerkanal her und zur Villa hin zu verlaufen.


Die Archäologen hören so etwas nicht gerne. Bei ihnen gilt der Satz, daß der Römerkanal kein Wasser an "privat" abgegeben habe. Pfarrer Reinartz weist darauf hin, daß Prof. aus' m Werth festgestellt habe, die Wasserleitung für die Villa sei in den nördlichen Haupteingang eingetreten. Da er ferner im Raum 24 ein Fontainebassin fand, könnte dies durch den Druck des von der nördlichen Höhe her kommenden Wasserzuflusses gespeist worden sein. Wir aber wollen den Fachleuten nicht widersprechen, glauben aber, es Pfarrer Reinartz schuldig zu sein, dessen Ansicht vorzutragen.

Genauen Aufschluß könnten nur weitere Ausgrabungen ergeben, insbesondere solche von der Villa her in Richtung auf den Pfarrgarten und weiter hinauf zum Römerkanal; hier aber im Bereiche des Pfarrgartens quer zum Römerkanal.

Im rechten, östlichen Teil des römischen Anwesens wurden 1881 zwei Abwasserkanäle entdeckt, die in einen Graben einmünden. Dieser war wahrscheinlich schon von den Römern zur Entsumpfung oder Abgrenzung angelegt worden und mündet in die nahe Erft.


Entnommen: Kreuzweingarten - Rheder - Kalkar, 1969, Zeitbiografischer Verlag, Kreuzweingarten


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