Die Vordereifel 

Geschichtliches und Wanderungen von Joseph Pesch - 1901 

Römische Periode

Die Herrschaft der Kelten wurde gleichzeitig von zwei Seiten bedroht, im Norden durch die vordringenden Germanen im Süden durch das mächtig um sich greifende Römerreich. Infolge innerer Streitigkeiten waren sie den doppelten Angriffen nicht gewachsen und mußten im 4. Jahrhundert v. Chr. die rechte Rheinseite vor den andringenden Germanen räumen, während sie sich auf dem linken Ufergelände noch mehrere Jahrhunderte unter röm. Oberhoheit halten konnten. Durch den Neffen des Marius, der bei Uquä Sextiä (102) und Bercellä (101) die Cimbern und Teutonen vernichtet hatte, den großen Feldherrn, Staatsmann und Geschichtsschreiber C. Julius Cäsar war die Römerherrschaft in unsere Gegend in den Jahren .58 - 55 v. Chr. begründet worden. Gallien gehörte den Römern, die Kelten kamen unter römische Oberhoheit, der Rhein war vom Bodensee bis zu seiner Mündung die westliche Grenze Deutschlands. Von den germanischen Stämmen, welche aus Germanien auf die linke Rheinseite auswanderten, rückten die Eburonen in unsere Gegend. Cäsar gibt bei der Beschreibung des Eburonengebietes die Beschaffenheit des Landes an, spricht über Berge, Täler, einen großen Talkessel, Waldungen, Sümpfe und Moräste. Der Landkomplex, den das Eburonengebiet begriff, ist die nördliche Eifel mit dem Vorgebirge, das Hohe Venn und Teile der linksrheinischen Ebene. Als Hauptgebietsteile kommen für uns also in Betracht die Flußgebiete der Ahr, der Erft und der Roer. Trotz dieser Ansiedlung verschiedener germanischer Stämme auf dem linken Rheinufer muß sich doch keltisches Volkstum bis zum völligen Ende der Römerherrschaft erhalten haben. Das bezeugen z. B. die Ortsnamen, welche von lateinischen Personennamen mit einem kelt. Sussix (acum) abgeleitet sind. Unter dem Einfluß der Römerherrschaft hatte sich eben bei der einheimischen keltischen Bevölkerung die Vorliebe für lateinische Namen entwickelt. Man machte, besonders nach Erlangung des Bürgerrechts lateinische Personennamen zu den seinigen. Zur Bildung der Ortsnamen wurde an diese das kelt. Sussix aco (iaco, meist die Zugehörigkeit eines Ortes zu einer Person bezeichnet), angehängt. Ursprünglich waren es wohl Ackergüter, die nach ihrem Besitzer durch einen solchen Namen auf acon (acum) bezeichnet würden. Später ging dann der Name auf die sich angliedernde Ortschaft über. Unsere Ortsnamen auf "ich" gehen auf die keltischen Ortsnamen auf acum (iacum) zurück. So ist Lessenich hergeleitet von Lassoniacum. Der Name Zievel ist als Tibulliacum erklärt; das Sussix acum ist abgefallen und t wie bei Zülpich (Tolbiacum) zu z verschoben. Kirspenich = Crispiniacum (mit Methathesis -Buchstabenvertauschung-). Das kelt. Grundwort duron (Festung) steckt wahrscheinlich in Rheder, indem diesem Ortsnamen die alte Benennung Rigodurum (Königsburg) zu Grunde gelegt wird. Ein Synonymon von duron, nämlich dumon (befestigte Anhöhe, Burg) zeigt sich im Namen Tomberg, alt Tone = burg. Der bekannte Kottenforst, zu dessen Forstbezirk auch Waldungen unsres Gebietes gehören, wird in Verbindung gebracht mit dem keltischen Worte coat (Wald). Der Zeit der Römerherrschaft entstammen auch eigentlich römische Ortsnamen. Nahe beim Castra Belgica liegt Kalkar. Hier haben die Römer schon Galcaria, Kalksteingruben, die noch heute ausgebeutet werden, angelegt. Kastenholz b. Flamersheim geht vielleicht auf ein lat. Castanetum (Kastanienheim) zurück. Iversheim hat als Grundwort hiberna, den zweiten Bestandteil des alten Namens castra hiberna. Der Name Münstereifel ist ebenfalls lat. Herkunft; jedoch entspringt er dem mittelalterlichen Klosterlatein (Monasterium Eifliae). Euskirchen gehörte zu jenen Städten, welche als Hauptstationen und Marktplätze der Römer zu Ehren des Augustus den Namen Augusta erhielten. Im 9. Jahrhundert erscheint der Ort unter dem Namen "Augustchirche", als gemäß dem Vertrage von Mersen 870 Ludwig dem Deutschen zufallend. (Diese Namensform beweist auch, daß bei der Verbreitung des Christentums in unserer Gegend, Euskirchen schon kirchliche Bedeutung erlangt haben muß.)

Man findet die Römer als die ersten Erzeuger rheinischer Kultur des öfteren gepriesen. Diese Ansicht ist grundverkehrt. Die Kelten waren keineswegs ein rohes Kulturvolk, als die Römer zu ihnen kamen. Auf manchen Gebieten, z. B. auf dem des Kunstgewerbes, leisteten sie schon Beachtenswertes, waren auch im Festungsbau sehr erfahren, wie dies Gäsar zur Genüge erfahren mußte. Zwar viele Reste von ländlichen Gehöften, sog. Villen mit römischer Bauart und Ausstattung sind in unserer Gegend aufgedeckt worden (so bei Burg Zievel, in Kalkar, Weingarten, bei Stotzheim, in Niederkastenholz, Flamersheim, Kirchheim und bei Schloß Ringsheim). Diese Villen aber als Niederlassung römischer Großgrundbesitzer oder als Vergnügungssitze römischer Staatsbeamten oder Offiziere, oder als Jagdschlösser reicher Römer betrachten zu wollen, ist durchaus verkehrt. Es waren meist gallische Gutsbesitzer, die römische Namen angenommen, welche diese Gehöfte besaßen. Als die Römer ihre Straßenzüge durch unser Gebiet anlegten, fanden sie das Land schon stark mit geschlossenen Ansiedlungen besetzt, die an Bedeutung und Zahl die römischen überragten. Durch die Anlage von Festungswerken, Straßen, Kastellen und Städten wurde unser Gebiet zwar nicht planmäßig kultiviert, aber doch in kurzer Zeit romanisiert. Auf verschiedenfache Weise geben sich die vielen Spuren des römischen Wegenetzes in unserer Gegend zu erkennen.

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