Die Vordereifel |
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Geschichtliches und Wanderungen von Joseph Pesch - 1901 |
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Die Burgen |
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Die beträchtliche Anzahl von Burgen (meist Tiefburgen), welche unsere Gegend aufweist, macht eine eigene Betrachtung der Entstehung der Burgen sowie des Burgenbaues notwendig, wobei dann auf Beispiele unserer Gegend hingewiesen wird. Der Namen "Burg" ist
sehr alt und bedeutet dem Wortbegriffe nach eine bergende,
schützende Stelle. Die Burg im kleinsten Umfange ist nichts
als die Befestigung eines einzelnen Wohnhauses, die Stadt im
Mittelalter ist eine Burg im größten Umfange, eine
Verteidigungslinie um eine Reihe von Wohnhäusern und
öffentlichen Gebäuden. Die Burgen des Landadels sind
einzuteilen in Burgen der Dynasten (Tomburg) und in Burgen der
Feudalen, der Lehensburgen. Dynasten sind die Häupter
derjenigen Geschlechter, welche das Stadthalter oder Grafenamt
eines Gaues inne hatten und welche eine unmittelbare Freiheit
behaupteten. |
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Zu jeder Hochburg gehörte im Mittelalter ein im Talgrunde liegender Meierhof, welcher die zum Unterhalt der Schloßbewohner nötigen Lebensmittel lieferte. Nach Anwendung der Pulvergeschosse im späten Mittelalter zogen manche Adelige von ihren, keinen genügenden Schutz mehr bietenden, hochgelegenen Burgen in diese Meierhöfe hinunter, welche nunmehr zu einer Wasserburg befestigt wurden, während die ursprünglichen Hofburgen, zunächst von Verwaltern bewohnt, nach und nach dem Verfall anheimfielen. Die Mehrzahl der Burgen, welche der deutsche Adel bewohnte, war in wohnlicher Beziehung meist schlicht und dürftig, und keineswegs prächtig eingerichtet. Trotzdem ist ihr Ansehen höchst malerisch, und die alten Baumeister haben es verstanden, mit den einfachsten Mitteln eine Wirkung zu erzielen, welche das Auge erfreut und der Gegend zum Schmucke gereichte. Das erste Gebot jeder Burg war
Festigkeit und Sicherheit, und diese waren für die Anlage und
Einrichtung maßgebend. Die Annehmlichkeit des Lebens in der
Burg konnte nur soweit Berücksichtigung finden, als es, ohne
dem Hauptzweck zu schaden, möglich war. Die
Hauptannehmlichkeit war stets das Gefühl der Sicherheit,
welche die Burg dem Bewohner bot. Es kam dieses schon bei der Wahl
des Platzes in Betracht und galt es, die Stelle zu finden, die den
meisten Schutz gegen Angriff und die größte
Verteidigungsfähigkeit bot. Wo es anging, suchte man die Burg
versteckt und unzugänglich anzulegen, keine breiten Straßen
wurden dorthin angelegt, man sollte im Gegenteil möglichst
schwer dorthin gelangen; der Verteidiger der Burg suchte in
Kriegszeiten den Weg zu beherrschen, denselben durch
hinabgeworfene Steine und Geschosse, durch hineingeworfene
Hindernisse so viel als immer möglich ungangbar zu machen, um
den anrückenden Gegner hinzu halten und zu schädigen. Da
der erhöhte Standpunkt dem Kämpfenden Vorteil brachte,
so war stets mindestens eine geringe Erhöhung erwünscht,
sodaß der Gegner bergan zur Burg steigen mußte, der
Verteidiger aber sich bergab ihm nähern konnte. Wo in der
Ebene kein natürlicher Hügel sich bot, sind leichte
Hügel um die Burg künstlich aufgeschüttet. Dort
benutzte man auch vorzugsweise das Wasser als Abhaltungsmittel. Wo
nicht Bäche und Sümpfe vorhanden waren, legte man Gräben
an, wo möglich mit Wasser gefüllt, das zu tief war, um
von Bewaffneten durchschritten zu werden; Gräben, deren Boden
weich und sumpfig war, um das Durchschreiten zu erschweren. Man
suchte es ferner unmöglich zu machen, an die Mauern heran zu
gelangen, um mitteIst Leitern dieselben zu ersteigen oder
dieselben zu unterminieren oder zu durchbrechen. Aus der ältesten
Zeit, vor 1100, sind vollständige Burgen nicht mehr erhalten,
sondern nur einzelne Reste, wie uns solche in den mächtigen
Trümmern der Tomburg entgegentreten. Schon bei den Burgen unserer Gegend finden sich große Unterschiede in Lage, Größe, Material, Bauform. Wir können aber bei der Beschreibung des Burgenbaues eine solche nur auf das Gemeinsame desselben beziehen. Vor der eigentlichen Burg befindet sich fast immer eine Vorburg oder Außenburg, welche man vorher zu passieren hat, um in den inneren Burghof zu kommen. Solche begegnen uns in den Anlagen der Burgen Hardtburg, Antweiler, Satzvey, Veynau. Bei Talburgen ist die Vorburg von einem nassen Graben umzogen. An den freien Stellen ist die einschließende Mauer mit Erde hinterfüllt, sodaß sich oben ein Rundgang (Wehrgang) zur Verteidigung befindet; teilweise auch stehen an dieser Mauer unmittelbar die Wirtschaftsgebäude, Ställe und Scheunen, welche so eingerichtet sind, daß auch von dort aus eine Verteidigung des Grabens stattfinden kann. Häufig traten an den Ecken und bei großer Länge der Mauer aus dieser Türme heraus, welche es ermöglichten, den Graben oder den Abhang mit Pfeilschüssen zu bestreichen. Dadurch, daß man die Bausteine von dem Berge, worauf die Burg stand, meistens selbst gewannt indem man die Steine am Fuß des Berges oder unterhalb der Mauer wegbrach wurde der Berg vielfach versteilert, sodaß die Mauern auf steile Felsen zu stehen kamen. Das Eingangstor lag entweder in
einem breiten Turm (Hardtburg, Veynau) oder zwischen zwei Türmen
(Zievel, Satzvey), oder in einem Gebäude neben einem, dieses
Gebäude schützenden Turm. Häufig waren mehrere Tore
zu passieren, bevor man die Vorburg erreichte. Das Tor selbst
bestand aus starkem Eisenbeschlag (Veynau, Hardtburg). Es war
geschützt durch eine Zugbrücke (Veynau, Satzvey, Zievel,
Antweiler) oder durch ein Fallgatter (Hardtburg) oder durch bei
des zugleich. Wie schon erwähnt, standen in der Vorburg die
Stallungen, Backhäuser und Wohnungen der Reisigen und
Burgleuten usw. (Veynau). Bei allen Burgen auf Bergvorsprüngen,
an welchen sich rückwärts der Berg fortzieht, oder ein
höherer Berg sich anschließt, ist diese Seite, welche
die Angriffsseite bildet, durch eine querstehende Mauer
abgeschlossen, die man Schildmauer nennt, weil sie, wie ein Schild
den Mann, so die hinter derselben liegenden Wohnräume der
Burg deckt. Diese Schildmauer bildet einen selbständigen
Verteidigungsbau, indem seine bedeutende Dicke (Hardtburg: 2 1/2
m) gestattete, nicht allein einen Wehrgang anzulegen (Veynau,
Satzvey, Zievel, Hardtburg), sondern häufig noch Raum bot, um
Schleudermaschinen gegen den belagerten Feind aufzulegen und
denselben auf wirksame Weise zu hindern, den Graben durch
teilweise Ausfüllung desselben zu nehmen und
Zerstörungsmaschinen aufstellen zu können. Mitunter war
die Schildmauer so breit, daß oben Wohnräume angelegt
werden konnten, in welchen eine kleine Besatzung mehrere Tage
Unterkunft fand, wenn die Ringmauer vom Feind erstiegen, und die
Wohnräume in Gefahr waren, besetzt zu werden, bis etwaiger
Ersatz und Hilfe die Belagerten wieder befreiten. |
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Als Kern der ganzen Burganlage
ist der große Bergturm, Bergfried genannt, zu betrachten,
welcher als mächtigstes Defensivwerk anzusehen ist. Er diente
auch den Belagerten als letzter Zufluchtsort, wo sie ihre Habe
bergen, und wohin sie sich selbst zurückziehen konnten, wenn
alles Übrige verloren war. Für gewöhnlich wurde der
Bergfried zu Wohnzwecken, außer für den Turmwart, nicht
benutzt. In Frankreich dagegen wurde der "Donjon"
genannte Turm häufig sehr groß gebaut und enthielt
große Wohnräume. Auch in England ist solches der Fall.
Der Bergfried ist entweder rund (Zievel, Tomburg), hufeisenförmig,
viereckig (Hardtburg) oder polygonal, sogar dreieckig kommt er
vor. Er stand meistens an der gefährdetsten Stelle der Burg
an der Schildmauer, oder beim Haupttor oder in der Mitte des
Schloßhofes, je nach der Zweckmäßigkeit. Bei
langgestreckten Burgen waren zuweilen zwei Bergfriede vorhanden.
Der Burgturm ragte hoch über die Umfassungsmauern empor und
war so angelegt, daß er auf seiner Plattform Wurfgeschosse
tragen konnte. Mit einer Anzahl Schleuderer und Bogenschützen
konnte man vom Anfang der Verteidigung an verhindern, daß
der Feind ungestört in der Nähe feste Aufstellung nehmen
konnte, weshalb er auch der schwächsten Stelle nahegerückt
wurde, gegen die naturgemäß der Belagerer seine
Hauptkraft richtete. Dem bereits in den Burghof gedrungenen Feind
konnte man durch Hinabwerfen von Steinen schaden. Die Eingangstür
zu den Bergfrieden lag nicht zu ebener Erde, sondern gewöhnlich
mehrere Meter über dem Boden und war entweder nur mittels
Leiter oder eines fliegenden Steges, einer wegzunehmenden Brücke
von naheliegender Wehrmauer oder von einem Gebäude zu
erreichen. Der alte Zugang zum Bergfried der Burg Zievel liegt
erst in der Höhe des Dachbodens des Wohnhauses, der Eingang
zu demjenigen der Hardtburg in der Höhe des ersten
Obergeschosses. |
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Wir betrachten jetzt die Wohngebäude einer Burg. Die Ritterwohnung, der Palas, ist sehr verschieden, je nach Lage, Größe und Ausstattung. Das Erdgeschoß enthält meist nur die Küche und die Remisen, mitunter auch Räume für die männliche Dienerschaft; meistens jedoch bewohnte letztere ein Seitengebäude der Hauptburg, oder sie war in der Vorburg in besonderen Gebäuden untergebracht. Im ersten Obergeschoß lag der Rittersaal, welcher je nach dem Stande des Ritters mehr oder weniger bedeutend war. Das Frauenhaus, die Kemenate genannt, befand sich entweder im Palas selbst oder war an denselben angebaut. Die Kemenate enthielt außer der eigentlichen Familienstube das Schlafgemach der Hausfrau, das der Mägde und die Werkstatt, wo die Herrin mit dem weiblichen Gesinde den vielerlei Arbeiten oblag, welche namentlich auch ihre Pflicht; für die Bekleidung der sämtlichen Hausbewohner zu sorgen, mit sich brachte, welcher Pflicht sich im frühen Mittelalter selbst fürstliche Frauen im vollen Umfange unterzogen. Die Schlafräume für Herrschaft und Gäste waren entweder in einem besonderen Stockwerk oder sie waren im Dachzimmer oder in Dachaufbauten enthalten. Entweder war der ganze Palas in Stein erbaut oder nur das Erdgeschoß war von Stein, während der Oberbau in Holzriegelbau ausgeführt war, wie gleichzeitig die Häuser in den Städten. Die Dächer waren sehr steil und war der Bau häufig durch Dacherker, Wacht und Wehrtürmchen an den Ecken belebt. Doch datiert die Liebhaberei für solchen Turmschmuck an den Dächern meistens aus dem späten Mittelalter, etwa vom Ende des 14. Jahrhunderts an, während die älteren Palastbauten einfacher gestaltet sind. Auf dem größeren Dynastenburgen finden wir besondere Gebäude für die Anfertigung der Waffen, Geräte und Werkzeuge, eine Rüstkammer, ein Gebäude für die Aufbewahrung der Vorräte, Backhaus, Waschhaus, Remisen usw. Im Burghofe fehlt selten der Ziehbrunnen, welcher meist zu beträchtlicher Tiefe hinabführend ist. Der Burgbrunnen der Tomburg ist durch eine dankenswerte Restauration wieder auf seine ursprüngliche Gestalt zurückgeführt worden. Die kleinen Lehensburgen, was
alle Burgen unserer Gegend außer der Tomburg sind,
enthielten natürlich nur die notwendigsten Räume für
Herrschaft, Dienerschaft und Gäste, und sind diese Räume
häufig eng und ärmlich in unserm Sinne gewesen, während
die Dynastenburgen oft sehr ansehnliche Säle und Zimmer
enthielten. Diese Burgen hatten auch eine größere
Burgkapelle, welche meistens vom Hauptgebäude direkt oder
durch Gang zugänglich war (Antweiler, Veynau, Zievel,
Tomburg). Die Kapelle der Burg Zievel ist noch in der Gestalt
eines Gartenhäuschens erhalten, diejenige der Tarnburg und
der Burg Veynau verschwunden. Die Untere Burg in Antweiler enthält
noch einen Kapellenraum. |
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Die innere Einrichtung der Wohnräume war nach Ansehen und Vermögen des Besitzers sehr verschieden. Die Wände waren in den Wohnungen der Wohlhabenden gewöhnlich bis zur halben Höhe mit Holz bekleidet und der Raum darüber mitunter bemalt (Veynau) oder bei fürstlichen Wohnungen mit Teppichen verhängt. Bei dem ärmeren Adel dagegen waren die Wände bloß geputzt und man verstand es, diesen Putz außerordentlich fest herzustellen. Die Fenster im Palas der Dynastenburgen im 12. Jahrhundert waren auf Verglasung nicht eingerichtet, sondern bildeten Bogenreihen und gruppierte, durch Zwischensäulchen geeignete Öffnungen, welche wahrscheinlich durch Läden oder Vorhängeteppiche geschlossen wurden, um gegen Wind und Kälte geschützt zu sein. Im Anfang des 13. Jahrhunderts war die Kunst des Glasbrennens bedeutend vervollkommnet und verallgemeinert, so daß die Fenster für hölzernes Rahmenwerk und für Verglasung eingerichtet wurden. Es wurde aber die gruppierte Form mit Trennungssäulchen oder Pfeilerchen mit Vorliebe beibehalten. Trotz gewisser Übereinstimmung sind die Fenster Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts doch sehr mannigfach gestaltet und teilweise reizend ausgebildet. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts bildeten sich die tiefen Fenstersitze aus mit steinernen Sitzbänken, welche mit Kissen belegt wurden. Solche Fenster sind viele erhalten, da die Anordnung derselben, Teilung durch ein steinernes Fensterkreuz mit unten beweglichen Fensterrahmen, oben mit feststehender Verglasung, bis im späten Mittelalter beibehalten wurde. (Veynau, Satzvey) Eine Hauptzierde der Rittersäle bildeten die Kamine, sehr verschieden gestaltet, im 12. und 13. Jahrhundert durch Säulchen und verzierte Pfeiler geschmückt, welche den Kaminmantel trugen. Schöne Reste sind erhalten in der Oberen Burg in Antweiler; einfachere befinden sich in den Sälen der Burg Veynau. Das späte Mittelalter schmückte namentlich den Mantelaufbau mit Wappen und Bildern (Obere Burg in Antweiler), was bis im 18. Jahrhundert, wenn auch in veränderter Form, beibehalten wurde. Zugleich kamen im 15. Jahrhundert auch große, manchmal reichgeschmückte Kachelöfen vor, die von außen geheizt wurden. Im allgemeinen beschränkt sich die Heizbarkeit des Hauses auf verhältnismäßig wenig Zimmer. Die Ausstattung der mittelalterlichen Burgen mit Hausgerät war eine einfache; sie bestand meistens aus Kisten, Truhen und Betten mit hohem Kopfbrett. Rings an den Wänden waren Sitzbänke angebracht, wie auch freistehende Bänke mit Lehnen beliebt waren. Dagegen waren außer stattlichen Lehnstühlen für die Herrschaft andere Stühle in den Räumen nicht vorhanden. Große Schränke kamen erst in späterer Zeit auf. |
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