Die Vordereifel



Geschichtliches und Wanderungen von Joseph Pesch - 1901





Burg Zievel - Burg Veynau
(¾ Stunde.)



Einige Minuten hinter der Burg Zievel steigt der Billiger Wald die Höhe hinauf. Am Rande desselben teilt sich unter einer mächtigen Eiche der von Burg Zievel in denselben führende Weg. Der linke Seitenweg trägt Wegebezeichnung, die bis Burg Veynau durchgeführt ist. Nach 25 Minuten hat man den sog. Billiger Kopp erstiegen (265m), von dem man, da er ganz abgeforstet ist, eine der Mühe des Aufstiegs reichlich lohnende Aussicht genießt. Von hier aus erblickt man auch die aus dem Veybachtale majestätisch sich erhebenden Türmen der Burg Veynau. Ein schöner abwärts führender Waldpfad bringt uns nach 10 Minuten an die Eisenbahnstrecke. Nach Überschreitung des Gleis und der Steinbrücke des Veybachs stehen wir vor der bedeutendsten, umfangreichsten Burg unseres Distriktes, vor der Burg Veynau.

Wir gelangen zunächst an den stattlichen Torbau der Vorburg. Er zeigt in einer rechteckigen Blende eine schlanke spitzbogige Toröffnung. Die Rollen für die Zugbrücke sind auch hier vorhanden. Ein flaches Relief läßt das Allianzwappen Bourscheid und Zruwel von Gimborn erkennen. Das Obergeschoß hat in der Mitte eine Pechnase auf geschweißten Konsolen. Zu beiden Seiten befindet sich unter einem schmalen Fenster ein rundes Schießloch. Die den Torbau der Vorburg einfassende Ostmauer ist an beiden Enden durch Rundtürme flankiert. Hinter dem rechten setzt sich die Mauer fort, um einen großen Baumgarten einzuschließen. Diese Ummauerung stammt aus dem 17. Jahrhundert. Der linke, am Veybach gelegene Eckturm ist zum großen Teil, wahrscheinlich infolge Unterspülung, abgestürzt. Der Mauerring der Vorburg ist noch wohlerhalten und gehört zum weitaus größten Teile der Mitte des 15. Jahrhunderts an. Dem tief eingeschnittenen Veybach entlang folgt die Südmauer. Kurz vor ihrem Anschluß an den Wassergraben der Hauptburg hat der Torbau der Vorburg aus dem 14. Jahrhundert in dem späteren Mauerbering Verwendung gefunden und ist noch später als Mühle ausgebaut worden. Der steilspitzbogige Torbogen aus rotem Sandstein ist im Innern noch erhalten. Außerhalb der Vorburg schließt sich an die Ostmauer zwischen Tor und Veybach noch ein ummauerter, unregelmäßig viereckiger Raum an, der sog. Kirchhof.

Durch den Torbau der Torburg gelangen wir in das Innere derselben. Gleich links erblickt man eine an die Mauer angebaute große Scheune. Andere Ökonomiegebäude stehen an der rechten Seite. Weiterschreitend erreichen wir nun die über den die Hauptburg umgebenden Wassergraben zum Torbau führende Steinbrücke. Sie wird von Mauern eingefaßt. Rechts vor dem Wassergraben blicken wir durch ein kleines Seitentor in den oben erwähnten Baumgarten. In der hintersten Ecke steht ein Halbturm, der als Gartenhäuschen dient. Der Torburg der Hauptburg, der erst dem 16. Jahrhundert angehört, ist nur noch in seinem Untergeschoß erhalten. An Stelle des höheren Aufbaues, wie ihn eine Abbildung des 18. jahrhunderts im Innern des Herrenhauses zeigt, sitzt jetzt ein niedriges Fachwerkgeschoß mit Walmdach. Dieses setzt sich über den linken Teil der Mauer fort und verleiht dem Ganzen eine malerische Wirkung. Die Ecken des rundbogigen Tores zeigen noch die Rollen für die Zugbrücke. Nachdem wir das Tor passiert, befinden wir uns im Hofe der Hauptburg. Vor uns liegt das Herrenhaus. An die beiden Seiten schließen sich die mit Ausnahme von zwei großen Lücken wohlerhaltenen Umfassungsmauern an. In der Mitte der zur Rechten des in den inneren Hof Eintretenden sich hinziehenden Mauer liegt der dreigeschossige, runde Turm, der der früheren Anlage als Eckturm diente. Im ersten Obergeschoß befindet sich eine Kaminanlage mit der zur Wehrgang führenden Türe. Ansätze der alten Wehrmauer mit Resten des auf Bogen ruhenden Wehrganges sind noch erhalten. Während die Mauer zwischen Herrenhaus und dem eben beschriebenen Turm ganz weggebrochen ist, ist die Verbindung zwischen diesem und dem Eckturm in einer Höhe von 2 - 3 m erhalten. Auch in diesem Eckturm befindet sich eine Türe zum Wehrgang. Über dem zweiten Obergeschoß liegt eine Reihe von Balkenlöcher zur Anbringung eines Wehrganges. Die von den Ecktürmen flankierte Ostmauer, in deren Mitte der Torbau sich befindet, gehört ganz der Mitte des 15. Jahrhunderts an. Ihre rechte Hälfte ist noch in der Höhe bis zum Wehrgang trefflich erhalten. Die linke Hälfte ist hofwärts mit einem steinernen Anbau des 16. Jahrhunderts versehen. Der auf den Veybach zu gelegene Eckturm entspricht dem eben geschilderten. Im Außenwinkel zwischen Turm und Nebengebäude sitzen die Kragsteine einer weiteren Erkeranlage. Die von diesem Eckturm bis zum Herrenhaus führende Mauer ist nur noch in Brüstungshöhe erhalten und gehört zum größten Teil noch der älteren Anlage des 14. Jahrhunderts an. Die stumpfwinkelig vortretende Ecke in rotem Bruchsteinmauerwerk bildet wahrscheinlich den Rest des auf der Ansicht des 18. Jahrhunderts an dieser Stelle sichtbar werdenden Turmes.

An der Hofseite des Herrenhauses fällt uns gleich die unsymmetrische Anordnung ihrer Teile auf. Sie hat eben viele und mannigfache Veränderungen erfahren. Einige jetzt vermauerte schmale Fenster des 14. und 15. Jahrhunderts sind noch erhalten. Im 16. Jahrhundert wurde der Fassade ein aus dem Achteck konstruierten Treppentürmchen vorgesetzt, das jetzt ohne Treppe ist. Gleichzeitig erhielt das Erdgeschoß einen kleinen Erkervorbau mit geschweißtem Dach. Rechts vom Türmchen zeigt sich das einfache Barockportal einer Freitreppe mit dem von Martialschen Wappen im Giebelfeld. Das Herrenhaus ist nur in seinen unteren Räumen in Benutzung. Es wohnen dort ein Pächter und der herzogliche Förster. In dem im Erdgeschoß gelegenen Saal wird die ganze Türseite von einer rohen Ansicht der Burg Veynau aus der Vogelschau eingenommen, die aus der Mitte des 18. jahrhunderts stammt. Das Bild zeigt auch noch die an dem mittleren Turm zur Nordseite anstoßende Kapelle, die 1832 abgebrochen wurde. Die Zimmer dieses nördlichen Teiles des Herrenhauses haben einfach Barocktüren und offene Kamine. Der innere Ausbau gehört ganz der Wiederherstellung des 18. Jahrhunderts an; ein Korridor geht der Hofseite entlang, an dessen Nordende eine einfache Barocktreppe liegt. In der südlichen Hälfte ist im wesentlichen nur der mit einem kräftigen Rippengewölbe überdeckte Erkerraum im Erdgeschoß nach dem Hofe hin erhalten, außerdem eine schmale gemauerte Treppe, die zum Zwischengeschoß und von hier aus in der Mauerstärke der Südwand bis zur Höhe des durchgehenden Obergeschosses führt. Hier setzt an der Stelle, an der der runde Turm an das Herrenhaus stößt, eine steinerne Wendeltreppe an, die bis zum Gesims des Turmes emporführt. Im übrigen hat hier bei Gelegenheit der Erneuerung der Dächer im Jahre 1885 eine Eisenkonstruktion an Stelle der sehr schadhaften Zwischeneinteilung treten müssen, einige Decken fehlen in diesem Teil des Gebäudes jetzt vollständig.

Um die Hauptfassade in rechter Weise würdigen zu können, begebe man sich auf die vor ihr auf Satzvey zu sich erstreckende Wiesen. Von zwei mächtigen, ungleichen Türmen wird die Hauptfassade eingefaßt. An der Südecke bewehrt sie ein weit vortretender quadratischer Turm. Der ganze Bau ist aus kräftigem Bruchsteinmauerwerk ausgeführt. Die Ecken, wie die Fenster haben durchweg Hausteineinfassungen. Der runde Südturm von 6 Geschossen trägt am letzten Geschoß einen Kranz dichtgestellter schwerer Konsolen zur Aufnahme eines Wehrganges. Die drei Außenseiten des Herrenhauses sind ganz schmucklos, die Fensteröffnungen infolge der mannigfachen späteren Umbauten sehr verschiedenartig. Das Erdgeschoß zeigt noch an verschiedenen Stellen die kreuzsprossigen Fenster der alten Anlage. Der die Nordseite krönende Treppengiebel stammt wahrscheinlich erst aus dem 17. Jahrhundert.

Als eine der umfangreichsten Burgen, die unsere Eifel aufweist, sowie durch ihre große historische Bedeutung, ist Burg Veynau ganz besonders berechtigt, Anspruch zu erhaben auf Erhaltung und Fürsorge. In Verfolgung dieses hehren Zweckes, den auch das allgemeine Interesse fordert, wäre die Fortschaffung und Ausbesserung alles desjenigen notwendig, was irgendwie die malerische Wirkung des imposanten Bildes stört: kein wüstes Gerölle, sondern Ruinen von edlen Formen !

Von Burg Veynau bis Bahnhof Satzvey 25 Minuten.

Geschichte der Burg Veynau:

Erst im Jahre 1340 erhalten wir die Kunde von einer Burg namens Veynau. In diesem Jahre belehnt der Markgraf von Jülich einen seiner mächtigen Vasallen, den Ritter Dietrich Schinnemann von Aldenhoven, genannt Quwe, mit der Burg. Wahrscheinlich ist er auch der eigentliche Begründer von Veynau. Im Jahre 1360 ist Veynau im Besitz des Sohnes Dietrich Schinnemann. Nach dessen Tode fiel es an seinen Schwiegersohn, Balduin von Monyardyn, der die Burg 1376 und 77 zum Offenhaus der Stadt Köln machte. In dem damals zwischen der Stadt Köln und Erzbischof Friedrich tobenden Kampf hatte Veynau, das von den Kölnern besetzt war, eine große Bedeutung. Bereits 1381 wurde Veynau wieder Offenhaus des herzogs von Jülich. Als im Jahre 1422 das Herzogtum Jülich an Adilf von Berg überging, weigerte sich Balduin von Monyardyn, die Belehnung bei dem neuen Landesherrn nachzusuchen, der darauf Veynau einnahm und bis zum Tode Balduins in Besitzt hatte. Wahrscheinlich ist in diesem Kampfe die Burg zum Teil zerstört worden. Die jetzige Gestalt erhielt sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts durch Bernhard von Bourscheid. Im dreißigjährigen Kriege hatte Veynau stark zu leiden. 1661 und 1664 wurden große Reparaturen am Dach vorgenommen. Wahrscheinlich wurde dann 1708 Veynau durch den französischen General Lacroy niedergebrannt. Das Herrenhaus ist danach in etwas kleinerem Umfange wieder aufgebaut worden, die Türme erhielten die jetzigen geschweißten Hauben. Die Mauern der Hauptburg wurden nach dieser Zerstörung anscheinend nicht mehr aufgerichtet. Im jahre 1722 kam Veynau in den Besitzt des kurpfälzischen Generalfeldmarschalls Max Karl von Martial. Durch Heirat seiner Tochter fiel es an Joseph Anton Frhr. von Beißel-Gymnich. Nach diesem waren durch seine Töchter der General Christoph von Albada und Franz Albert von Bolandt im Besitz. Der General von Albada vereinte später wieder durch Heirat mit seiner Nichte Magdalena von Bolandt den Besitz in seiner Hand. Seine Witwe brachte in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts die Burg dem Hofrat Anton von Klein zu. Durch Kauf folgten als Besitzer im Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Herr Maaßen und ein Herr Schülgen in Köln. Von den Erben des letztgenannten erwarb im Jahre 1843 der Herzog Prosper Ludwig von Arenberg Veynau. Der jetzige Eigentümer ist der Herzog Engelbert von Arenberg in Brüssel.



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