Einige Minuten hinter der Burg
Zievel steigt der Billiger Wald die Höhe hinauf. Am Rande
desselben teilt sich unter einer mächtigen Eiche der von Burg
Zievel in denselben führende Weg. Der linke Seitenweg trägt
Wegebezeichnung, die bis Burg Veynau durchgeführt ist. Nach
25 Minuten hat man den sog. Billiger Kopp erstiegen (265m), von
dem man, da er ganz abgeforstet ist, eine der Mühe des
Aufstiegs reichlich lohnende Aussicht genießt. Von hier aus
erblickt man auch die aus dem Veybachtale majestätisch sich
erhebenden Türmen der Burg Veynau. Ein schöner abwärts
führender Waldpfad bringt uns nach 10 Minuten an die
Eisenbahnstrecke. Nach Überschreitung des Gleis und der
Steinbrücke des Veybachs stehen wir vor der bedeutendsten,
umfangreichsten Burg unseres Distriktes, vor der Burg Veynau.
Wir gelangen zunächst an den stattlichen Torbau der
Vorburg. Er zeigt in einer rechteckigen Blende eine schlanke
spitzbogige Toröffnung. Die Rollen für die Zugbrücke
sind auch hier vorhanden. Ein flaches Relief läßt das
Allianzwappen Bourscheid und Zruwel von Gimborn erkennen. Das
Obergeschoß hat in der Mitte eine Pechnase auf geschweißten
Konsolen. Zu beiden Seiten befindet sich unter einem schmalen
Fenster ein rundes Schießloch. Die den Torbau der Vorburg
einfassende Ostmauer ist an beiden Enden durch Rundtürme
flankiert. Hinter dem rechten setzt sich die Mauer fort, um einen
großen Baumgarten einzuschließen. Diese Ummauerung
stammt aus dem 17. Jahrhundert. Der linke, am Veybach gelegene
Eckturm ist zum großen Teil, wahrscheinlich infolge
Unterspülung, abgestürzt. Der Mauerring der Vorburg ist
noch wohlerhalten und gehört zum weitaus größten
Teile der Mitte des 15. Jahrhunderts an. Dem tief eingeschnittenen
Veybach entlang folgt die Südmauer. Kurz vor ihrem Anschluß
an den Wassergraben der Hauptburg hat der Torbau der Vorburg aus
dem 14. Jahrhundert in dem späteren Mauerbering Verwendung
gefunden und ist noch später als Mühle ausgebaut worden.
Der steilspitzbogige Torbogen aus rotem Sandstein ist im Innern
noch erhalten. Außerhalb der Vorburg schließt sich an
die Ostmauer zwischen Tor und Veybach noch ein ummauerter,
unregelmäßig viereckiger Raum an, der sog. Kirchhof.
Durch den Torbau der Torburg gelangen wir in das Innere
derselben. Gleich links erblickt man eine an die Mauer angebaute
große Scheune. Andere Ökonomiegebäude stehen an
der rechten Seite. Weiterschreitend erreichen wir nun die über
den die Hauptburg umgebenden Wassergraben zum Torbau führende
Steinbrücke. Sie wird von Mauern eingefaßt. Rechts vor
dem Wassergraben blicken wir durch ein kleines Seitentor in den
oben erwähnten Baumgarten. In der hintersten Ecke steht ein
Halbturm, der als Gartenhäuschen dient. Der Torburg der
Hauptburg, der erst dem 16. Jahrhundert angehört, ist nur
noch in seinem Untergeschoß erhalten. An Stelle des höheren
Aufbaues, wie ihn eine Abbildung des 18. jahrhunderts im Innern
des Herrenhauses zeigt, sitzt jetzt ein niedriges Fachwerkgeschoß
mit Walmdach. Dieses setzt sich über den linken Teil der
Mauer fort und verleiht dem Ganzen eine malerische Wirkung. Die
Ecken des rundbogigen Tores zeigen noch die Rollen für die
Zugbrücke. Nachdem wir das Tor passiert, befinden wir uns im
Hofe der Hauptburg. Vor uns liegt das Herrenhaus. An die beiden
Seiten schließen sich die mit Ausnahme von zwei großen
Lücken wohlerhaltenen Umfassungsmauern an. In der Mitte der
zur Rechten des in den inneren Hof Eintretenden sich hinziehenden
Mauer liegt der dreigeschossige, runde Turm, der der früheren
Anlage als Eckturm diente. Im ersten Obergeschoß befindet
sich eine Kaminanlage mit der zur Wehrgang führenden Türe.
Ansätze der alten Wehrmauer mit Resten des auf Bogen ruhenden
Wehrganges sind noch erhalten. Während die Mauer zwischen
Herrenhaus und dem eben beschriebenen Turm ganz weggebrochen ist,
ist die Verbindung zwischen diesem und dem Eckturm in einer Höhe
von 2 - 3 m erhalten. Auch in diesem Eckturm befindet sich eine
Türe zum Wehrgang. Über dem zweiten Obergeschoß
liegt eine Reihe von Balkenlöcher zur Anbringung eines
Wehrganges. Die von den Ecktürmen flankierte Ostmauer, in
deren Mitte der Torbau sich befindet, gehört ganz der Mitte
des 15. Jahrhunderts an. Ihre rechte Hälfte ist noch in der
Höhe bis zum Wehrgang trefflich erhalten. Die linke Hälfte
ist hofwärts mit einem steinernen Anbau des 16. Jahrhunderts
versehen. Der auf den Veybach zu gelegene Eckturm entspricht dem
eben geschilderten. Im Außenwinkel zwischen Turm und
Nebengebäude sitzen die Kragsteine einer weiteren
Erkeranlage. Die von diesem Eckturm bis zum Herrenhaus führende
Mauer ist nur noch in Brüstungshöhe erhalten und gehört
zum größten Teil noch der älteren Anlage des 14.
Jahrhunderts an. Die stumpfwinkelig vortretende Ecke in rotem
Bruchsteinmauerwerk bildet wahrscheinlich den Rest des auf der
Ansicht des 18. Jahrhunderts an dieser Stelle sichtbar werdenden
Turmes.
An der Hofseite des Herrenhauses fällt uns
gleich die unsymmetrische Anordnung ihrer Teile auf. Sie hat eben
viele und mannigfache Veränderungen erfahren. Einige jetzt
vermauerte schmale Fenster des 14. und 15. Jahrhunderts sind noch
erhalten. Im 16. Jahrhundert wurde der Fassade ein aus dem Achteck
konstruierten Treppentürmchen vorgesetzt, das jetzt ohne
Treppe ist. Gleichzeitig erhielt das Erdgeschoß einen
kleinen Erkervorbau mit geschweißtem Dach. Rechts vom
Türmchen zeigt sich das einfache Barockportal einer
Freitreppe mit dem von Martialschen Wappen im Giebelfeld. Das
Herrenhaus ist nur in seinen unteren Räumen in Benutzung. Es
wohnen dort ein Pächter und der herzogliche Förster. In
dem im Erdgeschoß gelegenen Saal wird die ganze Türseite
von einer rohen Ansicht der Burg Veynau aus der Vogelschau
eingenommen, die aus der Mitte des 18. jahrhunderts stammt. Das
Bild zeigt auch noch die an dem mittleren Turm zur Nordseite
anstoßende Kapelle, die 1832 abgebrochen wurde. Die Zimmer
dieses nördlichen Teiles des Herrenhauses haben einfach
Barocktüren und offene Kamine. Der innere Ausbau gehört
ganz der Wiederherstellung des 18. Jahrhunderts an; ein Korridor
geht der Hofseite entlang, an dessen Nordende eine einfache
Barocktreppe liegt. In der südlichen Hälfte ist im
wesentlichen nur der mit einem kräftigen Rippengewölbe
überdeckte Erkerraum im Erdgeschoß nach dem Hofe hin
erhalten, außerdem eine schmale gemauerte Treppe, die zum
Zwischengeschoß und von hier aus in der Mauerstärke der
Südwand bis zur Höhe des durchgehenden Obergeschosses
führt. Hier setzt an der Stelle, an der der runde Turm an das
Herrenhaus stößt, eine steinerne Wendeltreppe an, die
bis zum Gesims des Turmes emporführt. Im übrigen hat
hier bei Gelegenheit der Erneuerung der Dächer im Jahre 1885
eine Eisenkonstruktion an Stelle der sehr schadhaften
Zwischeneinteilung treten müssen, einige Decken fehlen in
diesem Teil des Gebäudes jetzt vollständig.
Um
die Hauptfassade in rechter Weise würdigen zu können,
begebe man sich auf die vor ihr auf Satzvey zu sich erstreckende
Wiesen. Von zwei mächtigen, ungleichen Türmen wird die
Hauptfassade eingefaßt. An der Südecke bewehrt sie ein
weit vortretender quadratischer Turm. Der ganze Bau ist aus
kräftigem Bruchsteinmauerwerk ausgeführt. Die Ecken, wie
die Fenster haben durchweg Hausteineinfassungen. Der runde Südturm
von 6 Geschossen trägt am letzten Geschoß einen Kranz
dichtgestellter schwerer Konsolen zur Aufnahme eines Wehrganges.
Die drei Außenseiten des Herrenhauses sind ganz schmucklos,
die Fensteröffnungen infolge der mannigfachen späteren
Umbauten sehr verschiedenartig. Das Erdgeschoß zeigt noch an
verschiedenen Stellen die kreuzsprossigen Fenster der alten
Anlage. Der die Nordseite krönende Treppengiebel stammt
wahrscheinlich erst aus dem 17. Jahrhundert.
Als eine der
umfangreichsten Burgen, die unsere Eifel aufweist, sowie durch
ihre große historische Bedeutung, ist Burg Veynau ganz
besonders berechtigt, Anspruch zu erhaben auf Erhaltung und
Fürsorge. In Verfolgung dieses hehren Zweckes, den auch das
allgemeine Interesse fordert, wäre die Fortschaffung und
Ausbesserung alles desjenigen notwendig, was irgendwie die
malerische Wirkung des imposanten Bildes stört: kein wüstes
Gerölle, sondern Ruinen von edlen Formen !
Von Burg
Veynau bis Bahnhof Satzvey 25 Minuten.
Geschichte der Burg
Veynau:
Erst im Jahre 1340 erhalten wir die Kunde von
einer Burg namens Veynau. In diesem Jahre belehnt der Markgraf von
Jülich einen seiner mächtigen Vasallen, den Ritter
Dietrich Schinnemann von Aldenhoven, genannt Quwe, mit der Burg.
Wahrscheinlich ist er auch der eigentliche Begründer von
Veynau. Im Jahre 1360 ist Veynau im Besitz des Sohnes Dietrich
Schinnemann. Nach dessen Tode fiel es an seinen Schwiegersohn,
Balduin von Monyardyn, der die Burg 1376 und 77 zum Offenhaus der
Stadt Köln machte. In dem damals zwischen der Stadt Köln
und Erzbischof Friedrich tobenden Kampf hatte Veynau, das von den
Kölnern besetzt war, eine große Bedeutung. Bereits 1381
wurde Veynau wieder Offenhaus des herzogs von Jülich. Als im
Jahre 1422 das Herzogtum Jülich an Adilf von Berg überging,
weigerte sich Balduin von Monyardyn, die Belehnung bei dem neuen
Landesherrn nachzusuchen, der darauf Veynau einnahm und bis zum
Tode Balduins in Besitzt hatte. Wahrscheinlich ist in diesem
Kampfe die Burg zum Teil zerstört worden. Die jetzige Gestalt
erhielt sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts durch Bernhard von
Bourscheid. Im dreißigjährigen Kriege hatte Veynau
stark zu leiden. 1661 und 1664 wurden große Reparaturen am
Dach vorgenommen. Wahrscheinlich wurde dann 1708 Veynau durch den
französischen General Lacroy niedergebrannt. Das Herrenhaus
ist danach in etwas kleinerem Umfange wieder aufgebaut worden, die
Türme erhielten die jetzigen geschweißten Hauben. Die
Mauern der Hauptburg wurden nach dieser Zerstörung
anscheinend nicht mehr aufgerichtet. Im jahre 1722 kam Veynau in
den Besitzt des kurpfälzischen Generalfeldmarschalls Max Karl
von Martial. Durch Heirat seiner Tochter fiel es an Joseph Anton
Frhr. von Beißel-Gymnich. Nach diesem waren durch seine
Töchter der General Christoph von Albada und Franz Albert von
Bolandt im Besitz. Der General von Albada vereinte später
wieder durch Heirat mit seiner Nichte Magdalena von Bolandt den
Besitz in seiner Hand. Seine Witwe brachte in den letzten Jahren
des 18. Jahrhunderts die Burg dem Hofrat Anton von Klein zu. Durch
Kauf folgten als Besitzer im Anfang des vorigen Jahrhunderts ein
Herr Maaßen und ein Herr Schülgen in Köln. Von den
Erben des letztgenannten erwarb im Jahre 1843 der Herzog Prosper
Ludwig von Arenberg Veynau. Der jetzige Eigentümer ist der
Herzog Engelbert von Arenberg in Brüssel.
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