Die Vordereifel



Geschichtliches und Wanderungen von Joseph Pesch - 1901





Stotzheim - Billiger Wald - Burg Zievel
(1 ¾ Stunde.)



Über die Billiger Brücke auf den Kommunalweg, der durch die Fluren in gerader Richtung nach Billig hinaufführt und die Chaussee schneidet. Nach einer halben Stunde in Billig. 230 Einwohner, auf dem Abhang der Höhen des Billiger Waldes gelegen. Es ist altgeschichtlicher Boden, auf dem wir uns bewegen. Ausgrabungen in den Jahren 1874, 75, 79 haben dies bewiesen. Es wurden damals 30 Gebäude der Stadt zwischen Billig und Rheder bloß gelegt, welche die friedlichen Bewohner der berühmten Militärstation Belgica bewohnten. Den Standort der letzteren hat man noch nicht gefunden. Der Ortsname deutet auch auf den römischen Ursprung hin (Billig-Belgica). Weiteres über Billig siehe Seite 14. Die Kapelle, die im Jahre 1898 abgebrochen worden, war sehr alt. In den Jahren 1895 - 1897 wurde sie durch einen zierlichen Neubau in gotischem Stil, nach den Plänen des Architekten Theodor Kremer in Köln ersetzt. Ein erhöhter Platz im Süden des Dorfes erinnert noch durch seinen Namen „Auf der alten Burg“ und seine ganze Anlage an die ehemalige Billiger Burg, die Sitz einer Jülich'schen Unterherrschaft war.

Am Westende des Dorfes hinaus führt ein anfangs breiter Weg in die sog. Billiger Tannen, von denen ein großer Teil auf Billig zu im Jahre 1899 abgetrieben worden ist. Ein schöner Pfad führt durch den Wald über die Höhe eine halbe Stunde lang bis zum Aussichtsturm. Dieser Weg ist bezeichnet. Vom Aussichtsturm herrliche Aussicht (313,4m). Vom Aussichtsturm schöner Waldweg (20 Minuten) zur Burg Zievel. (Zievel: (keltisch) Tibullicacum. Dicht am Waldrande gelegen erhebt sich die Burg auf einer leichten Anhöhe, ein hübscher Punkt im Tale. Die interessantesten Teile der Burganlage sind der Torbau, der Bergfried und der Mauerring. Der Torbau stammt aus der Zeit um 1400. Der große spitzbogige Torbogen zeigt in seiner Hausteinumrahmung die Rollen für die Zugbrücke. Es ist nach beiden Seiten durch kleine Rundtürme gesichert. An der Innenseite führt eine schmale Treppe zum Wehrgang über den Torbogen empor. Die ganze Außenseite ist mit einer Reihe von leider sehr stark verwitterten Sandsteinkonsolen besetzt, die auf giebelförmig gestellten Platten den Wehrgang tragen. Über dem Torbogen und in der Mitte jeden Halbturmes sind die Bogen zwischen den Konsolen als Wurflöcher ausgebildet. Zwischen Torbau und Bergfried liegt an der Südseite das im Jahre 1828 erbaute schmucklose, zweigeschossige Wohnhaus, das zum Teil den Bergfried umschließt. Dieser ist ein mächtiger, sich gleichmäßig verjüngender Rundturm. In das Innere führt ein im Erdgeschoß angelegter Durchbruch. Der ursprüngliche Zugang jedoch, eine kleine, spitzbogige Tür in Hausteinumrahmung, liegt in der Höhe des Dachbodens des Wohnhauses. Die Nordecke der Ostseite wird durch einen weit vorspringenden zweigeschossigen Wohnhausbau mit der Jahreszahl 1661 in Eisenankern eingenommen. Durch einen Umbau im Jahre 1872 ist er wesentlich verändert worden. An der Westseite dieses Baues erblickt man ein Steinrelief des 17. Jahrhunderts mit dem Allianzwappen Metternich und Orsbeck. Der an der Nord-, West- und Südseite vortrefflich erhaltene Mauerring gehört im wesentlichen dem 15. Jahrhundert an. Der gleichen Zeit angehörend liegt an der Westseite nahe dem Torbau, an die Außenmauern angebaut, ein ehemaliges Wohnhaus, dessen Giebelseiten in Staffeln abschließen. An dieses lehnt sich ein schlanker, oben mit Scharten und kleinen Fenstern versehener Rundturm an, der weit über die Umfassungsmauern hervorragt. Von den ehemals die Ringmauer zierenden Türmen sind nur noch überdachte Stumpfen vorhanden. Vor der Südseite der Burg breitet sich ein großer Garten aus mit einem steinernen Tore vom Jahre 1628, dem Reste des 1828 niedergelegten Herrenhauses. Auf dem Gesims liest man die Inschrift: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der leb, op er glich stirb. Johann. Am 10. Anno Domini 1628. Heinrich Hartard, v. Metternich. Maria v. Orsbeck.“ An der Südecke des Gartens steht eine jetzt zu einem Gartenhäuschen umgeänderte kleine Kapelle des 17. bis 18. Jahrhunderts.

Im Besitze der Geschwister Krewel, welche die Burg bewohnen, befindet sich ein geflochtenes Wehrgehänge und ein Armring aus Gold, der Rest des großen Goldfundes von Enzen im Jahre 1663.

Geschichte der Burg Zievel:

Burg Zievel erscheint zuerst im Jahre 1197 als Allod 1) im Besitze der Grafen von Limburg. Im Jahre 1169 wird ein Godefriedus de Zivele genannt, der mit der Abtei St. Maximin in Trier wegen des Patronates der Pfarrkirche in Lessenich in Streit liegt. Im jahre 1234 war Zievel als freie Herrschaft im Besitze einer Linie der Edelherren von Daun, die in der Folgezeit auch den Namen von Zievel führten. Gen Ende des 14. Jahrhunderts, da Zievel an Johann Schmeich von Lissingen gekommen, scheint man mit dem Neubau der Burg begonnen zu haben. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts war dieser in seiner jetzigen Gestalt im wesentlichen vollendet. Nach dem Tode des Andreas Schmeich vor 1440 fiel die Burg an seine beiden Schwestern. Eine derselben war mit Rolmann von Geisbusch verheiratet, der anfangs eine Hälfte von Zievel inne hatte. Später aber den ganzen Besitz erwarb. Er vertauschte 1479 die Burg an Karl von Metternich zu Sommersberg, bei dessen Familie blieb sie bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Nach dem Tode Hartards von Metternich, der keine Söhne hinterließ, kam es zu einer Teilung Zievels, deren wahrscheinliche Folge die Erbauung des Wohnhauses im Jahre 1661 an der Nordecke der Burg war. Gen Ende des 17. Jahrhunderts kam die Burg an die von Metternich-Müllenarck. Nach einer Reihe von Prozessen infolge Aussterbens dieses Geschlechtes kam die Burg durch eine Entscheidung vom Jahre 1873 an Maria Anna Sophia von Metternich, welche seit 1790 mit Sigismund von Roth vermählt war. Die von Roth und von Dorth verkauften Zievel im Jahre 1823 an Hieronymus Krewel, dessen Vorfahren das Gut schon 1766 gepachtet hatten. Die jetzigen Besitzer sind die Geschwister Krewel.

Als Rückweg zu empfehlen: Von Burg Zievel in ½ Stunde nach Antweiler. Von dort in ¾ Stunde durch den Renzel-Forst nach Rheder. Von hier bekannter Weg nach Stotzheim.


1) (Allod (Allod altdeutsch) = ganz Eigentum) Unter den Allodialgütern (Privatgütern) versteht man ein Privatfürstenrecht die im Eigentum der regierenden Familie stehende Gütermasse, welche derselben verbleibt, wenn z.B. beim Aussterben des Mannesstammes eine andere Linie an die Regierung kommt, im Gegensatz zu den Staatsgütern und den beim Lande verbleibenden Gütern. Die Bezeichnung als Allod verneint die Eigenschaft eines Grundstückes als Lehen, mithin einer gewissen Beschränkung des Eigentums. Die allodialen Bestandteile des Nachlasses des Vasallen heißen das Erbe.



Zurück zu Joseph Pesch: Die Vordereifel

Zurück zur Indexseite
© Copyright woengede