Merkblatt des Rheinischen Landesmuseums, Bonn, Juni 1956

Die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln

W. Haberey


In seinen ersten Anfängen versorgte sich das römische Köln aus dem Duffesbach mit Wasser. Dazu sind bald Ziehbrunnen - sowohl solche aus Holz als auch aus Stein - angelegt worden, aus denen Grundwasser geschöpft wurde.

Die ausgesprochene Vorliebe der Römer für bestes Trinkwasser führte sie dann bald zur Nutzung einiger Quellen im 10 km entfernt liegenden Vorgebirge. Diese Quellen - vom Duffesbach, Urbach und Gleueler Bach, wahrscheinlich auch vom Frechener Bach - wurden gefaßt und einer Sammelstelle - dicht bei der Burg Hermülheim - in gemauerten Leitungen unterirdisch zugeführt. Von dort lief eine Sammelleitung ebenfalls unter der Erde nach Köln. In diese war eine Kläranlage eingebaut. Dieses geschah im 1. Jahrhundert n. Chr. Diese Kanäle sind als reine Gefälleleitung ausgeführt, d.h. das Wasser läuft darin wie in einer offenen Rinne bergab.

Aus noch nicht näher bekannten Gründen - größerer Wasserbedarf, Verschlechterung des Wassers, Abholzung des Vorgebirges - genügte diese Anlage bald nicht mehr. Darum wurde eine Leitung zu den Quellen in der weit im Hinterland gelegenen Eifel geplant und gebaut. Der Querriegel des Vorgebirges wurde umgangen, indem man die Leitung an dessen Ostseite entlang mit etwa gleichbleibender Steigung hochführte, bis sich der Bergrücken zwischen Waldorf und Buschhoven überqueren ließ. Für das nächste als Graben auftretende Hindernis des Swistbaches mußte die Leitung in einem großen Bogen weiter nach Süden geführt werden, um dann zwischen Flerzheim und Meckenheim das Tal auf Pfeilern überqueren zu können. Nun zog sich die Leitung immer am nördlichen Eifelrand entlang, stets an Höhe gewinnend, um oberhalb Stotzheim die Erft zu überqueren. An Weingarten und Lessenich vorbei schwenkte sie bei Katzvey in das Tal des Veybaches auf dessen rechter Talflanke ein. Sie erreichte unterhalb Eiserfey den Talboden, streckte dort einen Strang über Dreimühlen hinaus, um die dahinterliegenden starken Quellen bei Weyer aufzunehmen. Ein anderer Strang führte durch Urfey, um dort weitere Quellen einzuziehen. Zwei starke Quellen sind unterhalb Kallmuth gefaßt und der Leitung zugeführt. Dann überquerte der Kanal zwischen Kallmuth und Dottel die Wasserscheide zwischen Rhein und Maas, um bei Kall in das Urfttal auf dessen rechter Talseite einzudringen. Oberhalb des Ortes Urft wurde die Urft auf Pfeilern überquert, von rechts noch ein starkes Quellgebiet einbezogen und etwas weiter aufwärts, am Grünen Pütz, wurde das am weitesten entfernt liegende Quellgebiet erschlossen und der Leitung zugeführt.

Fast alle Quellen der Eifelleitung führen ausgesprochen hartes Wasser. Dies hatte zur Folge, daß sich in der Kanalrinne im Laufe der Zeit ein brauner, marmorartiger Niederschlag absetzte. Dieser Kanalsinter hat an manchen Stellen den lichten Querschnitt der Leitung auf die Hälfte verringert.

Auch die Eifelleitung ist wie die aus dem Vorgebirge unterirdisch verlegt. Dies bot Schutz vor Verschmutzung und gab Kühle im Sommer und Frostsicherheit im Winter. Nur bei der Überquerung einiger Wasserläufe ist sie oberirdisch auf Pfeilern geführt worden, so bei Urft, Vussem, Breitenbenden und Meckenheim.

Abb.1 Querschnitte der römischen Frischwasserleitungen. A) bei Frechen. B) bei Sötenich in der Eifel. C) bei Hürth. Maßstab 1: 50.


Längen der verlegten Leitungen

Hermülheim - Köln
Hürth-Hermülheim
Burbach - Hermülheim Gleuel - Hermülheim
Bachem - Gleuel
Urft - Hermülheim
Weyer
Urfey

8
3
2,5
6
2,5
79
2,5
1,5

km






Gesamtlänge

105

km



Geförderte Wassermengen (errechnet)

in 24 Stunden


aus dem Vorgebirge

2000 cbm


aus der Eifel (bei 0,005 Gefälle
und 0,40 m Wasserhöhe in der Leitung

30000 cbm


Bei 100 ltr. pro Kopf und Tag konnten 300.000 Einwohner mit Quellwasser versorgt werden.

Literatur: Bonner Jahrbuch 155/56, 1955/56, Seite 156 ff (W. Haberey) - Berichte der Römisch-Germanischen Kommission 26, 1936, 44 ff (E. Samesreuther) - Bonner Jahrbuch 134, 1929, 79 ff (F. Fremersdorf).


Verlauf der römischen Wasserleitungen, v 300 = m über NN


Die Leitung besteht in ihrem unteren Teil aus einem ausgezeichneten Beton, Steinkleinschlag in Kalkmörtel. Die benetzte Innenfläche ist mit einem Wassermörtel abgedichtet, der Ziegelsplitt enthält. Das Gewölbe ist über ein Lehrgerüst gemauert; die lichte Weite beträgt bis zu 72 cm. Es ist immer so hoch, daß ein Mann durchkriechen oder gebückt durchgehen konnte. Einstiegschächte dienten zur Kontrolle und Reinigung.

Die etwa 8 km lange Strecke vom Sammelpunkt in Hermülheim nach Köln ist einmal völlig umgebaut worden, um mit geringerem Gefälle als bisher nach Köln hin an Höhe zu gewinnen. Das Wasser kam dadurch mehrere Meter hoch über der Erde auf Pfeilerstellungen in Köln an, wo es dann in einen Wasserturm einlief. Von diesem aus wurde es weiter in die Stadt verteilt.

Die Leitung ist spätestens mit dem Ausgang der Römerherrschaft - im 5. Jahrhundert - außer Betrieb gekommen. Doch versorgen noch zwei ihrer Quellfassungen heute wieder das moderne Rohrnetz und zwar die bei Weyer und Urfey.

Im Mittelalter, besonders in frühromanischer Zeit, ist das Kanalmauerwerk auf großen Strecken hin aufgegraben und zur Gewinnung von Baumaterial ausgebrochen worden. Kirchen, Klöster und Burgen sind davon gebaut worden.

Auch der Kanalsinter ist in romanischer Zeit ein begehrter Werkstoff gewesen, aus dem Säulen, Altarplatten u.a. verfertigt wurden.

Nach der Zerstörung der römischen Leitung ist Köln bis zum heutigen Tage nicht mehr zu Quellwasser gekommen. Es versorgte sich im Mittelalter ausschließlich aus öffentlichen und privaten Brunnen, die innerhalb der Stadt lagen. Seine moderne Wasserversorgung (Grundwasser aus Tiefbrunnen) ist erst im Jahre 1872 angelegt worden. Doch blieben die mittelalterlichen Brunnen noch im Betrieb. So mußten im Jahr 1884 fast zwei Drittel aller Brunnen in der Stadt wegen Choleragefahr polizeilich geschlossen werden.

Das großartige Ingenieurbauwerk, als das wir die römische Wasserversorgung Kölns ansehen dürfen, ist selbst heute noch ein unerreichtes Vorbild an hygienischer Fürsorge.

Im Juni 1956

Rheinisches Landesmuseum Bonn
W. Haberey

In die Außenseite der Quellfassung am Grünen Pütz eingemeisseltes Gesicht, das alles Unheil von dem Quellwasser abwehren sollte. 31 cm Durchmesser.


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