Barbaraverehrung in der Eifel
Von Hauptlehrer Franck, Schmidtheim (Eifel).
In der Eifel ist der Brauch verbreitet, am Barbaratage einen Zweig vom Kirsch- oder Pflaumenbaum, vom Schlehdorn, der Eberesche, der Weide- und Haselstaude abzubrechen und in die Nähe des Ofens oder ins warme Zimmer in Wasser zu stellen. Man wählt Zweige von solchen Gehölzen, die im Frühjahr ihre Blüten vor den Blättern entfalten. Die Zweige müssen gut vorgebildete Knospen tragen. Man kann sie abbrechen, doch darf die Bruchfläche nicht gatt geschnitten werden. Um eine größere Fläche für die Wasseraufnahme zu erhalten, kann man die Zweige mit schrägem langen Schnitt abschneiden. Sogleich nach dem Schneiden werden die Zweige in eine mit warmem Wasser gefüllte Vase gestellt. Das verdunstende Wasser muß durch vorerwärmtes Wasser von Zeit zu Zeit ersetzt werden. Um ein schnelleres Treiben zu bewerkstelligen, kann man die Zweige mehrere Stunden, sogar bis zu einem halben Tage, in warmes Wasser legen, das eine Temperatur von 30 Grad Celsius hat. Nach etwa drei Wochen, wenn draußen in der Natur alles in Eis und Schnee erstarrt ist, wenn Baum und Strauch blüten- und blattlos ihre kahlen Aeste zum trüben Winterhimmel strecken, brechen die Blütenknospen ihre braune Hülle. Ein Stück des sehnsuchtsvoll erwarteten Frühlings erscheint dann in unserem Zimmer, macht es trauter und heimlicher, und eine besondere Freude bereitet es uns, wenn das Aufblühen am Weihnachtsfeste geschieht.
Heiratslustige Mädchen wenden sich mit diesen Zweigen an St. Barbara um Erfüllung ihres Herzenswunsches. Erscheinen die Zweige zu Weihnachten im Blütenschmuck, so wird ihr Wunsch in Jahresfrist erfüllt, während sie anders am nächstjährigen Feste das Blütenorakel wieder neu befragen können.
St. Barbara ist eine der beliebtesten und am meisten verehrten Volksheiligen. In der Kölner Erzdiözese sind 16 Kirchen und Kapellen ihr zu Ehren geweiht, darunter 7 allein in der Eifel, in Frauenkron, Bergbuir, Malmedy, Ruhrberg, Krekel, Rescheid und Amel. Auch im Trierer Bistum haben viele Kirchen und Kapellen St. Barbara als Schutzpatronin erwählt. In der Domkirche zu Trier befindet sich sogar ein Schrein mit Reliquien der Heiligen, die alljährlich am 4. Dezember zur Verehrung ausgestellt werden.
Kapelle
in Schladt nach Ihrer Wiederherstellung 1928 - Von Pfarrer Jacoby
Greimerath
Die heil. Jungfrau und Märtyrerin Barbara gehört zu den 14 Nothelfern und wird gegen Blitz, Gewitter und jegliche Feuersgefahr angerufen. Wie die Legende erzählt, wurde ihr Vater, als er seine Tochter eigenhändig den Todesstreich versetzte, vom Blitzstrahl getötet. Die Artillerie verehrt die heil. Barbara als ihre Schutzpatronin. Die Pulverkammer heißt auf spanischen und französischen Kriegsschiffen Sta. Barbara (Ste. Barbe). Die Artilleristen feierten früher ihren Tag und erhielten Zigarren und Bier, was aus der Regimentskasse bezahlt wurde. Auch den Bergleuten gilt St. Barbara heute noch als Schutzheilige; was Wunder, daß darum gerade in der Eifel, wo die Blei-, Silber- und Eisenerzgewinnung, und überhaupt die Steinindustrie früher in Blüte stand, St. Barbara als Schutzheilige angerufen und verehrt wurde. In der Eifler Volkskunde schreibt A. Wrede in Quellen und Anmerkungen folgendes: Mit St. Barbara haben auch noch große Leute gern zu tun, jedenfalls die Berg- und Grubenarbeiter, deren Schutzheilige die jungfräuliche Märtyrerin wurde. In Müllenbach bei Kaisersesch, einem Mittelpunkt der Schiefergruben, im Kreise Kochem, ruhte noch bis gegen 1920 an ihrem Tage die Arbeit. Die Grubenbesitzer spendeten den Arbeitern ein Fäßchen Wein; diese spielten beim Trinken um Nüsse. Wer nicht mittrinken wollte, erhielt 3 Mark. Fest und Feier sind seit der Zeit des Achtstundentages ganz geschwunden.
Vor allem aber wird die hl. Barbara als Patronin des guten Todes besonders von der Eifelbevölkerung verehrt, und groß und klein empfehlen ihr Leben und Sterben der heiligen Jungfrau in dem alten Eifeler Gebetsspruch:
Du heil'ge Barbara, du edle Braut!
Mein Leib und Seel' sich dir anvertraut
Sowohl im Leben als
im Tod.
Komm' mir zu Hülf' in letzter Not,
Daß ich
es mir bei Gott erwerbe,
Daß ich in keiner Todsünd'
sterbe.
Wenn sich mein' Seel' vom Leibe trennt,
So nimm sie
auf in deine Händ',
Und führ' sie in den Himmel ein,
In
meinem letzten Stündelein.
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Eifelkalender 1930, Herausgegeben vom Eifelverein, Stadtarchiv Düren
ZB 30, 5, 1930