Caesars Atuatuca
Das Problem der Lokalisierung - Versuch einer Lösung
von Ludwig Drees





e) Die Ausrottung im eburonischen Rheinland

Wenn Cäsar auch das eburonische Rheinland nicht ausdrücklich als Ziel der Ausrottungsexpeditionen erwähnt, so war es dennoch von diesen betroffen, zunächst durch den Einfall von Nachbarstämmen wie den Sugambrern (VI 35,4-10), dann aber auch durch den zweiten Feldzug Cäsars (VI 43,1). Nicht minder hart wurde es durch die Ausrottungskampagne des Jahres 51 v. Chr. betroffen (VIII 24,4), heißt es doch abschließend: „Als er entweder die Legionen oder die Hilfstruppen in alle Teile des Stammesgebietes des Ambiorix entsandt und alle durch Niedermetzelung, Einäscherung und Plünderung hatte verwüsten lassen, schickte er nach der Tötung oder Gefangennahme einer großen Anzahl von Menschen den Labienus mit zwei Legionen zu den Treverern ...“ (VIII 25,1). Der durch diese Maßnahmen entvölkerte linksrheinische Raum wurde in den folgenden Jahrzehnten mit rechtsrheinischen Germanen neu besiedelt 118). so wurden die Ubier am Rhein zwischen Vinxtbach und Gellep (Gelduba) und landeinwärts bis in die Nähe der Rur und über die Niers hinaus ansässig 119), nach Norden hin anschließend die Cugerner bis etwa zur heutigen deutsch-niederländischen Grenze mit einem Streifen auf dem westlichen Ufer der Maas 120), die Baetasier zwischen Erkelenz und Krefeld 121), und schließlich die Sunuker im Westen der Ubier zwischen Düren und Aachen bis zur Wurm mit dem Indetal als Achse 122). Cugerner, Baetasier und Sunuker werden als Teilstämme der 8 v. Chr. auf das linke Rheinufer verpflanzten 40000 Sugambrer betrachtet 123).

Für eine Vernichtungsaktion gegen die eburonische Bevölkerung im Rheinland stellte ein nordöstlich von Aachen gelegenes Atuatuca ein günstige Operationsbasis dar. Es scheint auch, als habe die östliche Hälfte des Eburonenlandes härter gelitten als die westliche, denn sie mußte neu besiedelt werden, die westliche offenbar nicht. Während Strabon in seinem Werk Geographica, das er um 7 v. Chr. zum größten Teil abgeschlossen hatte 124), die unter Agrippa etwa 38 bis 19 v. Chr. von der rechten auf die linke Rheinseite umgesiedelten Ubier schon erwähnt 125), nennt er für die weiter westwärts gelegenen Gebiete noch Eburonen 126), die dann, weniger stark dezimiert als ihre Stammesgenossen am Rhein, zusammen mit den ebenfalls geschwächten Atuatukern in den neugebildeten Stammesverband der Tungrer, die Strabon noch nicht erwähnt, unter Verlust ihres Namens aufgegangen seind 127). Es ist durchaus denkbar, daß die im Rheinland überlebenden Eburonen nach Westen umgesiedelt worden sind.

Wenn Cäsar seine östlichen Ausrottungsaktionen im Gegensatz zu den westlichen nicht ausdrücklich erwähnt, so wohl auch deshalb, weil er durch diese die Rheingrenze entblößte und damit die Sicherheit Galliens und folglich des römischen Staates gefährdete 128).

Aus der vorliegenden Interpretation des Cäsartextes ergibt sich, daß sich die Probleme der Ausrottungsfeldzüge gegen die Eburonen, wie uns scheint, befriedigend lösen lassen, wenn man das Römerlager Atuatuca etwa auf dem Ichenberg nordöstlich von Aachen lokalisiert.


Anmerkungen

118) Vgl. die Karte bei RÜGER (Anm. 89), S. 37.

119) Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 48, 94 f. und Karte S. 37.

120) Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 86, 96 f. und Karte S. 37.

121) Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 99.

122) Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 99. f. und Karte S. 37.

123) Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 97.

124) Vgl. E. HONIGMANN in RE, 2. Reihe, 7. Halbband, Stuttgart 1931, Sp. 90.

125) STRABON, Geographica IV 3, 4 C 194.

126) STRABON, ebd., IV 3, 5 C 194.

127) Der auf der Inschrift CIL XIII 6216 aus Worms (2./3. Jh.) genannte Intamelus Eburo war kein Eburone. Vgl. RÜGER (Anm. 89), S. 3, Anm. 4.

128) Ganz im Gegensatz hierzu hatte sich seine Politik gegenüber den ausgewanderten und besiegten Helvetiern im Jahre 58 verhalten. Er befahl ihnen, in ihre Heimat am Oberrhein zurückzukehren, damit das verlassene Land nicht von rechtsrheinischen Germanen in Besitz genommen werde (I 28, 4).





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