Der älteste
jungsteinzeitliche Fund aus dem Euskirchener Gebiet ist ein
sogenannter Schuhleistenkeil (vgl. Abbildung 4). Er soll innerhalb
der Stadt selbst gefunden worden sein und befindet sich im Kölner
Museum. Dieser Schuhleistenkeil ist ein Steinbeil,
welches durch Schleifen hergestellt worden ist und wohl als Hacke
oder Furchenzieher benützt wurde. Er ist das typische
Ackerbaugerät einer weit verbreiteten bäuerlichen
Kultur, welche nach der kennzeichnenden Verzierung ihrer Tongefäße
mit Bandmustern als die der Bandkeramiker bezeichnet
wird. Im Rheinland haben uns die Ausgrabungen, welche bei
Köln-Lindenthal ein ganzes Dorf dieser Bevölkerung
aufgedeckt haben 2), einen lebendigen Einblick in ihre Lebensweise
gegeben.
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Auch die letzte Ausdeutung dees
dortigen Grabungsbefundes durch E. Sangmeister 3) macht es sehr
wahrscheinlich, daß die aus dem Gebiet Mährens,
Niederösterreichs und Westungarns herkommenden Bandkeramiker
Wanderbauern waren, wie es schon die Ausgräber angenommen
hatten. Sie errichteten ihre dorfähnlichen Siedlungen aus
großen, rechteckigen Häusern, welche bis 35 m in der
Länge und 7 m in der Breite messen konnten.
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Nach einer gewissen Zeit -
vielleicht einem Jahrzehnt - scheinen sie jedoch ihr Dorfgebiet
wieder verlassen zu haben. Sie wurden hierzu wohl durch das
Ermatten des Ackerbodens gezwungen, da ihnen eine intensive
Düngung noch unbekannt war. Nun siedelten sie sich wohl nicht
allzuweit von der alten Wohnstelle wieder an und kehrten dann nach
einer bestimmten Zeit zu ihr zurück, um neue Häuser an
Stelle der alten zu errichten, von welchen freilich nur noch
geringe Reste vorhanden gewesen sein können. Auf diese Weise
ist es gut zu erklären, daß sich in Köln-Lindenthal
6 solcher voneinander unabhängiger Siedlungen übereinander
finden. Die größte von ihnen umfaßt 21 Häuser.
Die Bandkeramiker bauten vor allem Gerste, eine
Weizenart (Emmer), Hirse und Lein (wohl als Ölfrucht) an;
ihre Viehzucht erstreckte sich auf Rind, Schaf, Ziege, Schwein und
Hund. Der Gebrauch des Pfluges ist bei ihnen noch nicht
nachgewiesen. Von dem hohen Können der Steinschleifer und
Töpfer zeugen die erhaltenen Beile und Gefäße. Die
Zeit, in der diese Menschen in unserer Gegend lebten, liegt etwa
zwischen 2.500 - 2.000 v. Chr. Geb.
Außer einigen
weiteren Steinbeilen aus dem Euskirchener Raum, die nur allgemein
darauf hindeuten, daß in der jüngeren Steinzeit
Menschen unser Gebiet bewohnt haben, ist aus dem Ende jener Epoche
ein sog. Fischgrätenbecher (vgl. Abb. 5)
erhalten. Er wurde 1904 in der Kiesgrube am Nordrand des
Euskirchener Stadtwaldes gefunden. Die in die Außenwand des
Bechers eingefurchten fischgrätenartigen Zonen überziehen
das Gefäß wie ein Textilmuster. Solche Becher bilden im
westdeutsch-niederländischen Raum eine bekannte Erscheinung.
Die Menschen, die sie benützt haben, lebten in den ersten
Jahrhunderten des 2. Jahrtausends v. Chr. Sie bestatteten ihre
Toten zumeist in Grabhügeln. Im Gegensatz zu den älteren
Bandkeramikern scheinen sie sich meist nur kleinerer
Häuser bedient zu haben. Die Funde von zahlreichen
Tierknochen - u.a. vom Rind, Pferd und Hund - in ihren Siedlungen
zeigen an, daß sie Viehzucht trieben. Außerdem haben
sie sicherlich auch den Ackerbau in irgendeiner Form gekannt.
Besonders elegant sind ihre steinernen Streitäxte
geschliffen. Diese rheinische Becherkultur hat
zahlreiche Beeinflussungen aus Mitteldeutschland und aus dem Süden
und Norden empfangen, doch sind wir über ihre Entstehung noch
ziemlich im unklaren. Zum erstenmal wird jetzt in geringem Umfang
auch schon Bronze zur Herstellung von Schmuck und
Gebrauchsgegenständen benützt. Ob nun unser Euskirchener
Becher aus dem Rest einer Siedlung stammt oder ob er einst einem
Toten mit ins Grab gegeben worden ist, wissen wir nicht 4).
Von
der nachfolgenden Bronzezeit wissen wir im Rheinland noch
verhältnismäßig wenig, und auch das Euskirchener
Land hat bisher keine Funde aus dieser Epoche ergeben. Dagegen
besitzen wir aus der Zeit zwischen etwa 1000 und 800 v. Chr.
einige sehr schöne Grabfunde, die am Giersberg im Osten der
Stadt ausgegraben worden sind 5). Etwa seit 1200 v. Chr. wurde es
in ganz Süd- und Westdeutschland üblich, die Toten zu
verbrennen und ihre Asche mit zahlreichen kleinen Trinkbechern und
Schalen zusammen in großen Tonurnen beizusetzen. Da wir den
Namen des Menschen, die auf den oft ziemlich ausgedehnten
Urnenfeldern bestattet sind, nicht kennen, hat man sie als
Urnenfelderleute bezeichnet. Ihre Ausbreitung hat
offensichtlich vom Donauraum ihren Ausgang genommen und reicht bis
weit nach Frankreich hinein. Sie hat sich auch auf den Balkan
erstreckt und dort die großen Unruhen erregt, die zum Ende
der mykenischen Kultur führten. Diese Urnenfelderleute
assimilierten natürlich auf ihren Wanderungen zahlreiche
einheimische Elemente, die nun ebenfalls an der Verbreitung der
Urnenfelderkultur mitwirkten. In den Rahmen dieser Vorgänge
gehören die Gräber vom Giersberg. Neben der mit einer
großen Deckschale verschlossenen Ascheurne enthielten sie
zahlreiche Gerbrauchsgefäße, die so dünnwandig,
glattpoliert und fein mit Ritzmustern verziert sind, daß man
sie zu dem Elegantesten rechnen darf, was uns von Keramik aus
unserer Vorzeit erhalten ist. Die Gräber dieser
Urnenfelderleute liegen überwiegend in gutem Ackerland, was
darauf schließen läßt, daß auch sie
hauptsächlich Ackerbauern waren.
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