Caesars Atuatuca
Das Problem der Lokalisierung - Versuch einer Lösung
von Ludwig Drees





6. Der Flur- und Ortsname „Atsch“ im Stolberger Tal als Zeugnis für den Namen „Atuatuca“?

Am Schnittpunkt der beiden von Binche und von der Öffnung der Maasschleife bei Sedan aus gezogenen Kreislinien müßte auf dem Wege der induktiven Ortsbestimmung Cäsars Atuatuca liegen. Bei einer Kreisführung mit einem gleichlangen Radius von 148 km liegt dieser Schnittpunkt auf dem Autobahnkreuz nordöstlich von Aachen. Nun ist von diesem Schnittpunkt in südöstlicher Richtung die Ortschaft Atsch (Stolberg-Atsch) 2,5 km und der Zusammenfluß von Vicht und Inde im Gelände „In der Atsch“ im Stolberger Tal 2 km entfernt. Es ist daher sinnvoll zu fragen, ob die Ortsbezeichnung Atuatuca nicht in dem Geländenamen Atsch bewahrt sein könnte. Es liegen nämlich zwei Lokalisierungsvorschläge vor, die von der Identität Atsch = Atuatuca ausgehen. Was ist von dieser zu halten? Als Grundlage für unsere Untersuchung dient uns die Karte der Reichsabtei Kornelimünster vom Jahr 1646 54) - unsere Karte 5.


Karte 5: Nördlicher Teil der ehemaligen Reichsabtei Kornelimünster mit der Flur „In der Atsch“ (Quelle)

Das Gelände „In der Atsch“ erstreckt sich hier zwischen Inde und Saubach. Es umfaßt das breite Tal westlich der Inde mit der ehemaligen „Atscher Mühle“ (vgl. Tranchot-Karte) 55) und den sich entlang des Saubachs nach Südwesten ausdehnenden, z. T. sumpfigen „Atscher Wald“ bis einschließlich „Gut Schwarzenbruch“. In dem südwestlichen Mündungsdreieck zwischen Inde und Saubach - letzterer ist heute streckenweise unterirdisch kanalisiert - steigt ein Hügelrücken an, auf dem im 19. Jh. die Ortschaft „Atsch“ entstand (Stolberg-Atsch). An den „Atscher Wald“ schließt sich weiter nach Südwesten in Richtung Aachen der „Reichswald“ an, so genannt, weil er zum Gebiet des „Aachener Reiches“ gehörte (Vgl. für beide Wälder die Tranchot-Karte). Ursprünglich umfaßte die Bezeichnung Atscher Wald den Gesamtwald. „Doch scheint am Ende des 14. Jahrhunderts die Bezeichnung Atscher Wald für den im Gebiet des Aachener Reiches gelegenen Distrikt bald durch den Namen Reichswald verdrängt worden zu sein. Eine Trennung zwischen Reichs- und Atscherwald besteht seit dem 15. Jh. Die Grenze zwischen beiden war der Steinsief; der erstere lag im Gebiete der Reichsstadt Aachen; letzterer neben dem Probsteier und Eschweiler Wald im Territorium des Herzogs von Jülich“ 56).

Auf die Besitzstreitigkeiten um den Atscher Wald im engeren Sinne, den auf ihrer Karte die Abtei Kornelimünster beansprucht, obgleich er zur fraglichen Zeit zum Herzogtum Jülich gehörte 57), können wir hier nicht eingehen. Uns kommt es auf die Formen des Namens Atsch an.

In einer Quelle des Jahres 1270 (Kopie 17. Jh.) wird der Gesamtwald als Eigenbesitz (allodium) der Reichshauptstadt Aachen und ihrer Stadtgemeinde bezeichnet und Eigha genannt 58). Auf der Karte des Aachener Reiches von Cornelius Janson Fries aus dem Jahre 1569 heißt der Wald Die Eiga oder Etsch 59). „Eigha“ (1270) und „Eiga“ (1569) besagen, daß der betreffende Wald ein zu Aachen gehörendes allodiales Besitzeigentum ist 60). „Eiga“ und „Etsch“, d. h. „Eiga“ und „Etscher Wald“ sind indentisch.

Das wohl älteste Zeugnis für den Namen die Etsch als geographische, nicht rechtliche, Bezeichnung lautet auf die Etsch und stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jhs 61). Es folgt die Nennung auf der Karte 1569, dann 1609 die Erdsch (Kopie 1658) 62), 1613 der Etzschen und busch die Aetzsch genannt 63), in demselben Jahr In der Etsch und der Etsche halber 64), 1661 die eetsch 65) und die aetsch 66). In einem Akt des Jahres 1681 erscheint die Form Etsch, aus älteren Urkunden übernommen, dreimal, u. a. auf der etsche 67). Dann verschwindet sie offenbar zugunsten von Atsch. In einem Schreiben des Jahres 1661 kommen beide Formen zugleich vor: der wald aber, Etsch genannt und in der Atschen 68).

Die Form Atsch ist, wie es scheint, erstmals in einem Bericht des Jahres 1568 über die Markierung der Grenze zwischen des Reichs von Aichen und des lands von Münstererde und des waltz, die Atsche genannt 69) bezeugt. Es folgt die Nennung auf der Landkarte der Reichsabtei Kornelimünster 1646 (Kopie 1798). Es heißt dann vor 1656 in der Atschen 70), 1660 die Atsche 71), 1677 der Aschen 72). Seit dem 18. Jh. Kommt anscheinend nur mehr die Form Atsch vor 73). Diese hat die ältere Bezeichnung Etsch völlig verdrängt. Die Frage, ob sie wirklich eine jüngere Entwicklung darstellt oder ob sie von Anfang an als Dublette zu Etsch bestanden hat und erst 1568 auftaucht, wollen wir zunächst zurückstellen. Die heutige Form Atsch hat kurzes a.

Etsch läßt sich aus Atuatica und Atsch aus Atuatuca herleiten 74). Die Form Atuatica (mit i) ist bei Cäsar nicht gegeben, wohl aber für den namensverwandten Stamm der Atuatuci die Variante atuaticos und antuaticos (V 38,1) 75). Dazu kommt die griechische Form Atouatikoi bei Cassius Dio 76).

Es ist also möglich, die nicht bezeugte, aber dennoch naheliegende Form *Atuática mit Betonung der drittletzten Silbe zu postulieren. Von den erobernden Franken wird sie übernommen und germanisch ausgesprochen, und zwar mit Betonung der ersten Silbe: *átwatika. Durch Synkope geht die zweite, nunmehr schwachbetonte Silbe verloren (vgl. „fenéstra“ > „Fénster“). Ergebnis: *áttika. In der zweiten hochdeutschen Lautverschiebung wandelt sich dieses zu *átzicha. Das i der zweiten Silbe bewirkt den sogenannten i-Umlaut. Ergebnis *étzicha, dann *étzesche (vgl. die Schreibung von 1613). Das Abstoßen des Auslautvokals führt zu *etzch, *etzsch, und dann zur vereinfachten Schreibung Etsch.

Ähnlich verläuft die Entwicklung der nicht umgelauteten Form Atsch aus Atuatuca: *átwatuka > *áttuka > *átzucha > *átzeche > *átzesche > *átzsche > *átzsch > Atsch. In der Schreibform Aetzsch (1613) und aetsch (1661) muß das e wohl als Dehnungszeichen aufgefaßt werden als Schreibung für aatsch neben eetsch.

Solche Kürzungen entlehnter Fremdwörter durch mehrere Synkopen sind möglich: so entsteht unser Wort „Pferd“ aus mittellat. paraveredus. Das übernommene Fremdwort *attuka/*atzucha wird wie ein germanisches Wort mi -k-Suffix bzw. mit Bindevokal -aka-, -ika-, -uka- behandelt 77). „Vielleicht ergäbe dies gleichzeitig eine Erklärung für die Etsch-Form (mit i-Umlaut); denn die Gruppe scheint Dubletten in i- und u-Vorschlag aufzuweisen wie beim Worte Kranich“ 78). Dessen lautliche Entwicklung als Wort der -k- Suffixgruppe ist sehr aufschlußreich: „die nhd. Form Kranich geht auf ahd. cranuh zurück. Dazu mhd. kranech, kranich, kranch und umgelautet krench, mnd. kranek, ags. cranoc79). Der Parallelismus zu der angenommenen Entwicklung von átzuch- mit ihren verschiedenen Möglichkeiten ist so auffällig und einleuchtend, daß wir nun nicht einmal mehr eine lateinische Form *Atuatica postulieren müssen, um die umgelautete Form Etsch zu erklären. Daraus folgt, daß das später bezeugte Atsch von Angang an eine Dublette des früher bezeugten Etsch darstellt. Einen ähnlichen Wechsel wie beim Suffix -uch/-ich gibt es auch für das Suffix -ung/-ing 80).

Da uns die Zwischenglieder zwischen den Formen Atuatuca und Atsch bzw. Etsch fehlen, stellt diese Rekonstruktion der lautlichen Entwicklung lediglich eine mögliche Erklärung dar. Dabei muß auch erwogen werden, ob nicht eine konkurrierende Deutung als Alternative gegeben ist.

An dieser mit dem Namen Atuatuca bezeichneten Stätte fanden die Römer eine kleine prähistorische Festung vor (castellum Atuatuca VI 32,3) und legten dort ein Winterlager an (hiberna V 24,1) und VI 32,4). Beide Anlagen müssen getrennt lokalisiert werden, denn es ist nicht anzunehmen, daß die Römer die Festung der Eburonen in ihr Lager einbezogen hätten. Deren Könige Ambiorix und Catuvolcus hatten die beiden Feldherren Sabinus und Cotta bei ihrem Anmarsch „an der Grenze ihres Reiches empfangen und ihnen Getreide ins Lager geliefert“ (V 26,2). Die Beziehungen schienen also gut zu sein. Wie nahe castellum und hiberna beieinander lagen, läßt sich aus dem Text nicht erschließen.

Als erster hatte Professor Dr. F. L. Ganter aus Düsseldorf im Jahre 1912 das Römerlager Atuatuca - eine vorrömische Befestigung erwähnt er nicht - im Bereich der Atsch lokalisiert, und zwar am Propsteier Wald nördlich des Saubachs oberhalb und westlich des Stolberger Hauptbahnhofs. Diese Stätte fand er u. a. mit Hilfe des Namens der Ortschaft Atsch, den er wegen des „Anklangs“ an den Namen Atuatuca mit letzterem indentifiziert 81).

Unabhängig von Ganter entdeckte Studienrat Dr. Richard Spessart aus Wuppertal-Elberfeld die lautliche Gleichung Atsch = Atuatuca und lokalisierte im Jahre 1936 die cäsarische Stätte auf dem Hügelrücken der heutigen Ortschaft Atsch - auf der Tranchot-Karte gibt es sie noch nicht-, zwischen Saubach und Inde, wobei für ihn castellum und hiberna deckungsgleich seind. Die magna convallis (V 32,3), den weiten Talkessel, in welchem das römische Heer etwa 2 Meilen (3 km) vom Lager (V 32,1) unter den Schlägen des Ambiorix unterging, suchte er in südlicher Richtung im Tal der Inde zwischen Buschmühle und Bockmühle, einem Gelände, das weniger als die erforderlichen 3 km, also zu nahe bei dem angenommenen Römerlager liegt 82).

Nun gibt es aber eine zweite Möglichkeit, den Namen Atsch zu erklären, indem man ihn von Attich, m., d. h. Attichholunder, Zwergholunder, Sambucus ebulus, ableitet, das schon im Althochdeutschen unter der Form attah, attuh als frühe Entlehnung aus dem Gallischen odocos belegt ist. Heinrich Dittmaier erwähnt die mit „Attich“ gebildeten Flurnamen: die Atig, Adigt, Atg und auf der Atsch (Kochem-Lieg). Die Form Etsch wird nicht genannt, doch läßt sich diese durch i- Umlaut von Attich ableiten. Das Verbreitungsgebiet ist Birkenfeld, Kreuznach, Simmern und Nassau, ferner Kochem, Zell, Mayen und Neuwied. Die nördliche Eifel wird nicht erwähnt 83). Da jedoch Zwergholunder im Atscher Wald vorkommt 84), dürften die Geländenamen Atsch eher von Attich als von Atuatuca abzuleiten sein. Damit würde auch Spessarts toponymisch begründete Lokalisierung von Atuatuca in der nach dem Flurnamen benannten Ortschaft Atsch hinfällig sein.

Nun haben wir den steilen, langgestreckten Höhenrücken des Ichenberges westlich von Eschweiler, der in dem Horst Hohenstein an der Ostbiegung der Inde ausläuft, für die Lokalisierung von Atuatuca vorgeschlagen, den Hohenstein für das Castellum, den Ichenberg für das Winterlager 85). Diese Höhe liegt genau in der Verlängerung der beiden konvergierenden Radien, von deren Schnittpunkt auf dem Autobahnkreuz nordöstlich von Aachen es bis zur südöstlichen Begrenzung des angenommenen Lagers an der späteren Römerstraße Stich noch 5 km sind, eine Entfernung, die wohl durch den Zusatz „ungefähr“ (circiter V 27,9) abgedeckt werden dürfte. Es wäre dies bei einer Gesamtdistanz von 148 km eine Fehlerquote von kaum mehr als 3 %. Von Amiens ist der Hohenstein-Ichenberg in Luftlinie genau 296 km (= zweimal 148 km) entfernt.

Will man aber das paulo amplius (V 27,9) in der Aussage des Ambiorix, dessen Entfernungsangaben als solche wir mit guten Gründen verworfen haben, über die Distanz des Lagers Atuatuca zum Lager des Labienus bei Sedan gelten lassen, dann verlängert sich der Radius des von dort gezogenen Kreises in Richtung Geilenkirchen - holländische Grenze, doch dürften, wie uns scheint, mögliche Indizien des Castellums und des Lagers auf dem Hohenstein-Ichenberg bei Eschweiler eine dortige Lokalisierung vertretbar machen. Die Verkehrslage des angenommenen Römerlagers auf dem Ichenberg, seine für die Aufnahme von 1 ½ Legionen mit Auxiliarreiterei und Troßknechten geeignete Größe von etwa 37 ha, die Übereinstimmung seiner Umgebung mit den Angaben Cäsars sowie seine 3 km betragende Entfernung von einem breiten Talkessel am Zusammenfluß von Vicht und Inde im Gelände „In der Atsch“, wo die Schlacht stattgefunden haben könnte, könnten die vorgeschlagene Lokalisierung möglich machen.

Würde eine solche induktiv ermittelte Ortsbestimmung auch in Einklang stehen mit den weiteren Aussagen Cäsars über die Lage Atuatucas innerhalb des Eburonenlandes?

Anmerkungen

54) Vgl. Franz NAGEL, Geschichte der Reichsabtei Cornelimünster und des Münsterländchens, Cornelimünster (und Stolberg) 1925, dort die Karte von 1636 (Kopie 1798 bzw. 1925) am Ende des Buches als Faltblatt. Wir verdanken den Hinweis auf diese Karte unserem ehemaligen Studenten Franz-Josef Laufens, Kornelimünster

55) Kartenaufnahme der Rheinlande durch TRANCHOT und VON MÜFFLING 1803 bis 1820. Hrsg. vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen 1969. Die Karte 87 Eschweiler wurde 1805/07 von Ing. Geograph MAISSIAT aufgenommen.

56) Josef HAMMERS, Die Waldgenossenschaften in der Aachener Gegend. Diss. phil. Münster 1913, Aachen 1913, S. 41 f.

57) Vgl. hierzu NAGEL (Anm. 54), S. 43 f.

58) nemus teutonice dictium EIGHA. Vgl. die Angaben bei Heinrich KASPERS, Comitatus nemoris. Die Waldgrafschaft zwischen Maas und Rhein, Düren und Aachen 1957, S. 177, ferner S. 184 sowie Anm. 544 und 545. Der Hinweis auf die Abschrift aus dem 17. Jh. bei Wilhelm MUMMENHOFF, Regesten der Reichsstadt Aachen 1, Bonn 1961, S. 122, Nr. 237.

59) Vgl. Heinrich SAVELSBERG, Die älteste Landkarte des Aachener Reiches von 1569, in: ZAGV 23, 1901, S. 290-305, bes. S. 304; hier nach S. 304 eine Abbildung der Karte. Das Original befindet sich im Aachener Heimatmuseum Burg Frankenberg.

60) Dieser Sachverhalt dürfte die Grundlage für die Bezeichnung „Reichswald“, d. h. Wald des Aachener Reiches, bilden.

61) Unter Abt Winand von Kornelimünster. Vgl. H. J. GROSS, Zur Geschichte des Aachener Reiches, XVI, Der Reichs- und Atscherwald, in: Aus Aachens Vorzeit 7, 1894, S. 73.

62) Extractus Epitomatus - aus dem Wald-Buch: Diözesan-Archiv Aachen, Hs. 271, S. 1. Text bei GROSS (Anm. 61), S 41, und bei P. ZIMMERMANN, der Würselener Wald (die Atsch), in: Heimatblätter des Landkreises Aachen 7, 1937, Heft 2, S. 36 f. Erdsch ist offenbar eine Verschreibung für Eetsch, da eine Form mit r sonst nicht bezeugt ist. Vgl. die Schreibung die eetsch von 1661.

63) GROSS (Anm. 61), S. 108.

64) Wald-Buch (Anm. 62), S. 6 und 7.

65) ZIMMERMANN (Anm. 62), S. 38. Bei GROSS (Anm. 61), S. 108, Anm. 2, findet sich die Schreibung von der Eitschen, in der i offenbar Dehnungszeichen ist.

66) ZIMMERMANN (Anm. 62), S. 39 (zweimal).

67) Wald-Buch (Anm. 62), S. 4.

68) GROSS (Anm. 61), S. 45.

69) Vgl. NELLESSEN; Zur Geschichte des Aachener Landgrabens, in: ZAGV 33, 1911, S. 291.

70) GROSS (Anm. 61), S. 72.

71) HAMMERS (Anm. 56), S. 42, Anm. 1.

72) GROSS (Anm. 61), S. 66 - Es handelt sich hier offenbar um eine Verschreibung.

73) Wir haben uns auf eine charakteristische Auswahl der Namensformen aus den in den Anmerkungen genannten Titeln beschränkt.

74) die in den Handschriften überlieferte Variante Aduatuca ist jünger als die Form Atuatuca. Letztere entspricht der griechischen Form. Atouátoukon bei Ptolemaeus, II 9, 5 umd 170 n. Chr. Vgl. auch Anm. 75.

75) Für den Völkernamen der Atuatuci weisen die Handschriften stets die Variante Aduatuci auf, ausgenommen II 29, 1 und VI 2, 3, (vgl. die Textausgabe von SEEL, Anm. 7), wo sie fehlt. Nach Maurits GYSSELING; Toponymisch Woordenboek van België, Nederland, Luxemburg, Nord-Frankrijk en West-Duitsland (vóór 1226), I (Gent) 1960, S. 78 f., sind die Formen Aduatuci und Aduaga (für Tongeren) „des formes romanes postérieures“. Wir müssen daher bei der Ableitung von Etsch/Atsch von *Atuatica bzw. Atuatuca ausgehen. - Für die Varianten atuaticos und antuaticos vgl. die Textausgabe von SEEL (Anm. 7), S. 156, Anm. zu Zeile 14.

76) Cassius Dio, XXXIX 4 (um 229). Vgl. GYSSELING (Anm. 75), I, S. 77 s. v. Atuatuci.

77) Vgl. H. KRAHE/W. MEID, Germanische Sprachwissenschaft, III, Wortbildungslehre (Sammlung Göschen Band 1218 b), Berlin 1967, § 153.

78) Schreiben von Oberstudiendirektor i. R. Dr. Franz Seewald, Aachen, vom 2. 1. 1976, für das wir herzlich danken. Herr Dr. Seewald, ein Kenner der Altgermanistik, hält die hier entwickelte Atsch-Etymologie für möglich. Er fügt jedoch hinzu: „Freilich wird man schwerlich konkurrierende Deutungen ausschließen können. Daß es sich bei alldem nicht um einen ,Beweis', sondern den Nachweis einer Möglichkeit handelt, brauche ich kaum zu erwähnen.“

79) Alfred GÖTZE (Hrsg.), Trübners Deutsches Wörterbuch, IV, Berlin 1943, S. 256.

80) vgl. KRAHE/MEID (Anm. 77), § 150.

81) Vgl. F. L. GANTER, Cäsars Aduatuca gefunden. Die Entdeckung eines römischen Standlagers im Rheinland, in: Eschweiler Anzeiger Nr. 87, v. 20. Juli 1912, S. 1-2; hier: S. 1, Sp. 3-4. Schon einen Monat später wurde diese These von Prof. Dr. August SCHOOP aus Düren nach einer Ortsbesichtigung im Beisein mehrerer Fachkollegen glattweg verworfen. Vgl. SCHOOP, Ist Cäsars Atuatuca gefunden? In: Eschweiler Nachrichten Nr. 100, v. 20. August 1912, S. 2. Es heißt in der Kritik, Ganter habe „sich verleiten lassen, die Beschaffenheit des Geländes in fast unglaublicher Weise auf ein römisches Lager zu deuten“, ebd., Sp. 3.

82) Vgl. Richard SPESSART. Wo lag Atuatuca? in: Die Eifel 37, August 1936, S. 102-105. - Die sprachwissenschaftliche Untersuchung des Problems hatte er einem nichtgenannten Romanisten übertragen: „Es ergab sich, daß die Entwicklung von Atuatuca zu Atsch den Lautgesetzen und dem germanischen Akzentgesetz, das die Betonung auf die erste Silbe legt, nicht zuwiderläuft.“ (Ebd., S. 104, Sp. 1). In das im Rheinischen Landesmuseum Bonn bei den Ortsakten Stolberg aufbewahrte Exemplar dieses Artikels hat Spessart folgende lautliche Entwicklungsreihe handschriftlich eingetragen: „Aduátuka -> Adwátuca -> Adwátsch -> A'dwetsch -> Atsch.“ Gegen diese Entwicklungsreihe haben wir Bedenken, da sie die neben Atsch bezeugte Form Etsch nicht zu erklären vermag. Eine Photokopie dieses Aufsatzes besorgte uns freundlicherweise Herr Lehrer Horst-Guether Kleis von der Grundschule Waldfeucht-Haaren. - Das Schrifttum von Spessart über das Thema Atuatuca umfaßt noch eine Reihe von Aufsätzen, deren erster „Der wissenschaftliche Weg nach A'tuatuca-Atsch“ heißt. Die vorhandene Sammlung umfaßt 19 zweispaltige Druckseiten, doch es fehlen die Angaben zur Herkunft und Datierung. Offenbar entstammen diese Artikel einer Zeitung. Die Sammlung gelangte in den Besitz des Herrn Paul Kohlhaas, Rektor der Grundschule Stolberg-Atsch, der sie uns zur Verfügung stellte,vielleicht ist es die einzige noch erhaltene Sammlung dieser Aufsätze. Für seine Hilfsbereitschaft sowie seine Führung durch Atsch und Umgebung sei ihm an dieser Stelle herzlich gedankt. - Im Anschluß an Spessart nimmt auch Walter KAEMMERER die sprachliche Gleichung Atuatuca - Atsch an, desgleichen die Lokalisierung der cäsarischen Stätte auf dem Hügelrücken der Ortschaft Atsch. (Vgl. Eschweiler in seiner Geschichte, I. Teil: Die Vorzeit, Eschweiler 1964, S. 63 f. mit Anm. 24). - Der Ortsnamen Atsch wird bei E. FÖRSTEMANN / H. JELLINGHAUS, Altdeutsches Namenbuch, Ortsnamen, Bonn 1916 nicht erwähnt.

83) Vgl. Heinrich Dittmann, Rheinische Flurnamen, Bonn 1963, S. 17 s. v. Attich. Nach Josef MÜLLER (Hrsg.), Rheinisches Wörterbuch I, Bonn 1928, Sp. 292 s. v. Attich, bezeichnet die Form die Attich „die mit Attich bewachsene Flur“.

84) In der Nähe des Forsthauses bei Weiden (1 km südöstlich vom Autobahnkreuz Aachen). Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. rer. nat. Erwin Patzke, Akademischer Oberrat an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Aachen.

85) Aachener Volkszeitung Nr. 152 vom 6. Juli 1974, Wochenendbeilage Magazin.


II. Die Lage Atuatucas innerhalb des Eburonenlandes
1.
Die Lage im Aachener Raum zum Rhein hin





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