Die Judenfriedhöfe - ehemalige keltische Haine ?

Unbekannte Kultstätten, Matronenverehrung vermutet

Während der Recherchen der Woenge.de-Seiten wurden einige Informationen zugetragen, daß viele der Judenfriedhöfe in unserer Voreifel wahrscheinlich niemals von Juden benutzt wurden, bzw. nicht auf Juden zurückzuführen sind. Angeblich soll es sich um Mißverständnisse in der Übersetzung des Wortes Jött handeln. Im Folgenden der vollständige Artikel von Dr. Batti Dohm, um die logischen Zusammenhänge besser darzustellen. Er erschien im Heimatjahrbuch 1978 des Landkreises Daun:

Der Judenkirchhof bei Gerolstein-Pelm von Dr. Batti Dohm t




„Kaum eine Eifelgemeinde außer Gerolstein-Pelm verfügt über eine schriftliche Urkunde, die das ehrwürdige Alter von 1853 Jahren hat. Es ist die Stiftungsurkunde eines frommen Kelten aus dem Jahre 124 n. Chr. Auf einer Steintafel wurde sie im vorigen Jahrhundert auf dem Distrikt Judenkirchhof auf der Hustley zwischen Gerolstein und Pelm gefunden.

Tonfigur einer keltischen Matrone, die der Göttin geopfert wurde. Nat. Gr. 10 cm

Sie besagt, daß MARCUS VICTORIUS POLLENTINUS am 5. Oktober des genannten Jahres dem Heiligtum der DEA CAIVA eine (nach heutiger Währung) halbe Million stiftet, wie er es versprochen habe. Nach dieser Summe muß es sich um ein größeres Heiligtum, einen Wallfahrtsort gehandelt haben. Um das und den Namen Judenkirchhof zu verstehen, bedarf es einer Erklärung.


Die Kelten verehrten Schutzpatroninnen, Heilige Mütter, denen sie Gesundheit der Familie, ihren Besitz, Haus, Vieh, Acker und Ernte zum überirdischen Schutz anvertrauten. Die Verehrungsstätten umgaben sie mit Schutzhecken, dem Heiligen Haag.


Die Römer, bei denen die Kelten Gallier hießen, überfielen sie, G. J. Caesar (58—50 v. Chr.) berichtet darüber in seinem .Gallischen Krieg' und eroberte das Gebiet. Von den Römern übernahmen die Kelten den Steinbau, d. h. sie lernten das Kalkbrennen und die Mörtelbereitung. Die Römer hinwiederum nahmen die Religionen der unterworfenen Völker in ihren Götterkult auf: die keltische Schutzpartonin auf der Hustley wurde die DEA VAIVA, ihre bisher mit der Hecke umgebene Verehrungsstätte wurde mit einer Mauer eingefriedet. Dadurch ist sie, wie auch an anderen Stellen im ehemaligen Gallien, in Ruinen erhalten geblieben. Sie sind es auch, die zur Mißdeutung des Namens führen; denn mit Friedhof und Juden hat er nichts zu tun.


Die Deutung gibt nur das Verstehen unseres Volkstums und unserer Mundart.


Quelle: Heimatjahrbuch 1978 des Landkreises Daun

Die Heiligen Mütter der Kelten, man spricht von einem Matronenkult, sind in etwa zu vergleichen den Taufpatinnen im katholischen Sinne. Sie haben sich im höheren geistigen Bereich neben den Eltern des Kindes um ihren Schützling zu kümmern. Die Taufpatin heißt in unserer Mundart „de Jodd". Es besteht also zwischen beiden eine, wenn auch nur sehr vage Ähnlichkeit. In der noch lange nach der Christianisierung erhaltenen gebliebenen Erinnerung an die Funktion der ehemaligen heidnischen Schutzpatronin, zu deren Heiligtum auf der Hustley die Vorfahren gepilgert waren, nannte man das Ruinenfeld ,Joddekirchhoff — d. h. — ,Hor um die Kirche (Heiligtum) der Jodd'. in Unverständnis der Bedeutung dieser Bezeichnung wurde bei der viel später erfolgten Katasteraufnahme in gut gemeinter „Verhochdeutschung" Judenkirchhof eingetragen, wozu auch die Ruinen, die damals nicht erforscht waren, zu berechtigen schienen.

Wie die späteren Ausgrabungen ergaben, umschlossen die Umfassungsmauern als Zentralpunkt das Heiligtum der DEA CAIVA, weitere kleine Tempelchen römischer Gottheiten, zu denen wohl seßhaftgewordene römische Familien und Soldaten pilgerten, schlössen sich in einiger Entfernung an, außerdem lag an der Nordseite des weiträumigen Tempelbezirks ein großes Gebäude mit mehreren zellenartigen Gemächern, das man als Wohnung der Priester und Tempeldiener deutet. Außerhalb dieses heiligen Bezirks vermutet man in den im Halbrund erhaltenen Ruinen die ehemaligen Sitzreihen eines kleinen Theaters, auf dem wohl auf den Kult bezogene Stücke aufgeführt wurden.

Etwa an die 200 Jahre, nachdem M. V. Pollentinus die großzügige Stiftung gemacht hat, störte nichts die sakrale Ruhe des heiligen Bezirks, herrschte die FAX ROMANA. Dann jedoch fielen fränkische Stämme über unsere Heimat her, deren Weg verbrannte Erde zeichnete: das Heiligtum der Mutter Caiva wurde in Brand gesteckt, nachdem es ausgeplündert und die Tempelschätze gestohlen waren. Kleingeld ließen die Horden liegen, so daß mit wenigen Ausnahmen nur noch Bronzemünzen gefunden wurden.

Das Museum Villa Sarabodis der Erlöserkirche in Gerolstein zeigt außer dem Abdruck der erwähnten Votivtafel zahlreiche Funde aus dem Bezirk, von denen besonders kleine Tonfigürchen zu erwähnen sind, sie zeigen die Göttin als sitzende Matrone mit der typischen hohen keltischen Haube.

Eine kleine Quelle, die aus dem kyllseitigen Felshang der Hustley, dicht unterhalb des Judenkirchhofs, zu Tal plätschert, weist in ihrem Namen auch auf das ehemalige Heiligtum hin, sie heißt Heideborn. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie einst die Kultstätte mit Wasser versorgte. Ob auch der Name Hustley eine Beziehung dazu hatte, werden vielleicht spätere Keltologen klären.

Seit einigen Jahren ist der Bering aufgeforstet, so daß von den Ruinen nichts mehr zu sehen ist.



Soweit der Artikel aus dem Heimatjahrbuch 1978 des Landkreises Daun. Prägnant sind bei vielen Keltenschanzen, römischen Tempelanlagen und den sogenannten Judenfriedhöfen ihre rechteckige Umhegung. Als Beispiel genannt: Judenfriedhof Hardtwald bei Kreuzweingarten, Köhlager am Keltenring und vermutetes 2. Keltendorf bei Kreuzweingarten, Römertempel Pesch, Matronentempel Nettersheim. Ebenso auffällig die Parzellierungen um den Kreuzweingartener Ringwall in ihren Größenproportionen ähnlich angelegt. Im Heimatjahrbuch 1987 des Landkreises Daun findet sich die Abbildung der keltisch-römischen Tempelanlage, die die obigen Ansichten bereits durch ihre Namensgebung „Judenkirchhof“. bestätigen. Sollten sich hier weitere Quellen und Hinweise ergeben, werden diese nachgetragen. Material hierfür wird ggf. erbeten.


Die rekonstruierten Grundmauern der keltisch-römischen Tempelanlage "Judenkirchhof".

Foto: Susanne Venz
Quelle: Heimatjahrbuch 1987 Landkreis Daun - Die Gerolsteiner Dolomiten von Gerd Ostermann, Birgel

„Neben der Villa Sarabodis im Kylltal ist der Tempelbezirk „Juddenkirchhof" auf Pelmer Gemarkung das bedeutendste römische Siedlungsrelikt des Gerolsteiner Raumes. Dabei belegen Münz- und Inschriftenfunde eine Nutzung der Anlage über mindestens 260 Jahre hinweg (124-383 n. Chr). Dieser keltisch-römische Tempelbezirk mit Umfassungsmauer, Priesterhaus und Tempelanlagen konnte seit 1985, besonders durch die Aktivität der Gerolsteiner Eifelvereinsgruppe, wieder freigelegt und in seinen Fundamenten rekonstruiert werden. Der Name Judenkirchhof kommt dabei nicht von einem jüdischen Friedhof, sondern vermutlich von der aus christlicher Sicht „heidnischen" Kultstätte, wobei aus frühchristlicher Zeit die Begriffe „Heiden" mit „Juden" gleichgesetzt wurden.“



Kreuzweingartener Ringwall mit Köhlager

Als Vergleich noch einmal die Kreuzweingartener markanten Grundstücksverläufe bei Schanzen im Hardtwald - Bericht von einer Exkursion in die Vorzeit, und bei Aus der Vorrömerzeit - Der Keltenring , weiterhin Gab es einst 2 keltische Keltendörfer am Ringwall?. Weitere Informationen bei Tempelanlagen in Nettersheim, Zingsheim und Pesch

Kreuzweingartener Ringwall mit Köhlager, Köhlager2 ? und Grundstücksparzellierungen


Parzellierungen am Glastonburgberg in England



Die Merkmale der Kultplätze unserer Vorfahren scheinen für uns heutige Menschen kaum einen Sinn zu ergeben. Möglich, daß die rechteckige Umgrenzung, erhöhte radiästhetische Werte, geologische Sprünge, unterirdische Wasseradern und Orte der Kraft an diesen Stätten besondere häufig auftreten. (Siehe Kirche in Weyer in Spuren keltischer Religion und Mythologie bei Weyer von Wilhelm Brüll).

Vielleicht bedeutet der Name Jödd oder Jött soviel wie „gute Tante“; gebräuchlich die Bezeichnung Jött für die Patentante, noch in den 50er Jahren in Kreuzweingarten in einigen Familien üblich. Abgeleitet aus dem fränkischen Erbrecht erhielt der älteste Sohn einer Familie in der Regel den Hof mit Ländereien, die anderen Geschwister mußten sich mit einer Knecht- oder Magdstellung zufrieden geben. Nur besonders begabte wurden vom Pfarrer oder Lehrer gefördert und genossen eine höhere Bildung. Es kam also nicht selten vor, daß neben der Familie des Hoferben auch Brüder, Schwestern, Onkel und Tanten mit auf dem Hof lebten. Diese übernahmen weitgehende Patronats- oder Matronatsfunktionen gegenüber den Kindern des Hoferben. Eine Bezeichnung Jött war für viele dieser Tanten, Großtanten oder fernverwandten Familienmitgliedern üblich, besonders wenn sie als Tauf- oder Firmungspaten fungiert hatten. Ab einem bestimmten Alter genossen sie häufig im Rahmen ihrer sozialen Verbundenheit ein hohes Ansehen und spielten im sozialen Umfeld der Dorfgemeinschaft eine wichtige Rolle. Besonders gute Jödd' verfügten über 3, 4, oder mehr Patenkinder. Die Rolle der Kirche als Bewahrerin von alter Tradition wird am Beispiel Matrone - Jödd - Patentante sichtbar. Es kann allerdings nur indirekt davon gesprochen werden, daß eine Schutzgöttin zur Patentante, zur Jödd oder Jött wird. Ein Übergang von Schutzgöttin zur Patin läßt sich nur von der Funktion der Schutz- und Hilfestellung aus feststellen. Sehr interessant auch der Übergang der Schutzperson von einer personifizierten Schutzgottheit oder Matrone auf einen Menschen, in diesem Falle den Paten, der Jött zum Wohlergehen der Jugend und Einreihung in die kirchlichen Gemeinschaftsregeln.

Noch vor Jahren war es in ländlichen Gebieten üblich, dass man, sobald man Großmutter oder Großvater wurde, gleichzeitig auch Jött oder Patt wurde und sich mit dieser ‚Ehrenbezeichnung’ in der Familie ansprechen ließ. Das Patenamt kam einem sozialen Aufstieg gleich. Bei Festen der Kinder, zum Beispiel bei der Erstkommunion, nahmen die Paten einen Ehrenplatz ein… (Auszug aus: Sophie Lange: Küche, Kinder, Kirche ... Aus dem Leben der Frauen in der Eifel, 1996) Patin: Geistige Mutter, Schutz-Matrone und Göttin (Sophie Lange, a.a.O.)

Leider sind dem Verfasser derzeit kaum Quellen oder soziale Umstände bekannt, wie die Position der Jött oder Jödd in der Zeit vor der Aufklärung war. Die ungeheuere Vielschichtigkeit der Möglichkeiten lassen ihre Position der einer frühchristlichen Beschützerin oder Matrone durchaus zu. In der römischen Zeit mögen Verehrungen der Matronen in in solchen eigenen Bezirken durchgeführt worden sein, vielleicht an Standorten kelitscher Vorgottheiten.

Zum Begriff Judenkirchhof findet sich noch eine weitere Passage bei: Kultstätte Gerolsteins saniert - Der keltisch-römische Tempelbezirk »Judenkirchhof« von Wilhelm Sprute, Gerolstein im Heimatjahrbuch 1987 Kreis Daun. Hier heißt es „Eine klare Herleitung für den Namen »Judenkirchhof« gibt es nicht. Eine Deutung geht davon aus, daß das Wort »Juden« auf mundartlich »Jodden« und hochdeutsch auf »Gote« = Taufpatin, Schutzpatronin, zurückgeht. Eine andere Deutung geht dahin, daß im 5./6. Jahrhundert alle Bewohner unseres Raumes, die nicht Christen waren, mit »Heiden« bzw. »Juden« bezeichnet wurden.“

Eine Aussage zum Thema Judenkirchhof = ehemalige Matronenverehrungsstätte = keltisches Vorheiligtum kann im Falle vom Judenfriedhof im Hardtwald nicht gemacht werden. Definitiv steht fest, daß hier bis Ende des 18. Jahrhunderts tatsächlich Juden begraben wurden.

Bei „Forstgeschichtliches zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen“ von Gerhard Naumann lesen wir:

Zum Judenfriedhof

„Ganz anders ging man mit den jüdischen Bürgern der Gemeinden Cuchenheim, Stotzheim, Kirspenich und Arloff um, die ihre Toten im Distrikt „am Judenkirchhof“ im Hardtwald beerdigten: „... Die Benutzung der Fläche zu gedachtem Zweck findet seit unvordenklicher Zeit statt. Die Klage der königlichen Regierung auf Ausweisung der Juden ist durch Urtheil vom 8. Februar 1826 zurückgewiesen und ein Rechtstitel nicht eingelegt ...“. Die Regierung in Köln forderte 1862 den Landrat des Kreises Rheinbach auf, sich der Sache erneut anzunehmen und erinnerte an das Angebot der Forstverwaltung, am Rande des Hardtwaldes eine Ersatzfläche für die Beerdigung der jüdischen Bürger gegen geringes Entgelt zur Verfügung zu stellen.

Die Angelegenheit kommt jedoch nicht recht voran, da sich die jüdischen Bürger weigern und eine Synagogengemeinde für den Bereich immer noch nicht gegründet ist, so daß man keinen Vertragspartner hat. Obwohl der Landrat darauf hinweist, daß die Juden keinen schriftlichen Nachweis einer Berechtigung erbringen können und die Forstverwaltung weitere Bestattungen verbieten könne, lehnen die jüdischen Bürger vorerst in Verhandlungen das Begehren der Verwaltung weiterhin ab. Dennoch gelang die Ablösung, da die jüdischen Bürger nicht auf eine schriftlich fixierte Berechtigung verweisen konnten: „... Die Mitglieder des Vorstandes der jüdischen Gemeinden (der betroffenen Orte) des Kreises Rheinbach haben in einer an den Kreislandrath Wolff und den Oberförster Dr. Borggreve aufgenommenen Verhandlung vom 26. Oktober 1876 zugestanden, daß ferner Beerdigungen jüdischer Leichen im Walde des Forstbezirkes Hardtburg nach dem 1. Januar 1877 nicht mehr stattfinden sollen. Es ist seitens der Forstverwaltung dagegen zugestanden worden, an dem auf dem bisherigen Begräbnisplatz im Distrikt 19, welcher in seinem gegenwärtigen Umfang durch einen 0,5 m tiefen Graben und 0,5 m hohen Wall bezeichnet werden sollte, die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten. Die auf dem Judenkirchhof stehenden Stämme sollen durch Fällung, nicht durch Rodung wirtschaftlich nutzbar gemacht werden, wenn die Forstverwaltung den Abtrieb verordnen sollte ...“.

Für diese Ablösung einer alten Gewohnheit hat die Forstverwaltung keine Abfindungen bezahlen brauchen. Es ist anzunehmen, daß die jüdischen Bürger inzwischen andere Beerdigungsmöglichkeiten für ihre Toten gefunden hatten und deshalb zu dem Verzicht bereit waren.“

Die Frage zum Judenfriedhof im Hardtwald bleibt geheimnisvoll. Die Nähe zum Keltenring von Kreuzweingarten läßt eine prädestinative Funktion im Falle einer römischen oder keltischen Voranlage vermuten. Mit einer Radiästhetischen Untersuchung würde man ggf. mehr feststellen können. Eine Beantwortung obiger Fragestellung für den Judenfriedhof im Hardtwald brachte leider keine wesentlichen Erkenntnisse. Übrig bleibt der Mythos um vermutete ehemalige Kultstätten.


Weitere Quellen zum Worte Jodd, Jödd usw.

Eine Verbindung zwischen Patin und Göttin wird besonders in der Volkssprache erkennbar. In weiten Teilen Deutschlands wird die Patin mit Jött, Goat, Gote oder Gode bezeichnet. Nach Sprachforschungen kommt dieses Wort aus dem Keltoromanischen und bedeutet Göttin, bzw. Muttergöttin. (Georg Andreas Bachem: Kelto-romanisch im Gau Köln-Aachen, Köln 1968)

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